Konzernumbau bei Gruner + Jahr:Fitnessprogramm für das Digitalzeitalter

Medienunternehmen Gruner+Jahr

Gruner+Jahr-Vorstandschefin Julia Jäkel stellt den Zeitschriftenverlag vollkommen anders auf.

(Foto: Christian Charisius/dpa)

Noch kein halbes Jahr steht Julia Jäkel alleine an der Firmenspitze von Gruner + Jahr, und schon lässt sie in dem Zeitschriftenverlag keinen Stein auf dem anderen. Für einen massiven Umbau der Konzernstruktur werden 120 Arbeitsplätze von München nach Hamburg verlegt. Ziel ist die Stärkung des Digitalgeschäftes.

Mit dem erneuten Konzernumbau, den der kriselnde Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr am Montag angekündigt hat, will sich das Unternehmen für das Digitalzeitalter rüsten.

Die erst im vergangenen Jahr zu den zwei Verlagsgruppen "Life" und "Agenda" zusammengefassten Zeitschriftentitel wie zum Beispiel Stern, Gala, Brigitte oder Schöner Wohnen werden zum 1. Oktober nun nach acht Nutzergruppen thematisch aufgeteilt, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. An diesen so genannten "Communities of Interest" solle sich der Ausbau von Print- und Online-Angeboten orientieren.

"Wir transformieren G+J vom Zeitschriftenhaus zum Inhaltehaus", erklärte Vorstandschefin Julia Jäkel, die seit April allein an der Firmenspitze steht. Digitalangebote sollten nicht mehr nur Ableger der immer noch dominierenden Zeitschriften sein.

In den kommenden Jahren wollen der Hamburger Verlag und seine Eigner - neben Bertelsmann die Gründerfamilie Jahr - mehrere hundert Millionen Euro in organisches Wachstum und Zukäufe stecken. Genauer wollte sich Jäkel nicht äußern.

Sie rechne mit einer längeren Durststrecke, bekräftigte sie frühere Aussagen. "Wir sind uns darüber im Klaren, dass die kommenden drei bis fünf Jahre Investitionsjahre sind. Das wird sich auch im Ergebnis entsprechend niederschlagen."

Fokussiert auf journalistische Angebote

Jäkel hatte im vergangenen Jahr die chronisch defizitäre Financial Times Deutschland geschlossen und dafür einen Jahresverlust von elf Millionen Euro in Kauf genommen. Im ersten Halbjahr 2013 stagnierten Umsatz und Betriebsergebnis.

Anders als Verlage wie Axel Springer oder Hubert Burda will Gruner + Jahr sein gesamtes Digitalgeschäft auf journalistische Angebote ausrichten. "All unsere Akquisitionen und Investitionen stehen im Zusammenhang mit unseren Inhalten", betonte Jäkel. "Wir werden keine Diversifikation in Geschäfte betreiben, die losgelöst sind von unseren Communities."

Zusatzgeschäfte mit bestehenden Kunden

Das sollen die Leser der Themenbereiche Essen, Wohnen, Familie, Frauen, Prominente & Mode, Nachrichten, Wissen und Wirtschaft sein. Gruner + Jahr kenne seine Kunden auf diesen Gebieten genau und wolle dieses Wissen für Zusatzgeschäfte nutzen.

Dazu gehört auch der Online-Handel, in den das Medienunternehmen viel später als andere eingestiegen ist: Erst in diesem Jahr beteiligten sich die Hamburger an dem Kinderartikelanbieter tausendkind.de und dem Lebensmittelshop Delinero. Diese Portale sollen die redaktionellen Auftritte von Zeitschriften wie Eltern oder Essen & Trinken ergänzen.

Zum Online-Portfolio der Konkurrenz gehören dagegen auch Firmen, die nicht unmittelbar mit bestehenden journalistischen Angeboten verknüpft sind wie Springers Immobilienseite Immonet oder Burdas Beteiligungen am Tierfutterhändler Zooplus und am Karrierenetzwerk Xing.

Wie Springer will Gruner + Jahr das Online-Geschäft mit kostenpflichtigen Inhalten ausbauen, während Burda mit Focus Online" und der geplanten Deutschland-Ausgabe der Huffington Post im Internet ausnahmslos auf werbefinanzierte Gratisangebote setzt.

Umzug von München nach Hamburg

Mit der neuen Struktur ist die Verlagerung von 120 Arbeitsplätzen von München nach Hamburg verbunden. Bereits am Montag hatte G+J-Vorstand Stephan Schäfer die Belegschaft in München informiert, dass die Redaktionen der Jugendzeitschrift Neon, die Elternhefte Nido und Eltern, sowie die Wissensmagazine P.M. und Wunderwelt Wissen aus Bayern mit dem Ziel Hamburg abgezogen würden.

Mit den Redaktionen sollen die dazugehörigen Verlagsabteilungen und Teile des Anzeigenverkaufs verlegt werden. Bis Ende November können sich die Mitarbeiter entscheiden, ob sie mit nach Hamburg gehen wollen. Allen anderen Beschäftigten wird betriebsbedingt gekündigt. Bis Mitte 2014 soll der Umzug abgeschlossen sein.

Im Zuge des Umbaus krempelt Gruner + Jahr ab Oktober auch das mittlere Management um. Die Wirtschaftsredaktion rund um das Magazin Capital bleibt hingegen nach Angaben eines Sprechers in der Nähe der politischen Entscheidungsträger in Berlin.

Jäkel wies Spekulationen über einen groß angelegten Stellenabbau zurück. "Richtig ist, dass wir über die kommenden Jahre unseren Personalstand über alle Bereiche hinweg schrittweise anpassen werden." Im Digitalgeschäft sollten aber "signifikant" Arbeitsplätze geschaffen werden. Gruner + Jahr beschäftigt weltweit knapp 12.000 Mitarbeiter, davon die Hälfte in Deutschland.

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