Konferenz in München:Auf dem Rücken einer Schildkröte

Beim "Frau Macht Medien"-Kongress des DJV diskutierten Journalistinnen über Gleichberechtigung in Beruf wie Gesellschaft. Der Ton war kämpferisch, aber nicht niedergeschlagen.

Von Maike Müller

Als Kind sind viele Frauen "Pferdemädchen". Sie träumen von Freiheit, Abenteuer und Wind in den Haaren. Doch dann werden sie erwachsen und, so formuliert es die freie Journalistin Silke Burmester, befinden sich plötzlich auf dem Rücken einer Schildkröte, der des schleichenden Fortschritts des Feminismus.

Bei der vom Deutschen Journalistenverband (DJV) organisierten 12. Konferenz "Frau Macht Medien" diskutierten Frauen am Wochenende in München ihre Rolle in der Gesellschaft und im Beruf der Journalistin. Burmester nannte es in ihrer Keynote "erbärmlich und beschämend", dass man über Gleichbehandlung überhaupt noch reden müsse. Doch Journalistinnen seien sowohl mit Chefredakteuren konfrontiert, die sie kleinhalten wollen, so Rebecca Beerheide, Vorsitzende des Journalistinnenbunds, als auch mit Informanten, oft Männern "älteren Baujahrs", die bei einer Recherche glaubten, das Interesse an ihnen sei mehr als nur professioneller Natur. Beerheide appellierte an die rund 200 Frauen im Saal, andere Frauen zu unterstützen, über sie zu berichten und selbst die Initiative zu ergreifen, indem man etwa Journalistinnen für Preise vorschlägt. Sie stimme immer für die Frau, bekannte Beerheide, ohne schlechtes Gewissen: Rudelbildung werde ja von den Männern vorgelebt.

Der Ton war kämpferisch, aber nicht niedergeschlagen

Auch über Zahlen wurde viel gesprochen. 95 Prozent der Chefredakteure von Regionalzeitungen seien Männer, hieß es; Journalistinnen machen Beerheide zufolge meist Karriere in "weichen" Ressorts wie Gesellschaft, Kultur oder in der Online-Redaktion. Kaum zu finden sind sie auch auf Podien - anders als etwa in Skandinavien: "Es muss auch hier endlich peinlich werden, dass nur Männer auf Podien sitzen", sagteMinou Amir-Sehhi, Vorsitzende von DJV-Chancengleichheit und Diversity. Stärkstes Argument im Kampf für die Gleichberechtigung ist laut Burmester die schlechtere Bezahlung von Frauen. Objektive Zahlen zögen eben mehr als die subjektive Wahrnehmung eines sexistischen Spruchs. Burmester fragte: "Warum reichen ein Penis und Haare auf der Brust, um mehr Geld zu bekommen?"

Der Ton war kämpferisch, aber nicht niedergeschlagen. Man will Auswege suchen, neue Magazine von und mit Frauen wie SZ Plan W, Die Dame oder Deine Korrespondentin, bei denen fast ausschließlich Frauen über Frauen schreiben, zeigen, dass es auch anders geht. Silke Burmester hofft darauf, dass Frauen bald auch endlich "die Möglichkeit bekommen, so beknackt zu sein wie ein Mann".

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