Kirche findet Lösung für umstrittenen Verlag:Weltbild wird nicht verkauft

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Die katholische Kirche rückt von früheren Absichten ab - die Bischöfe wollen den Augsburger Verlagskonzern Weltbild in eine Stiftung umwandeln. Damit geht der bittere Streit um Verlag zu Ende, der im vergangenen November begonnen hatte.

Matthias Drobinski und Stefan Mayr

Die katholische Kirche verkauft den Augsburger Weltbild-Konzern nicht. Dies erklärte Carel Halff, der Geschäftsführer des Verlags-Unternehmens. Die zwölf Bistümer, der Verband der Diözesen Deutschlands und die Militärseelsorge werden ihre Weltbild-Anteile in eine Stiftung öffentlichen Rechts überführen; offiziell operiert dann der Branchenriese mit 1,6 Milliarden Euro Jahresumsatz und 6400 Beschäftigten unabhängig von der Kirche.

Weltbild wird Stiftung: Das Logo der Buchhandelskette "Weltbild plus" an einer Filiale in München . Wie der Vorsitzende der Geschäftsführung des Weltbild-Verlags erklärte, wird die Verlagsgruppe nicht verkauft, sondern von der katholischen Kirche in eine Stiftung öffentlichen Rechts umgewandelt. (Foto: dapd)

"Das ist ein Tag der Freude für die Mitarbeiter", sagte Halff der Süddeutschen Zeitung, "das gibt dem Unternehmen Ruhe und Stabilität und eine auf Dauer ausgelegte Perspektive." Die Verlagsgruppe Weltbild GmbH werde "bleiben, wie sie ist" - nur die Gesellschafterstruktur werde sich ändern.

Wann die Überführung abgeschlossen sein werde, sei noch völlig offen: "Das dauert mindestens einige Monate, aber ich hoffe, dass es noch in diesem Jahr sein wird." Über Details des künftigen Sortiments machte Halff noch keine Angaben, auch über seine eigenen Zukunftsaussichten als Geschäftsführer wollte er nichts sagen. Sein Vertrag läuft noch bis 2015, gut unterrichtete Kreise gehen davon aus, dass er das Unternehmen - mindestens - bis Ende des Kontrakts weiterführen wird.

Thomas Gürlebeck, Gewerkschaftssekretär von Verdi Augsburg, nahm die Entscheidung mit Wohlwollen zur Kenntnis: "Auf den ersten Blick ist das sicherlich keine schlechte Lösung." Eine Stiftung sei auf jeden Fall besser als ein Finanz-Investor.

Doch in Gürlebecks Optimismus mischt sich auch Skepsis: "Wir müssen jetzt erst einmal abwarten, welchen Zweck die Stiftung haben wird und wie stark die von den erzkonservativen Kirchenkreisen geforderte Sortiments-Bereinigung durchgezogen wird." Er befürchtet, dass künftig selbst vergleichsweise harmlose Themen wie Esoterik oder Yoga aus dem Programm gestrichen werden - mit entsprechenden Folgen für die Wirtschaftskraft des Unternehmens.

Kritik konservatiever Gruppen

Im Frühjahr hatten die Bischöfe auf Druck der etwa 2100 Augsburger Weltbild-Mitarbeiter einem Zukunftstarifvertrag zugestimmt. Darin wurde für 32 Monate nach Verkauf des Unternehmens eine Beschäftigungsgarantie festgeschrieben. "Dieser Vertrag wäre wahrscheinlich sogar hinfällig, wenn der Verlag nicht verkauft wird, sondern nur in eine Stiftung überführt wird", vermutet Gürlebeck.

Nach seinen Angaben wird der Betriebsrat für nächste Woche einen Wirtschaftsausschuss einberufen, in dem Arbeitnehmer-Vertreter und die Geschäftsführung sitzen. "Dabei werden weitere Informationen von der Geschäftsleitung über die künftige Ausrichtung abgefragt."

Immerhin haben die Gesellschafter mit der Stiftungs-Lösung, die sich schon vor einigen Monaten abzeichnete, den bitteren Streit um den Weltbild-Verlag beendet, der im vergangenen November begonnen hatte.

Konservative Gruppen in der katholischen Kirche hatten damals die Bischöfe mit Kritik bombardiert: Der Verlag verkaufe und produziere Pornografie und Esoterik, das aber dürfe ein Verlag der katholischen Kirche nicht. Viele Bischöfe fühlten sich in die Enge getrieben; sie beschlossen, sich vom Verlag zu trennen - mancher, der in der entscheidenden Sitzung dabei war, sprach hinterher von einer Panikreaktion.

Für die Beschäftigten begannen Monate der Unsicherheit. Würde ein neuer Besitzer den Konzern zerschlagen, das lukrative Internetgeschäft weiterführen, die Buchläden dichtmachen, die Beschäftigten entlassen? Bei aller Erleichterung über die jetzige Lösung: Der Streit darüber, ob die Bücher des Weltbild-Verlages nun alle im Sinne der katholischen Kirche sind - der dürfte weitergehen.

© SZ vom 28.06.2012/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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