Kir-Royal-Nachfolger:Kompression des Bayerisch-Allzubayerischen

Über Land

Sie fährt: Richter Althammer (Kroetz) ist auf Frieda Mirko (Maria Simon) angewiesen. Die ist ein bisschen kriminell und nicht aus Bayern.

(Foto: Guenther Reisp/ZDF)

Als wären sie nie weg gewesen: Franz Xaver Kroetz und Regisseur Franz Xaver Bogner beleben in "Über Land" lustvoll die bayerische Serie. Und das ZDF versendet das am Nachmittag.

Von Stefan Fischer

Hoppladihopp platzt Max Althammer in das Büro der Gerichtspräsidentin herein; platzt also Franz Xaver Kroetz wieder herein ins deutsche Fernsehen. So, als wären sie nie weggewesen, der Autor und Schauspieler Kroetz und ebenso der Richter, den er in der Serie Über Land spielt. Kroetz umgarnt Suzanne von Borsody, wie er es in der Rolle des Baby Schimmerlos bei einem Kir Royal oder einem anderen Aperitif auch stets getan hat mit allerhand Frauen. Und ist dabei selbstironisch genug, dass er auf die Flaneursschritte des Schimmerlos anspielt und aber den in die Jahre gekommenen Richter auch immer wieder in einen hatschenden Gang verfallen lässt. Kroetz war eben doch eine ganze Weile weg.

Diese Eingangsszene von Über Land, die Max Althammer erst einmal nach einer Weltreise in die Stadt zurückführt, nach München, sie zeigt: Kroetz muss niemandem mehr etwas beweisen - und der Regisseur Franz Xaver Bogner auch nicht. Es genügt, dass sie zeigen, was sie können: Mentalitäten und Milieus zu überspitzen, so dass in einer komisch-satirischen, nur selten boshaften Kompression das Bayerisch-Allzubayerische klar vor einem sichtbar wird - und in den gelungenen Momenten eben nicht als Klischee.

Kir Royal hatte Kroetz noch mit Helmut Dietl gedreht, der bis dahin gewissermaßen ein Monopol hatte auf langlebige bayerische Serien. Ehe Bogner sich Mitte der 1980er-Jahre ebenfalls in diesem Genre zu etablieren begann. Der Bayerische Rundfunk war und ist Bogners natürlicher Produzent bei unter anderem Irgendwie und Sowieso, Zur Freiheit, Café Meineid und München 7.

Für Über Land hat Bogner nun allerdings erstmals fürs ZDF gearbeitet. Und ob daraus eine längerfristige Sache wird, steht noch dahin. Erst einmal gibt es nur drei Folgen, die das Zweite unregelmäßig an Sonn- und Feiertagen nachmittags ausstrahlen wird - nicht die besten Voraussetzungen für Bogner und Kroetz, und für den Zuschauer natürlich auch nicht. Doch Bogner hat die Serie so angelegt, dass eine Fortsetzung beinahe zwingend erscheint. Der Richter Althammer wird in der ersten Folge nach jener dreijährigen Weltreise, die er seinen Vorgesetzten nicht angekündigt hatte, wieder in Dienst genommen, muss jedoch in die Provinz, um am fiktiven Amtsgericht in Berchtesgaden Fälle von Ladendiebstahl, Hausfriedensbruch und Vortäuschung einer Straftat zu verhandeln. Warum er weg war, was ihn mit der Gerichtspräsidentin verbindet und was mit einer zuagroasten Kleinkriminellen (Maria Simon), die ihn chauffiert, weil er keinen Führerschein mehr hat, das alles enthüllt Bogner erst allmählich in seiner charmant beobachtenden Serie.

Darüber hinaus bietet jede Folge die Gelegenheit zu ein paar skurrilen Episodenfiguren. Zum Auftakt spielt Gerd Lohmeyer einen unterwürfigen Bürger, der die Werbung eines Elektromarktes für bare Münze nimmt und nun wegen Ladendiebstahls angeklagt ist. In einer zweiten Verhandlung kommen Andreas Wimberger als ein verquerer Tierschützer und Judith Richter als progressive Landwirtin, die Tiere vermietet, einander ins Gehege.

Das alles erweckt den Anschein, als habe Franz Xaver Bogner noch nicht mit Café Meineid abgeschlossen. Die Serie musste er 2003 unverhofft abbrechen, als sein Hauptdarsteller Erich Hallhuber gestorben ist. Nun bekommt sie, in einem neuen Zusammenhang, ihren Epilog. Es gibt auch hier wieder eine Informationsbörse, das "Café Paragraf".

Über Land, ZDF, Silvester, 16.30 Uhr. Die weiteren Folgen an Dreikönig, 13.15 Uhr sowie 4. Februar, 16 Uhr.

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