Kein "Wetten, dass..?" in der Schweiz:Ausstieg auf Probe

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Das Schweizer TV steigt aus "Wetten, dass . . ?" aus - zunächst. Die Rolle des Landes als Partner und Austragungsort sei zu wenig gestärkt worden, heißt es. Der Abgang von Michelle Hunziker als Co-Moderatorin hätte keinen Einfluss auf die Entscheidung der Schweizer gehabt, auch wenn damit "das quasi letzte schweizerische Element weggefallen sei".

Christopher Keil und Claudia Tieschky

Es waren, berichten Teilnehmer, friedliche Gespräche, die an diesem Freitagnachmittag endeten. In Wien trafen sich Programmdirektoren und Unterhaltungsmanager der deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ZDF, ORF und SRF, um über künftige Kooperationen zu sprechen beziehungsweise sich auf Projekte unterschiedlicher Art zu verabreden. Es ging dabei um Fernsehfilme oder Showsendungen der Volksmusik wie die mit Carmen Nebel.

Das Gästesofa der Fernsehsendung "Wetten dass..?" 2011 in einer Messehalle in Halle. Laut SFR hätte es öfter in der Schweiz platziert werden sollen. (Foto: dapd)

Um Wetten, dass . . ? ging es offenbar nicht. Denn noch während des Dreiländer-Gipfels verschickte das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) am Freitag eine Mitteilung: "SRF sistiert Kooperation bei Wetten, dass . . ?", worunter zu verstehen sein könnte, dass die Schweizer in der kommenden Saison, die im Oktober mit dem neuen Moderator Markus Lanz beginnt und nach der Sommerausgabe 2013 im Juni endet, aussetzen werden. "Wir konnten keine Anzeichen dafür erkennen, dass die Rolle der Schweiz als Partnerin und Austragungsort gestärkt werden soll", heißt es in der Depesche.

Tatsächlich kam Wetten, dass . . ? zuletzt 2007 aus der Schweiz (Basel). "Unsere Partner von ZDF und ORF arbeiten intensiv an der Weiterentwicklung und glauben an die Zukunft der Marke. (. . .) Wir werden", heißt es nun, "die weiteren Schritte mit großem Interesse verfolgen und die Frage einer neuerlichen Zusammenarbeit (. . .) im Verlaufe des folgenden Jahres diskutieren."

Das ist, wenn man es richtig liest, ein Musterbeispiel für Unternehmenskommunikation. Zum einen lässt das schwache Verb "sistieren" lexikalisch sowohl die Übersetzung "unterbrechen" als auch "einstellen" zu. Zum anderen schwingt in der Verlautbarung ein Ton, als stelle hier gerade derjenige die Qualitätsfrage, der in der bisherigen Zusammenarbeit an führender Stelle gestaltete - wobei schon aufgefallen ist, dass vor allem die Schweizer gute Wetten anboten, was wiederum die Damen und Herren beim SRF nicht als "Anzeichen für eine stabile Rolle der Schweiz" in der Show-Konföderation mit Deutschen und Österreichern betrachteten.

Mehr Publikum an Samstagen programmieren

Wie auch immer, vielleicht heben die Schweizer gegenwärtig wie alle anderen Fernsehveranstalter ihre Kostenpotentiale, außerdem sollen sie sich intensiv darum bemühen, an Samstagen mit einer seriellen Programmierung Publikum zu gewinnen. Dabei sind sechs backsteinschwere Wetten, dass . . ?-Nächte mit reichlich Überziehungszeit möglicherweise hinderlich.

Nicht zu vergessen, Michelle Hunziker, eine Schweizerin, stieg wie Thomas Gottschalk aus. Auf die Frage, ob es in der Entscheidung, zu "sistieren", um die Co-Moderation ging, antwortete ein Sprecher des SRF: "Nein." Schon mit dem nächsten Satz stellte er klar: "Mit dem Abgang von Michelle Hunziker fiel quasi das letzte schweizerische Element weg."

Am Ende stehen beim Fernsehen immer Zahlen. Wetten, dass . . ? erreichte 1995 im Durchschnitt noch 53,7 Prozent aller Zuschauer in der Schweiz, 2011 waren es 31 Prozent. Das SRF wird versuchen, samstags mit anderen Sendungen erfolgreicher zu sein, gelingt das nicht, steigt es im Herbst 2013 wieder ein - weil dann die Rolle der Schweiz als Partnerin erheblich gestärkt wird.

© SZ vom 05.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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