Katholische Kirche:Die Gefahr, der Bischof Mixa erlag

Er wollte die Kirche stärker in die Medien bringen, doch am Ende kam er nur noch mit den falschen Themen vor: Augsburgs Bischof Walter Mixa.

Hans-Jürgen Jakobs

Er hätte es in der Bibel lesen können: "Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um." Die Gefahr, das war für den katholischen Hardliner aus Augsburg die Permissivität der modernen Gesellschaft, repräsentiert durch moderne Medien.

Bischof Walter Mixa, Ausburg; dpa

Ein Mann, der die Provokation liebt: Militärbischof Walter Mixa bei einem Besuch der St.-Michaelis-Kirche im Militär-Übungsdorf Bonnland auf dem Truppenübungsplatz im unterfränkischen Hammelburg.

(Foto: Foto: dpa)

Aber Bischof Walter Mixa sagte sich: Menschen erreiche ich nur durch Medien, doch die nehmen nur Besonderes, also muss ich markant sein.

So kam es, dass Mixa zum Wortführer wurde, zum Scharfmacher, der es immer wieder in die Schlagzeilen schaffte - und am Ende durch jene Medien, durch die er Einfluss gewinnen wollte, zum Rücktritt gebracht wurde.

Womöglich hat sich der 1941 im oberschlesischen Königshütte geborene Geistliche zu sehr an die Spektakel gewöhnt, für die er selbst gesorgt hat. Es verging ja kein Vierteljahr, in dem Walter Mixa nicht groß in der Nachrichtenschau der Republik vorkam und Debatten entzündete. Nicht Predigt, Polemik brachte ihn dahin.

Zu ökumenischen Feierlichkeiten überraschte er beispielsweise die Protestanten Deutschlands, indem er sie degradierte - zu "kirchlichen Gemeinschaften, die während der Reformation entstanden sind". Die Republik war für einen Augenblick in die Zeit vor den Wittenberger Thesen zurückgefallen.

Als die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Einsatz für berufstätige Mütter Pläne ankündigte, die Zahl der Kinderkrippen stark auszubauen, meldete sich Mixa mit der Einschätzung, hier würden Frauen als "Gebärmaschinen" missbraucht.

Am absurdesten schließlich war die Bemerkung, die sexuelle Revolution sei mitschuldig an den Fällen von sexuellem Missbrauch in Deutschland. "Wir haben in den letzten Jahrzehnten in den Medien eine zunehmende Sexualisierung der Öffentlichkeit erlebt, die auch abnorme sexuelle Neigungen eher fördert als begrenzt", lautete Mixas Einschätzung.

Mit solchen Interview-Bemerkungen schaffte er es zu einer intensiven öffentlichen Wahrnehmung. Mal sah er Atheismus als Grund für Nationalsozialismus und Kommunismus, mal brachte er irgendwie den Holocaust mit Abtreibungen in Relation, mal sah er ghettoartige Zustände und "fast schon Rassismus" in Palästinensergebieten.

Diese Dauer-Kommunikation schien den großen Plan in sich zu tragen, Themenhoheit zu erlangen, die Kanzel sozusagen unter die Leute zu bringen. Ein eigener Medienberater, Dirk Hermann Voß, wachte über diese Strategie, die der Provokation huldigte.

Mixas Kampf gegen den Zeitgeist

Voß, Herausgeber der Katholischen Sonntagszeitung und Geschäftsführer des katholischen Sankt-Ulrich-Verlags, koordiniert die Öffentlichkeitsarbeit im Bistum Augsburg. Als einmal ein Artikel in einem Magazin der Katholischen Hochschulgemeinde Augsburg ein gewisses Verständnis für Homosexuelle zeigte, rief das den Consigliere auf den Plan: Nach der Bibel sei Homosexualität ein schwerer Verstoß gegen das natürliche Gesetz und die Schöpfungsordnung.

In Augsburg entstand auch eine bischöfliche Medienkommission. Hier sind gestandene Medienmacher aus Film, Funk und Fernsehen aktiv. Das Ziel. Die katholische Kirche besser darzustellen.

PR-Mann Voß und sein Bischof fühlten sich offenbar auf einer Mission: Die Zeitläufte sollten an eigene ethische Überzeugungen angepasst werden. Dabei sah sich die Augsburger Katholiken-Gruppe wohl in einem gewissen Wettbewerb mit dem Kölner Kardinal Joachim Meisner, der ebenfalls seit Jahren stets mit Meinungsstärke auffällt, zum Beispiel mit dem Werturteil, Europa sei "eine aus den Fugen geratene Gesellschaft".

Auch Walter Mixa kämpfte gegen den Zeitgeist, gegen alles Unchristliche. Auch er wählte die Sprache der Rasierklinge, nicht die der Gänseblümchen. Deshalb interessierte sich die Öffentlichkeit so sehr dafür, was dran sei an den Vorwürfen, er habe als Stadtpfarrer von Schrobenhausen systematisch Kinder prügelnd bestraft und im Übrigen Stiftungsgelder zweckentfremdet.

Alles falsch, alles Kampagne, hieß es zunächst von Seiten Mixas und seines Pressemanns Voß. Klagen wurden angekündigt. Das sollte Eindruck machen. Die Augsburger glaubten wohl, mit einer gewissen Bunkermentalität durchzukommen. Diese sah vor: Nur zugeben, was nicht geleugnet werden kann. Dieses Spiel mit den Medien haben die beiden verloren.

Oder, wie Wolf Biermann textete: "Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um."

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