Journalistin Megyn Kelly:Die Frau, die Donald Trump herausfordert

Fox News Channel debate moderators Wallace, Kelly and Baier start the first official Republican presidential candidates debate of the 2016 U.S. presidential campaign in Cleveland

Megyn Kelly am Abend von Trumps Ausfällen mit ihren Mit-Moderatoren Chris Wallace (l.) und Brett Baier.

(Foto: Aaron Josefczyk/Reuters)

Mit sexistischen Kommentaren attackiert Donald Trump eine kritische "Fox News"- Moderatorin. Die pointierten Fragen von Megyn Kelly sind Programm: Sie hat schon viele konservative Helden blamiert.

Von Matthias Kolb

Eigentlich hätte Donald Trump wissen müssen, was ihn erwartet. Ende Mai war der Immobilien-Milliardär zu Gast bei "Kelly File" auf Fox News. Moderatorin Megyn Kelly war kritisch, gut vorbereitet und an Blabla und Phrasen nicht interessiert.

Auch bei der ersten TV-Debatte der Republikaner war Kelly kritisch, gut vorbereitet und nicht an Blabla interessiert. Eher an Klartext. So sprach sie den 69-Jährigen direkt auf dessen frauenfeindliche Sprüche an: "Mister Trump, Sie haben Frauen, die sie nicht mögen, als 'fette Schweine' oder 'Hunde' bezeichnet. Warum sollten wir jemand wie Sie zum Präsidenten wählen?"

In der Debatte antwortete Trump mit Gerede über Meinungsfreiheit als hohes Gut - und am Tag danach mit einer sexistischen Beleidigung gegenüber Megyn Kelly. "Aus ihren Augen kam Blut, Blut kam aus ihr heraus... wo auch immer", sagte Trump zu CNN unter Anspielung auf den Mentruationszyklus. In seinen Augen, so Trump, sei Kelly "nicht sehr stark und nicht sehr schlau" und als Journalistin ein "Leichtgewicht".

Kritische Fragen sind ihr Markenzeichen

Diese Einschätzung ist ein weiterer Beleg, dass Donald Trump in seiner eigenen Realität lebt. Jonathan Klein, von 2004 bis 2010 CNN-Chef, bereut bis heute, dass er die 44-Jährige nicht zu seinem Sender geholt hat. Kelly moderiert inzwischen nicht nur eine sehr erfolgreiche Sendung des extrem profitablen Kabelsenders Fox News, sondern hat sich schon mit vielen konservativen Spitzenpolitikern angelegt - und ist viel zu klug, um plump alles zu kritisieren, was Obama und die Demokraten vorschlagen.

Es war Megyn Kelly, die das Interview mit Jeb Bush führte, in dem dieser nicht klar sagen konnte, ob er denn nun wie sein Bruder in den Irak-Krieg gezogen wäre oder nicht. Und dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Dick Cheney sagte sie ins Gesicht: "Sir, Sie lagen so oft falsch, wenn es um den Irak-Krieg ging. Der Irak hatte keine Massenvernichtungswaffen, wir wurden nicht als Befreier begrüßt. So viele Menschen haben deswegen leiden müssen."

Dies sind genau jene Situationen, die das New York Times Magazine als "Megyn Moment" bezeichnet: Wenn die - fast immer männlichen - konservativen Studiogäste plötzlich merken, dass sie bei dieser Journalistin mit ihren Standardargumenten wie "Obama ist schuld und niedrige Steuern lösen alle Probleme" nicht durchkommen und sie unerbittlich nachfragt.

Besonders legendär ist ein Kommentar aus jener Nacht im November 2012, als Barack Obama wiedergewählt wurde. Nachdem Karl Rove, Top-Berater von George W. Bush, mit kruden Theorien erklärt hatte, dass Romney noch Chancen habe, fragte ihn Kelly: "Sind das nur Rechenspiele, die Sie machen, damit Sie sich als Republikaner besser fühlen oder ist das irgendwie realistisch?" Nicht nur Jon Stewart - am Ende des nächsten Youtube-Clips - war begeistert.

Dass Megyn Kelly beim konservativen Kabelsender Fox News zum Star wurde, ist mehr dem Zufall als ideologischer Überzeugung geschuldet. "Wenn mich damals MSBNC (liberaler Kabelsender, d. Red.) angerufen hätte, hätte ich das auch okay gefunden", sagte sie dem New York Times Magazine über ihren Einstieg ins TV-Geschäft 2003. Kelly hat nach einem Politikwissenschaft-Studium an der Syracuse University Jura studiert und war jahrelang als Anwältin in großen Kanzleien tätig.

Als sie in Washington DC arbeitete, nahm Kelly mit Freunden ein Video auf, in dem sie Nachrichten sprach - und schickte es an alle TV-Sender der Hauptstadt. Sie begann beim lokalen ABC-Sender und wurde schließlich von Fox News entdeckt. Brit Hume, einer ihrer Förderer, sagt: "Es gibt viele attraktive blonde Fernsehmoderatorinnen. Aber es gibt nur wenige Moderatoren, die wirklich wissen, worüber sie reden - unabhängig vom Aussehen."

Roger Ailes, der mächtige Fox-News-Chef, hat viel vor mit Megyn Kelly. Sein konservativer Kabel-Sender hat CNN und das liberale MSNBC von den Einschaltquoten weit hinter sich gelassen. Seit Oktober 2013 wird ihre werktägliche Sendung um 21 Uhr ausgestrahlt - also zur besten Sendezeit, direkt nach dem Klassiker "O'Reilly Factor". Dessen Einschaltquote sind noch etwas höher als "Kelly File", doch in der Altersgruppe der 25- bis 54-Jährigen liegt die Anchorwoman vorn.

Megyn Kelly soll neue, jüngere Zuschauer anziehen

Kelly ist die Person, die Fox News helfen soll, ein jüngeres Publikum anzuziehen und jene Leute zu binden, die als "Fox News independents" gelten - also jene Amerikaner, die eigentlich konservativ denken und momentan aber von der Hardcore-Ideologie einiger Sendungen abgeschreckt werden.

Natürlich hat auch Megyn Kelly als Teil des Fox-News-Universums einige peinliche bis bizarre Sachen gesagt: etwa dieser beruhigende Appell "an alle Kinder vor den Fernsehern: Der Weihnachtsmann ist weiß." Eine Vorlage, die sich Jon Stewart natürlich nicht entgehen lassen konnte:

Ihr öffentliches Ringen mit Donald Trump (sie fragte ihn später auch: "Wann genau sind Sie eigentlich zum Republikaner geworden?") machen Megyn Kelly und ihre journalistischen Fähigkeiten nun landesweit noch bekannter. Dass sie selbst bei Twitter schweigt, während so viele Experten auf allen Kanälen über Trumps sexistische Ausfälle reden, macht sie nur sympathischer.

Wie wenig Megyn Kelly von Donald Trump hält, verriet bereits ihre Anmoderation Ende Mai, als sie den 69-jährigen Milliardär zu Gast im Studio hatte: "Ich habe mit ihm über Meinungsfreiheit gesprochen, über Jeb Bush - und ob man verrückt sein muss, um US-Präsident werden zu wollen."

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