IV. Die Stiftung
Stiften und schenken, das war Reinhard Mohns Strategie seit 1977. Er gründete seine eigene große Stiftung, redete von gesellschaftlichen Beiträgen, und galt manchem als "roter Mohn". Es ging immer schon darum, "effizient gut zu sein", sagt ein früherer Weggefährte, natürlich habe es auch eine Rolle gespielt, so Körperschafts-, Schenkungs- und Erbschaftssteuer sparen zu können. Für Mohn sollte eine Behörde oder eine Universität wie ein gutes Unternehmen organisiert sein, also am besten genauso wie Bertelsmann. Wie schmal der Grat dabei werden kann, verdeutlichte kürzlich der anerkannte Stiftungsexperte Peter Rawert. Die Ausnutzung des guten Rufs der Stiftungen durch "hybride Gebilde, die Eigennutz als Gemeinnutz tarnen", sei der "wahre Skandal des Falles Bertelsmann", schrieb er in der FAZ. Und rechnete nach, dass die von der Bertelsmann-Stiftung seit 1977 in die Allgemeinheit investierten 870 Millionen Euro "weitaus weniger darstellen als den Schenkungssteuervorteil Reinhard Mohns und seiner Familie".
Jetzt fällt auch auf, dass die Stiftung etwa 2008 nur 72 Millionen Euro Dividende kassierte, der Bilanzgewinn aber das 16fache betragen hatte. Mohns Erbschaftssteuervorteile würden auf dem seit Anfang 2009 geltenden Steuerrecht basieren - und wären auch eingetreten, wenn nur seine Familie die Bertelsmann AG geerbt hätte, heißt es dagegen in Gütersloh. Buchautor Thomas Schuler hatte Wochen zuvor den Blick auf das Gemeinnutzwesen gelenkt und allerlei Querverbindungen zwischen der durch und durch merkantilen AG und der höheren Stiftung kritisiert.
Mal ging es um die herbeigesehnten schlanken Ämter, denen die Bertelsmann-Firma Arvato das Steuereintreiben abnehmen wollte, mal um eine abgespeckte Kommunikationsordnung, von der die eigene Fernsehtochter RTL am stärksten profitiert hätte. Schuler und andere Kritiker sehen den Stiftungseinfluss überall im Land, von der Hartz-IV-Gesetzgebung bis zur Bologna-Hochschulreform. Weil er im Spiegel seine Recherche ausbreiten konnte, waren sie bei Bertelsmann besonders sauer: Man ist am Hamburger Verlag beteiligt.