Inka Bause im ZDF:Friede, Freude, Eierlikör

'inka!' - Die Show am Nachmittag

Grinsen bis zum Anschlag: Die Sendung "inka!" mit Inka Bause im ZDF bringt nicht unbedingt das Beste der Moderatorin zutage.

(Foto: dpa)

Sie mag den Geruch von frischem Gras, Schlager und Glücksratgeber, ihr Lieblingswort ist "toll": Inka Bause treibt mit ihrer ostentativen Fröhlichkeit manche zur Weißglut und andere vor die Mattscheibe. Ihre neue Sendung am Nachmittag muss sich nach nur einer Woche den Vergleich mit der Gottschalk-Pleite gefallen lassen.

Eine TV-Kritik von Ruth Schneeberger

Es gibt diese Menschen, man kennt sie aus zwanglosen Gesprächsrunden. Eben war die Unterhaltung noch in Fahrt, da kommt jemand lächelnd um die Ecke, der nicht mithalten kann. Er möchte den Witz genauer erklärt haben, will an ungeeigneter Stelle nochmal nachhaken, versteht Äußerungen falsch, lenkt die Kommunikation auf eine für alle Beteiligten unangenehme Ebene. Weil dieser jemand oft unbedarft, manchmal sogar charmant wirkt, will ihm niemand ernsthaft böse sein. Aber die Unterhaltung stirbt. Derjenige merkt das zu spät, es ist ihm unangenehm, er möchte das Ruder umreißen - und macht alles nur noch schlimmer. Alle sind betreten, die Runde wird auf ein anderes Thema gelenkt, bei dem derjenige ganz bestimmt mitreden kann, oder bei dem er ganz bestimmt nicht mitreden kann. Oder die Runde löst sich auf.

Solche Kommunikations-Fauxpas sind Alltag und nicht weiter schlimm. Blöd nur, wenn so jemand im Fernsehen auftritt - und eigentlich dafür zuständig ist, eine Gesprächsrunde zu leiten. Beim neuen Format des ZDF ist das der Fall. Die tägliche Talkshow "inka!" soll eigentlich jüngere Zuschauer locken und das öde Nachmittagsprogramm der Öffentlich-Rechtlichen auflockern. Doch nach nur vier Folgen zeigt sich: Das Konzept geht nicht auf.

Udo Waltz und der Kuh-Frisör

Das liegt nicht nur an der demonstrativ wohnzimmerhaften Studio-Deko, Gästen wie Udo Waltz, Ralf Möller und einem Kuh-Frisör zum Start oder einem fehlenden Gesamtkonzept, das nachmittägliche desperate Housewives hinterm Bügelbrett hervorlocken könnte. Es liegt vor allem an der Moderatorin. Inka Bause.

Dabei galt die 44-Jährige dem TV bisher als kleine Wunderwaffe: Immer fröhlich, immer frisch verstrubbelt, fast wie Meg Ryan zu ihren besseren Zeiten. Ja, sie hat in der DDR als Tochter eines der bekanntesten Schlagerbarden des Landes einst selbst Schlager gesungen und tat es bis 2010: "Sei happy" oder "Inkas grasgrüner Tag" hießen ihre Lieder, danach trat sie im "Traumschiff" auf. Und doch: Als Moderatorin von "Bauer sucht Frau" bei RTL konnte man bisher - im Gegensatz zu den meisten anderen Moderatoren ähnlicher Formate - an Bause wenig aussetzen.

Weder hat sie, wozu das Format durchaus verführt, ihre Landwirte vorgeführt, noch unangenehme Randbemerkungen oder ironische Seitenhiebe vollführt - sie war immer fair. Und immer fröhlich, aber auf die unaufdringliche Art. Ihre Taufrische sorgte bei manchen Bauern dafür, dass sie lieber die Moderatorin als die Kandidatinnen mit nach Hause genommen hätten. Und das sagten sie ihr auch.

Am liebsten nassforsch

In diesem Format hat Bause wenig falsch gemacht, und auch bei sonstigen Auftritten im TV fiel sie aus der Menge der sonstigen blondierten zwanghaft grinsenden Moderatorinnen im Talk- und Schlager-Kosmos wenn überhaupt, dann eher angenehm unanstrengend auf. Ein bisschen geerdeter, ein wenig vernünftiger, nicht ganz so kitschig, peinlich oder unbedarft wie viele andere wirkte sie. Bisher.

Nun hat das ZDF den Fehler gemacht, ihr eine tägliche Nachmittags-Talkshow zu geben. Und ihr größtes Manko als Moderatorin wird offenbar: Sie kann keine ordentliche Gesprächsrunde führen. Zumindest nicht in dem zur Verfügung gestellten Rahmen. Erst seit Montag läuft die Show, und schon am Freitag ist klar: Nach einem ohnehin schwachen Start laufen der Bause die Zuschauer in Scharen davon. Kritiker vergleichen sie nun schon mit dem in der ARD gescheiterten Gottschalk, User wettern: Mach die Sause, Bause!

Ein täglicher Blick in die Sendung zeigt, warum.

Die Traumwelt der Inka Bause

Ob sie nun Jenny Elvers mit steter Sorgenfalte auf der Stirn allzu bemüht betroffen nach ihrer Alkoholsucht befragt, ob sie Moritz Bleibtreu an seine verstorbene Mutter erinnert, ob sie Henry Hübchen als deutschen Johnny Depp verkauft, Collien Ulmen-Fernandez in die Mutti-Rolle drängen und Jutta Speidel auf Klischees über Italiener festnageln will oder zwei Brüder, die mit dem Fahrrad von Berlin nach Shanghai gefahren sind, zu ihrer Körperhygiene auskundschaftet. Es ist erstens immer ein bisschen peinlich, weil angestrengt emotional und bemüht konsensorientiert. Und zweitens kann sie sich nur auf eine Person konzentrieren. Kommt ein zweiter Talkpartner dazu, ist das Gespräch vorbei. Zumindest das gelingende.

Erstaunliche Gemütsverfassung

"Schlaftablette", "Präsentationsroboter", "ich-bezogen", "schunkel-fröhlich", "charmebefreit burschikos" (wobei burschikos unbedingt als Schimpfwort gemeint ist) und "ohne roten Faden" lauten bisher die Kritiken, teilweise vernichtend. Dazu gesellt sich der Zuschauerschwund. Die Auftaktsendung am Montag verfolgten noch über 800.000 Zuschauer, seitdem geht die Quote beständig runter. Am Donnerstag sahen nur noch 340.000 Menschen zu.

Inka Bause wird diese Zahlen kennen, womöglich hat sie auch einige der Schmähschriften gelesen. Das Stichwort "burschikos" wird die Moderatorin, die in dieser Woche jeden Tag mit farblich wechselnden Jeans, Turnschuhen, Blazer und wie immer blonder Kurzhaarfrisur bestritt, weniger wurmen. Ihr Moderationsstil legt nahe, dass sie sich selbst ganz gerne als nassforsch wahrnimmt - und nicht als Püppchen.

Grinse-Show vs echter Spaß

Und doch: Die bisher letzte Sendung (vom ZDF geplant sind bis Weihnachten 80, aber bei so schlechten Quoten weiß man nie) an diesem Freitag war zumindest ein bisschen unterhaltsamer als die bisherigen Folgen. Das lag vor allem an den Gästen: Florian David Fitz brachte gehaltvollere Fröhlichkeit, Hübchen stolzen Pessimismus, Bleibtreu etwas zu erzählen und "der beste Barkeeper Deutschlands" eine ganz erstaunliche Gemütsverfassung mit, dazu plauderte ein Glücks-Lehrer vom Sinn des Lebens. Es hätte Inka Bause kaum gebraucht, um aus der Runde eine fröhliche zu machen, womöglich spielte auch der ein oder andere auf den Gast zugeschnittene Cocktail eine Rolle. Am Ende lachte sich Fitz jedenfalls über Bause kaputt, weil sie die Sendung mit den Worten "Wir leben alle in einer Traumwelt - sonst könnten wir uns ja gleich aufhängen" beendete.

So viel begründete Heiterkeit, und das am Nachmittag zur Dämmerstunde im ZDF, ist selten. Womöglich sollte der Sender "inka!" doch noch eine Chance geben. Nur bitte nicht zu viele Gäste auf einmal. Schön langsam, alle nacheinander. Die Wetten-dass-Couch, die liegt ihr nicht.

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