"Ich gehöre ihm":Liebesdienste

Ich gehöre ihm

Im Film "Ich gehöre ihm" verbringen Cem (Samy Abdel Fattah) und Caro (Anna Bachmann) einen ihrer ersten Abende in der Disco.

(Foto: WDR/Kai Schulz)

Ein ARD-Film erzählt von jungen Männern, die Teenager von sich abhängig machen und dann auf den Strich schicken. Eine harte Geschichte, die sehr brav erzählt wird.

Von David Denk

"Prinzessin" lautet das meistbenutzte Wort in Ich gehöre ihm - dabei ist es alles andere als ein Märchenfilm. Eher die Chronik eines Albtraums, aus dem eine ganze Familie so schnell nicht aufwachen wird.

"Prinzessin", so nennt der schicke Cem (Samy Abdel Fattah), der zwar nicht auf einem weißen Ross, aber immerhin in einem weißen Mercedes in ihr Leben tritt, die 15-jährige Caro (Anna Bachmann). "Prinzessin", so hat sie noch nie jemand genannt. Cem umgarnt sie, macht ihr teure Geschenke, ja kauft sogar schon nach viel zu kurzer Zeit eine Wohnung für sie beide - und Caro ahnt nicht, dass er sie sich nur gefügig machen will. Und selbst als sie es eigentlich weiß, will sie es nicht wahrhaben.

Das Liebesnest entpuppt sich als Gefängnis, in dem der so charmante wie brutale Cem Caro zur Prostitution zwingt. Er ist ein "Loverboy", der unsichere Teenager durch Komplimente und Zuwendung emotional von sich abhängig macht, regelrecht abrichtet und dann auf den Strich schickt. Die anschließende Doku Verliebt, verführt, verkauft erklärt "die miesen Geschäfte der Loverboys" noch genauer.

Die Geschichte ist nicht so komplex wie ihr Thema

Am Ende des Spielfilms weist eine Einblendung darauf hin, dass die Geschichte "auf wahren Begebenheiten" basiert. Man mag das kaum glauben, zu groß ist die Verwunderung, wie leicht sich das Mädchen einlullen lässt. Auch Erniedrigungen und Schläge lassen Caro nicht an Cems Gefühlen zweifeln. "Er ist der Einzige, der sie versteht und dem sie noch alles erzählen kann", versucht Darstellerin Bachmann, 19, Caros Verhalten zu erklären. "Der Einzige, vor dem sie sich nicht schämen muss." Die Scham ist wohl auch der Hauptgrund, warum niemand belegen kann, wie groß das Problem zum Film tatsächlich ist. In Ich gehöre ihm heißt es nur: "Die Zahl der angezeigten Fälle hat in den vergangenen zwei Jahren dramatisch zugenommen, die Dunkelziffer ist um ein Vielfaches höher."

Der Film (Regie: Thomas Durchschlag; Buch: Angela Gilges und Ruth Olshan) verlangt dem Zuschauer einiges ab - nicht nur, weil es schwerfällt zuzugucken, wie sich Caros Blick mit jedem Freier mehr eintrübt und sie sich immer weiter von ihren wohlmeinenden, aber nichts ahnenden Eltern (Maria Simon und Bernd Michael Lade) entfernt. Anstrengend an Ich gehöre ihm ist auch sein öffentlich-rechtlicher Wille zur moralischen Unbedenklichkeit. Weil natürlich nicht alle Türken Verbrecher sind wie Cem, gibt es als Kompensation noch den netten Herrn Yildirim (Billey Demirtas), Caros Lehrer. Und weil der Polizistenjob nicht vor perversen Gelüsten schützt, erkennt Caro ausgerechnet auf dem Revier einen ihrer Freier wieder. Die Schweine, sie sind überall. Pfui.

Die Rollen sind stets klar verteilt - zu klar, um auch als Erzählung spannend zu sein und nicht nur als Thema relevant. Weil Ambivalenzen nicht vorgesehen sind, kommt Bernd Michael Lade als Vater auch mit einem einzigen traurig-betroffenen Stirnfaltengesicht gut durch den Film. Seine Tochter nervt das tierisch: "Guck mich nicht so an, Papa!" Kann man ihr nicht verübeln.

Ich gehöre ihm, Das Erste, 20.15 Uhr.

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