"Ich bin ein Star - holt mich hier raus!":Dschungelcamp-Finale: Der Fernsehgott gibt Menderes seine Würde zurück

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Seine Hoheit Menderes, der Come-on-King. Vor Rührung fiel ihm dann nur noch ein Wort ein: "Danke!" (Foto: Stefan Menne)

Thorsten Legat klopft Sprüche, Sophia Wollersheim schluckt Tiergenitalien - doch im Dschungelcamp-Finale triumphiert der unscheinbare Dritte. Das hat auch mit plumper Missgunst seiner Konkurrenten zu tun.

TV-Kritik von Johanna Bruckner

Vor Ich bin ein Star - holt mich hier raus! läuft bei RTL Deutschland sucht den Superstar und diese Reihenfolge ergibt durchaus Sinn, denn ohne die eine Show (DSDS) hätte die andere (Ibes) ein Besetzungsproblem. An diesem Samstagabend sind die beiden Formate noch enger verbunden: Am Ende von DSDS wünscht das gesamte Team Menderes Bağcı viel Glück für das anstehende Dschungelcamp-Finale. Das sind dieselben Leute, die den jungen Mann einst als Witzfigur inszenierten. Trotzdem ist es vielleicht der erste berührende Moment in der Show, die nicht den Stärksten sucht, sondern die Schwächsten der Lächerlichkeit preisgibt.

Auch der australische Dschungel ist ein Ort der Demütigung, allerdings lassen sich hier bezahlte Medienprofis freiwillig erniedrigen. Wobei das natürlich keiner der zwölf Prominenten so sagen würde. Ex-Fußballer Thorsten Legat war gar den Tränen nahe, als ihm Mitcamperin Helena Fürst vorwarf, doch auch nur hier zu sein wegen des Geldes und der Aufmerksamkeit - die Frau hat mal Sozialschmarotzer gejagt, sie weiß, wovon sie spricht.

Aber ein Thorsten Legat braucht die moralische Überhöhung, oder zumindest die persönliche Herausforderung: "Ich weiß jetzt, wo meine Grenzen sind - ich hab' keine!", resümiert Superheld "Testhorsteron" nach seiner finalen Dschungelprüfung. Vorher hatte er versprochen: "Ich geh' da durch und werde das Mögliche möglich machen."

"Diese Frau ist Terror für meinen Kopf"

Für solche Sätze wurde Legat eingekauft, der sich mit seiner Antrittsrede beim Landesligisten FC Remscheid als Macher und Macker fürs Camp empfahl. Nach der Besetzungspleite im vergangenen Jahr ging das Kandidatenkonzept in der Jubiläumsstaffel auf. Bereits die ersten Folgen der zehnten Ausgabe sahen mehr Menschen als das Finale im vergangenen Jahr. Die Erfolgsformel? Krawall, Ekel und Emotion. Konsequenterweise schafften es dann auch jene vier Personen bis zur letzten Sendung, die 16 Tage lang auf diesen Feldern geackert hatten. Wobei Helena Fürst nicht wirklich etwas tat, sondern mit provozierendem Nichtstun die Gemüter im Camp erregte. Doch das Publikum fühlte sich gut unterhalten - erst kurz vor dem Finale reichten die Zuschaueranrufe nicht mehr für die polarisierende "Fürstin der Finsternis".

Zum Abschied ein Kippchen: Helena Fürst, Platz vier. (Foto: RTL)

Zu viel Ehre, wem Leere gebührt, befindet Sophia Wollersheim. Ihre Verabschiedung von der Viertplatzierten Fürst fällt, man könnte wohl sagen: emotional aus: "Ich kann mir diese Frau nicht mehr reinziehen - die ist Terror für meinen Kopf." Oder auch: "Sie hat ne Scheißseele." Erst als Helena Fürst, dieser menschliche Mentholschlot, von dannen zieht, kommt Finalstimmung auf. Wettbewerbsprofi Legat ordnet das Ereignis ein: "Nach der Bundesliga das größte Highlight meines Lebens." Und das, wo er eben noch durch Plexiglastunnel mit Spinnen, Schlangen, Fleischabfällen, einem Waran und einer Melassemasse gekrochen war. Aber wer gekrönt werden will, muss leiden, so ist das nun mal.

Am Ende wird dem ehemaligen Leistungssportler Legat der eigene Ehrgeiz zum Verhängnis. Der selbsternannte Teamplayer traut Sophia Wollersheim nicht zu, dass sie in ihrer letzten Dschungelchallenge reüssiert. Doch Sophia holt in der undankbaren Ekel-Ess-Prüfung vier von fünf Sternen - und die Zuschauer strafen Legat mit Platz drei ab. Menderes Bağcı sagt an gleicher Stelle im Übrigen: "Thorsten hatte ein wenig Zweifel daran, ob sie die Prüfung erfolgreich abschließt. Mir war das egal, ich hab' an sie geglaubt." So sehen Sieger aus, aber dazu gleich mehr.

Sophia Wollersheim, die Frau, die einen Rotlichtkönig ehelichte, um nicht für eine Prostituierte gehalten zu werden, schiebt beim Verzehr von Tiergenitalien Sätze wie diesen ein: "Wer Hoden isst, kann auch 'ne Vagina essen." Ausgerechnet Down Under (kein Wortspiel!) zeigt die Protagonistin einer RTL 2-Milieustudie namens Die Wollersheims - eine schrecklich schräge Familie, dass unter all dem Plastik eine durchaus patente Person steckt. Nach gut zwei Wochen TV-Dschungel wirkt es nicht mehr lächerlich, wenn die 28-Jährige sagt: "Ich find' schön, dass die Leute sehen: Das ist die Sophia und die ist echt."

Platz zwei - trotz erfolgreich absolvierter Ekel-Ess-Prüfung: Sophia Wollersheim. (Foto: RTL / Menne)

Leider sagt Sophia dann noch etwas, nämlich: "Entweder gefällt Deutschland jemand, der lieb ist und seine Meinung sagt. Oder Deutschland gefällt jemand, der einfach nur lieb ist und nichts sagt." Die Spitze ist gegen ihren letzten verbliebenen Konkurrenten Menderes gerichtet - vielleicht ist es dieser Satz, der sie die Dschungelkrone kostet.

Magischer Moment in einer durchchoreografierten Staffel

Um kurz nach Mitternacht verkünden die Moderatoren Menderes als neuen Dschungelkönig. Der hatte nach seiner finalen Herausforderung - einem mit Schlangen gefüllten Sarg - zugegeben, dass das doch recht einfach gewesen sei. Und dann bedankte sich der 31-Jährige höflich bei Sonja Zietlow und Daniel Hartwich für die Quälerei. Wie heißt es so treffend? Du kannst den Jungen aus der Bohlen-Show holen, aber du kannst das Bohlen-Gift nicht aus dem Jungen holen.

Sonja Zietlow: "Fandste es angenehm?" - Menderes Bağcı: "Ja." (Foto: RTL)

Überhaupt ist Menderes ein Mann der schlichten Worte. "Ich hab' noch nie was gewonnen", sagt er nach seinem Sieg, und weint. Das klingt bei ihm nicht nach abgedroschener Preisausschreiben-Phrase, sondern einfach wahr. Und man bekommt am Ende dieses Abends das Gefühl: Vielleicht ist dieser Fernsehgott doch ein gerechter. Ja, er nimmt, aber manchmal gibt er auch etwas zurück - im Fall von Menderes nichts weniger als dessen Würde. Und die ist allemal mehr wert als Buschkrone und Bambuszepter.

Auch die Zuschauer haben etwas davon, sie bekommen den magischen Moment, der dieser durchchoreografierten Staffel noch fehlte. Oder wie es Moderatorin Zietlow formuliert: "Du rührst mich zu Tränen, und ich denke, nicht nur mich."

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