Hoher Besuch:Garagen-Talk

US-Präsident Obama hat dem Podcaster Marc Maron in dessen Heimstudio ein lockeres Gespräch über Basketball und Politik gewährt. Seine Berater suchen stets nach Gelegenheiten, die Offenen unter ihren Landsleuten zu erreichen.

Von Matthias Kolb

Eine Stunde Interview mit Barack Obama, davon träumen Journalisten auf der ganzen Welt. Der US-Präsident wählt genau aus, mit wem er spricht - und meist gibt er Late-Night-Moderatoren wie Jimmy Fallon oder David Letterman den Vorzug gegenüber den Korrespondenten von der New York Times. Seine Berater suchen stets nach Gelegenheiten, damit Obama jene Amerikaner erreichen kann, deren Meinungen noch nicht längst erstarrt sind.

Insofern ist Marc Maron fast schon wieder eine naheliegende Wahl: Weiter entfernt vom Washingtoner Politbetrieb als er kann man kaum sein. Der 51 Jahre alte Comedian ist einer der bekanntesten Podcaster der USA. Seine Sendung What the Fuck zeichnet er in seiner Garage in Los Angeles auf - und dort besuchte ihn der mächtigste Mann der Welt. Bevor Obama im Heimstudio Platz nahm, hatte der Secret Service Scharfschützen auf dem Dach postiert. Aufgeregt erzählte Maron in der Anmoderation, dass er wegen der Spürhunde seine Katzen wegsperren musste - und dass er ein normales Gespräch führen werde. Das gelang: Obama berichtete entspannt, wie ihn das Älterwerden nervt ("Beim Basketball werde ich nur toleriert") und wie er nur wenige Blocks entfernt studiert habe.

Eigentlich interviewt Maron sonst Satiriker wie Louis C.K., und der Titel What the Fuck ist Programm: Maron schert sich nicht um Konventionen und berichtet offen von der eigenen Vergangenheit als Drogensüchtiger. Zwei Folgen pro Woche stellt Maron ins Internet, die jeweils 450 000 Mal heruntergeladen werden. Im Obama-Gespräch geht es natürlich auch um Ernstes. Trotz des Massakers in Charleston mit neun schwarzen Todesopfern ist dieser überzeugt, dass der Rassismus in den USA abgenommen habe. Geheilt sei das Land aber nicht, betont Obama: "Auch wenn die Leute nun aus Höflichkeit in der Öffentlichkeit nicht mehr Nigger sagen." Dass der erste schwarze US-Präsident das N-Wort verwendet, sorgt in den Kabel-Sendern sofort für Schlagzeilen. Obama ist das egal: Er ignoriere das aufgeregte Kleinklein der Berichterstattung à la Politico mittlerweile völlig, sagte er zu Maron.

Obamas Garagen-Besuch belegt, dass auch Politiker wissen, wie viele Leute über die abrufbaren Sendungen zu erreichen sind. Und Maron, der "Podcaster in Chief" (LA Times), dürfte mit Episode 613 viele Fans gewonnen haben.

Das Interview ist unter wtfpod.com nachzuhören.

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