Hörspieladaption:Voll auf die Zwölf

Noch vor der Verfilmung durch Fatih Akin gibt es Heinz Strunks Roman "Der goldene Handschuh" nun als Hörspiel: Es führt ins Milieu der Verzweifelten und Gescheiterten, die in einer Hamburger Absturzkneipe Halt suchen und nicht finden.

Von Stefan Fischer

Wo andere Schriftsteller sich an eine Kante heranwagen und dann einen Blick in den Abgrund riskieren, da steigt Heinz Strunk beherzt hinunter. Das gilt für die meisten seiner Bücher, allen voran seinen Bestseller Fleisch ist mein Gemüse, der von der Tristesse handelt, in einer Band Tanzmusik zu spielen, von all der Traurigkeit und Ödnis hinter dem vermeintlichen Frohsinn. Der aktuelle Roman Der goldene Handschuh, nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse, nimmt nun außen am Tresen der Hamburger Absturzkneipe "Zum Goldenen Handschuh" Platz. Stammgast dort: Fritz Honka, Frauenmörder.

Fatih Akin möchte den Roman im kommenden Jahr verfilmen, die erste Adaption jedoch ist eine Hörspielfassung, inszeniert von Martin Zylka. Es hat diesen Honka tatsächlich gegeben, er hat es in den 1970er-Jahren zu einer berüchtigten Berühmtheit gebracht. Weil er vier ältere Gelegenheitsprostituierte getötet hat, ist er zum Bösen schlechthin personifiziert worden - die Deutschen mussten sich erst daran gewöhnen, dass es nun auch hierzulande zu Geiselnahmen bei Banküberfallen kommt.

Strunk entdämonisiert Honka und reduziert ihn auf den rohen, erbärmlichen, unglücklichen Kerl, der er war. Zylka nimmt diese Stimmung auf; Sebastian Rudolph als Erzähler gelingt mit seinen Schauspielerkollegen eine mitfühlende Charakterzeichnung dieses Milieus der Verzweifelten und Gescheiterten. Es geht weniger um die Mordtaten als um die Sehnsucht, sich an jemandem festklammern zu können, um nicht vollends abzusaufen - was keinem gelingt in diesen uferlosen Kiez-Nächten. Den letzten Rest Selbstachtung kostet sie ihr Werben umeinander dennoch. Mindestens.

Der goldene Handschuh, NDR Info, Sonntag, 21 Uhr.

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