Hörspiel:Der Tod ist tot

Ein Rave, bei dem es als Snack gebratenen Dichter gibt und sogar der liebe Gott mittanzt, "mit männlichen Schnörkeln und hurtigen Schleifen": ein Dada-Hörspiel von Hugo Ball mit Meret Becker und Nadeshda Brennicke.

Von Stefan Fischer

"Zu sagen ist nichts mehr", beginnt Teil zwei des Hörspiels Tenderenda der Phantast. Es folgen siebzig tolldreiste Minuten. Sie schließen an das wahnsinnige Finale von Teil eins an: einen göttlich-satanischen Rave, bei dem ein gebratener Dichter verspeist wird und Gottvater dem Tod eine Kategorientafel mit Notaten über das Sein auf dem Kopf zerscherbt. Für Gott eine Befreiung: Er "tanzte weiter mit männlichen Schnörkeln und hurtigen Schleifen". Den Tod ficht diese Attacke nicht an, später jedoch wird er tatsächlich erschlagen.

Eine Party, die nicht einmal der Tod überlebt - Hugo Ball treibt es wüst in Tenderenda. Der Text, entstanden zwischen 1914 und 1920, ist ein Vermächtnis des Dada. Sein Autor ist während der Entstehung zum dogmatischen Katholizismus konvertiert. Erlösungsmetaphorik findet sich an vielen Stellen des Romans, aber auch eine Menge Avantgardistisches: Lautgedichte, tiefsinniger Klamauk, derbe, subversive Parodien - lauter Kapitel, "in denen ich auf meine Weise Sprachzucht treibe", so Ball in einer Tagebuchnotiz.

Nicht nur getanzt wird, "wo die Hölle ans Paradies grenzt". Tenderenda bewegt sich unentwegt in diesem Grenzland. Eine kohärente Geschichte erzählt Ball nicht, der Text begehrt vielschichtig und sprachmächtig auf gegen alte Autoritäten und Gewissheiten, er ist ein Ventil für die Verstörung durch den Weltkrieg. Michael Farin hat das faszinierende Chaos bedachtsam inszeniert - er forciert nichts, wo der Text bereits furios ist. Belässt Meret Becker, Nadeshda Brennicke, Katharina Franck, Lilith Stangenberg und Patrick Güldenberg jedoch ihre Spiellust.

Tenderenda der Phantast, Bayern 2, 21.05 Uhr. Teil 2 am 26. Februar.

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