Gruner + Jahr:Alle Macht für Jäkel

Julia Jäkel, Gruner + Jahr

Steigt auch in die Bertelsmann-Führung auf: Julia Jäkel.

(Foto: dpa)

Großreinemachen bei Gruner + Jahr: Julia Jäkel wird neue Vorstandschefin. Achim Twardy und Torsten-Jörn Klein müssen ihre Posten als gleichberechtigte Geschäftsführer schnell räumen. Die 41-Jährige holt sich zwei Vertraute an die Seite.

Von Caspar Busse

Kurz vor Ostern saßen die drei noch vorne und mussten in Hamburg gemeinsam schlechte Nachrichten verkünden: Julia Jäkel, Achim Twardy und Torsten-Jörn Klein präsentierten als gleichberechtigte Geschäftsführer die Ergebnisse von Gruner + Jahr. Die Zahlen für 2012 waren verheerend: ein Verlust von elf Millionen Euro, ein Umsatzrückgang von drei Prozent, Probleme in Südeuropa und in den USA. Geteiltes Leid ist halbes Leid, war offenbar das Motto des Trios.

Doch das ist jetzt vorbei: Bei Gruner + Jahr wird kräftig umgebaut. Die Devise heißt nun: Alle Macht für Julia Jäkel. Offenbar greift Thomas Rabe, Chef des Großgesellschafter Bertelsmann, der knapp 75 Prozent kontrolliert, in Hamburg durch, genervt von der schlechten Geschäftsentwicklung. Jäkel, 41, wird jedenfalls ab sofort vom Aufsichtsrat zur Vorstandsvorsitzenden des Zeitschriftenhauses (Stern, Brigitte, Geo) befördert. Die langgedienten Vorstandsmitglieder Twardy und Klein müssen ihre Posten schnell räumen.

Das Großreinemachen in Hamburg, das mit dem Abgang von Bernd Buchholz im vergangenen Herbst begonnen hatte, geht also weiter. Als neue Vorstände werden Oliver Radtke, 44, und Stephan Schäfer, 38, ein Vertrauter von Jäkel, bestellt. Sie dürfen sich künftig neumodisch Chief Operating Officer und Chief Product Officer nennen, sind also für das Operative (Radtke) und die Produkte (Schäfer) zuständig. Begründet wird das so: "Die Transformation zu einem auch digital führenden Medienunternehmen" erfordere eine inhaltliche und personelle Neuordnung.

Brisant: Twardy war bislang unter anderem für die Beteiligung am Nachrichtenmagazin Spiegel zuständig, Gruner + Jahr hält eine Sperrminorität von 25,5 Prozent und hat damit auch ein gewichtiges Wort bei der Suche nach einem neuen Chefredakteur mitzusprechen. Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron mussten an diesem Dienstag ihre Posten räumen, Hintergrund ist unter anderem eine Auseinandersetzung um die künftige Online-Strategie. Künftig soll Jäkel selbst für die Spiegel-Beteiligung zuständig sein. Es ist nicht die einzige neue Aufgabe für die Managerin: Sie wird offenbar auch in das erweiterte Führungsgremium, das "Group Management Committee", des Bertelsmann-Konzerns in Gütersloh berufen. Bitter für sie: Ein gut dotierter Vorstandsposten auch bei Bertelsmann, wie Vorgänger Bernd Buchholz ihn hatte, ist für sie derzeit nicht drin.

Julia Jäkel ist ohnehin erst seit September 2012 im Vorstand von Gruner + Jahr, zuvor war sie Verlagsgeschäftsführerin und verantwortete mehrere Zeitschriftentitel. Unter ihrer Führung stellte der Verlag im vergangenen November die Financial Times Deutschland ein. Stephan Schäfer ist Journalist und war bislang Mehrfach-Chefredakteur, unter anderem von Brigitte, Essen & Trinken und Schöner wohnen, gleichzeitig auch Verlagsgeschäftsführer. Diese Doppelrolle sorgte zuletzt für Kritik, weil Journalistisches und Anzeigengeschäft vermengt werden könnte. Wer Schäfers Posten bekommt, ist offen. Oliver Radtke ist Wirtschaftsingenieur und seit 1995 bei Gruner + Jahr, zuletzt in Dresden, wo er unter anderem die Sächsische Zeitung und die Dresdner Morgenpost verantwortete. Nach dem Vorbild von Bertelsmann soll zudem unter dem neuen Vorstand eine weitere Führungsebene installiert werden.

Die Personalien leiten einen Generationswechsel ein. Achim Twardy arbeitete seit 2001 für Gruner + Jahr, war zunächst für den Bereich Zeitungen zuständig. Er betreute aber vor allem den Bereich Finanzen. Torsten-Jörn Klein ist seit 1990 bei Bertelsmann und seit 15 Jahren in Hamburg, seit 2004 im Vorstand, er baute unter anderem das Auslandsgeschäft auf, etwa in China. Beiden wurde für ihren "langjährigen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens" gedankt.

Bertelsmann wollte im vergangenen Jahr vom Mitgesellschafter - die Familie Jahr hält 25,1 Prozent - alle Anteile an Gruner + Jahr übernehmen, scheiterte aber an unterschiedlichen Bewertungsfragen. Ziel sollte es sein, auch in Hamburg durchzuregieren. Rabe ist seit Anfang 2012 Vorstandsvorsitzender bei Bertelsmann. Seitdem hat er nahezu alle Führungsposten neu besetzt. Auch bei Gruner + Jahr greift er jetzt ein, der Widerstand des Mitgesellschafters ist offenbar nicht mehr groß. Kritiker fürchten, dass mit der Ernennung von Jäkel der Einfluss aus Gütersloh noch steigen könnte und Gruner + Jahr an Unabhängigkeit einbüßt.

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