"Grimm" auf Vox:Warum sie nicht gestorben sind

Märchen im TV, Vox-Serie Grimm

In der neuen Märchen-Serie "Grimm" auf Vox sind die Polizisten dem bösen Wolf auf der Spur.

(Foto: dpa)

Die neue Mystery-Crime-Serie "Grimm" hält sich nur vage an die Klassiker der Gebrüder Grimm - und startete sehr erfolgreich. Märchen für Erwachsene liegen im Trend, weil sie ein Grundbedürfnis stillen.

Von Carolin Stihler

Wenn das Rotkäppchen dem bösen Wolf begegnet, Schneewittchen in den Apfel beißt oder Frau Holle die Betten ausschüttelt, sind Generationen von Kindern seit jeher gebannt. Doch auch Erwachsene erliegen dem Charme von Grimms Märchen. Das beweist der erfolgreiche Start der neuen Mystery-Crime-Serie "Grimm" auf Vox. Diese spielte mit 16,3 Prozent Marktanteil mehr als das Doppelte des aktuellen Vox-Senderschnitts ein.

Der Erfolg war einigermaßen erwartbar: "Grimm" lief in USA schon 2011 sehr gut an. Inzwischen ist dort die zweite Staffel der Fantasy-Serie zu sehen. Es geht darin um den Polizisten Nick Burkhardt, der zu Beginn weder etwas von seiner Abstammung noch von seiner Berufung ahnt. Plötzlich verwandeln sich Menschen vor seinen Augen sekundenlang in Monster und seine schwer kranke Tante klärt ihn darüber auf, dass er ein "Grimm" sei, ein Wächter des Guten.

Von nun an kämpft er gegen gruselige Gestalten, die aus Märchen stammen. Es geht blutrünstig zu und die Monster werden kurzerhand erschossen.Schließlich sind auch die Original-Märchen nicht zimperlich mit ihren Bösewichten umgegangen. Burkhardts Fälle sind an die Geschichten der Brüder Grimm und weiterer Märchen angelehnt, doch hält sich die Serie nur vage an die Vorlagen der Klassiker.

"Grimm" ist nicht die einzige Märchen-Serie aus den USA, die es in Deutschland zu sehen gibt. Bereits im September startete Super RTL erfolgreich mit der ersten Staffel von "Once upon a time". Die Serie von den "Lost"-Machern bedient sich bei den Figuren verschiedener Kindermärchen und versetzt sie in eine Parallelwelt. Dort leben sie in der heutigen Zeit, ohne zu ahnen, dass sie eigentlich Märchenfiguren sind. Einzig die böse Königin weiß Bescheid - sie hat die anderen mit dem Fluch belegt. Sie ist Bürgermeisterin der Stadt, Schneewittchen eine Lehrerin, Rumpelstilzchen betreibt ein Leihhaus und Pinocchio ist ein Schriftsteller. Die Handlung springt zwischen dem Leben der Charaktere in der Märchenwelt und der Gegenwart hin und her. Im Herbst startet die zweite Staffel.

Doch der Märchentrend im Fernsehen wurde nicht in den USA erfunden, in Deutschland hat er eine längere Tradition. Beliebter Sendetermin für Neuverfilmungen von Märchen-Klassikern ist hierzulande traditionell die Vorweihnachtszeit. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich jahrzehntelang auch die in Babelsberg gedrehten Märchenverfilmungen der DDR. Auch in der jüngeren Vergangenheit wurden fleißig weiter Kinderbuchklassiker neu verfilmt: Das ZDF machte 2005 mit der ersten Neuverfilmung von "Rotkäppchen" den Anfang, gefolgt von Neuinterpretationen der Grimm-Märchen "Rumpelstilzchen" und "Dornröschen". Die ARD zog drei Jahre später mit "Tischlein deck dich" nach. Seitdem sind 22 Neuverfilmungen in der Reihe "Sechs auf einen Streich" im Ersten ausgestrahlt worden.

Dafür verwandelten sich namhafte deutsche Schauspieler wie Anja Kling, Edgar Selge oder Detlef Buck in hinterlistige Hexen, grausame Wölfe oder garstige Zwerge. Auch für 2013 stehen neue Geschichten aus der Märchenwelt auf dem Programm. Da sich die öffentlich-rechtlichen Sender in ihren Fassungen nahe am Original der Stoffe von Hans Christian Andersen und der Brüder Grimm halten, können sich die Zuschauer in eine fabelhafte Welt mit Magie, schönen Prinzessinnen und tapferen Prinzen zurückversetzen lassen. Lediglich Sprache und Umgangsformen wurden an die heutige Zeit angepasst.

Den Serien aus den USA dagegen dienen die Märchen nur als roter Faden, der sich durch die Handlungen der verschiedenen Folgen zieht. Im Fall von "Grimm" ist es sogar ein blutig roter Faden. Dennoch finden sich die Zuschauer in den bekannten Geschichten wieder.

Darin liegt auch ein Grund für den Erfolg der Märchenserien. Viele Zuschauer scheinen sich nach einfachen Erzählungen zu sehnen, die zumindest in ihren Grundzügen vertraut erscheinen. Die Geschichten - egal ob in ihrer abgewandelten oder in der originalgetreuen Version - befriedigen das Bedürfnis nach einer Welt, in der die Fronten noch klar erkennbar sind.

Im Märchen geht es immer um den Kampf zwischen Gut und Böse - und das Gute gewinnt am Ende. Auch wenn die modernen Versionen mit visuellen Effekten aufgemotzt und flotten Sprüchen versehen wurden, kann man sich auf die klaren Regeln des Märchens immer noch verlassen. Bei "Grimm" erschießt der Polizist Nick Burkhardt kurzerhand den bösen Wolf in Gestalt eines unauffälligen Mannes und rettet das kleine Mädchen aus seinem Keller-Verlies. Und wenn sie nicht gestorben sind, schießen sie sich auch nächste Woche den Weg frei.

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