Grandprix: Was zahlt die ARD?:Alles auf Lena

Lenas Überraschungserfolg beim Eurovision Song Contest wird noch teuer für die ARD: Der diesjährige Gesangswettbewerb soll zwölf Millionen Euro kosten - geklärt werden muss noch, woher das Geld kommen soll.

Claudia Tieschky

Sechs Jahre dauert die Amtszeit des Intendanten beim Norddeutschen Rundfunk (NDR). Lutz Marmor, 56, ist dort seit Januar 2008 Senderchef - drei Jahre inzwischen also, das ist dann eine Halbzeit im Norden. 2009 kam die Affäre um die frühere Fernsehspielchefin Doris Heinze hoch, die das Vertrauen in das ganze System ARD erschütterte. Aber es gab auch schönere Momente.

Im Mai 2010 gewann Lena in Oslo den Eurovision Song Contest (ESC), für den der NDR die Federführung in der ARD hat und in Kooperation mit Pro Sieben und Stefan Raab auftrat. 14,7 Millionen Menschen sahen im Ersten zu. Beim Empfang für die Siegerin in Hannover strahlte auch Rundfunkmanager Marmor an ihrer Seite. Menschenmengen, die irgendwie auch einem öffentlich-rechtlichen Intendanten zujubeln, wo gibt es das noch.

Das Unterhaltungswunder hat nun Folgen für die ARD. Der ESC findet stets im Siegerland des Vorjahres statt. So wie der Wettbewerb bisher gemacht war, bestand für Deutschland wenig Risiko, zuletzt siegte Nicole 1982 mit Ein bisschen Frieden.

Zwölf Millionen Euro muss die ARD für die Ausrichtung des internationalen Gesangswettbewerbs in Düsseldorf aufbringen, heißt es aus informierten Kreisen. Das norwegische Fernsehen NRK soll 2010 für den Contest um die 16 Millionen Euro ausgegeben haben. Aber mehr als die zwölf Millionen darf, darauf haben sich offenbar ARD-Manager verständigt, der ESC mit dem Finale am 14. Mai hierzulande nicht kosten. Geklärt werden muss noch, woher das Geld kommen soll. In der Fernsehprogrammkonferenz wird darüber gesprochen, wie Lücken in der Finanzierung geschlossen werden.

Denkbar ist offenbar, Mittel aus einem Verzicht auf den Live-Rechtekauf für die Leichtathletik-WM in Südkorea einzubringen, ist zu hören. Von der Wettkampfübertragung versprechen sich die Sendermanager wegen der Zeitverschiebung keine hohen Quoten. Zudem unterscheidet sich die Preisvorstellung von ARD/ZDF grundsätzlich von der der Agentur IEC, des Vermarkters der WM. Der ESC mit Lena garantiert dagegen gute Zuschauer- und Imagewerte.

Den Rest des Geldes sollen die ARD-Anstalten per Umlage gemeinschaftlich aufbringen, wobei der federführende NDR mehr als andere leistet. Doch das System ARD hat sich - trotz mehr als sieben Milliarden Gebührengeld - in Sparzwänge manövriert. Bei Sportrechten und der Filmtochter Degeto sind in diesem und nächsten Jahr zusammen Kürzungen von 40 Millionen Euro geplant.

Es geht nun um Grundsatzfragen von Verteilung und Wertung, die auch die Intendantentagung in Köln Anfang Februar beschäftigen werden. Welche Ereignisse sind das Gebührengeld wert? Und wie solidarisch ist die Gemeinschaft noch, die um das Geben und Nehmen im System immer öfter streitet?

Für den ESC in Düsseldorf muss wohl entweder der NDR noch mehr leisten, der derzeit 50 Millionen im eigenen Etat spart. Oder die Gemeinschaft ist gefragt, also die finanzstärkeren Sender WDR, SWR, NDR und BR.

In Köln werden die Senderchefs auch einen sogenannten Vorratsbeschluss fassen. Sie sollen grundsätzlich zusagen, den ESC 2012 im eigenen Land zu finanzieren, sollte Deutschland gewinnen. Wie jedes Jahr, eigentlich keine große Sache. Aber diesmal dürfte der Punkt die Diskussion schon befeuern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: