Goldene Kamera im ZDF:Häschen in der Grube

Goldene Kamera im ZDF: Könnten sie Markus Lanz bei "Wetten, dass ...?!" ersetzen, wenn es denn irgendwann nötig werden sollte - und würden Sie es wollen? Michelle Hunziker und Hape Kerkeling machen Männchen bei der "Goldenen Kamera" im ZDF.

Könnten sie Markus Lanz bei "Wetten, dass ...?!" ersetzen, wenn es denn irgendwann nötig werden sollte - und würden Sie es wollen? Michelle Hunziker und Hape Kerkeling machen Männchen bei der "Goldenen Kamera" im ZDF.

(Foto: AFP)

Könnten Hunziker und Kerkeling die "Wetten, dass..?"-Moderation von Markus Lanz übernehmen? Nur, wenn Hape zu alter Form findet. Bis dahin müssen bei der Goldenen Kamera in Berlin eine andere Komikerin und anderthalb Hollywoodstars für Schwung sorgen.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

Vielleicht lag es am Wetter. Während in München am Samstag gutgelaunte Sonnenbrillenträger bei Frühlingstemperaturen den Gärtnerplatz bevölkerten, ist in Berlin noch richtig Winter. Eisschollen treiben auf der Spree. Nicht besonders aufgewärmt wirkte auch Hape Kerkeling an diesem Abend im ZDF, wo er zusammen mit Michelle Hunziker die Goldene Kamera moderierte. Die Gags wollten nicht so richtig sitzen, Hunziker gab sich alle Mühe, inklusive güldenem Kleid, passend zur güldenen Kamera, der Preisverleihung Verve zu verleihen - doch bei Kerkeling, eigentlich ein großartiger Entertainer, fehlte irgendwie der Schwung.

Probelauf für "Wetten-dass"-Übernahme?

Dabei sahen manche diesen Abend schon als Probelauf des Moderatoren-Duos für höhere Weihen: Es gibt da doch ein paar Probleme mit dem aktuellen "Wetten-dass"-Moderator; die Kritik an Markus Lanz will einfach nicht verstummen und auch die Quoten des ZDF-Flaggschiffs sinken stetig. Offiziell steht der Sender zwar hinter seinem Moderator, doch Teile des Publikums und der Medien sehnen sich offenbar innig nach einer Ablösung. Im Vorfeld der Goldenen Kamera wurde also darüber spekuliert, ob nicht Michelle Hunziker und Hape Kerkeling diesen Job übernehmen könnten. Zwar hatte die prominente Blondine schon bei der Erstsuche gesagt, ohne Thomas Gottschalk wolle sie nicht weitermachen, und der beliebte Komiker hatte dankend - und klug - abgelehnt.

Die diesjährige Goldene Kamera wurde trotzdem auch daraufhin gecheckt, ob die beiden denn könnten, wenn sie vielleicht doch wollten. Miteinander und bei einer vergleichsweise lahmen Veranstaltung im ZDF die Herzen erobern, den berühmten Funken überspringen lassen, zugleich massentauglich und witzig das öffentlich-rechtliche Publikum mit einer großen Samstagabendshow bespaßen. Und die berühmte Lagerfeuer-Stimmung für das erwünschte TV-Familienereignis entfachen.

Holland zieht nicht mehr

Und man muss attestieren: Sie könnten wohl - wenn sie denn wollten. Allerdings müsste Hape Kerkeling dafür zu alter Form finden. Wie das Häschen in der Grube wirkte er leicht angeschlagen und stumpf, was Michelle Hunziker zum Anlass nahm, noch aufgedrehter zu agieren. Nummern wie der Song "Komm' ein bisschen mit nach Italien" im 50er-Jahre-Stil wirkten dadurch seltsam; nicht mal als Holländerin, eigentlich seine Paraderolle, konnte Hape an diesem Abend überzeugen.

Hollywood muss für Schwung sorgen

49. Goldene Kamera - Verleihung

Ausgezeichnet in Berlin, von links: Diane Keaton, Matthew McConaughey und Gwyneth Paltrow - und Andie MacDowell war auch freundlicherweise da.

(Foto: dpa)

Für den nötigen Schwung zwischen den für das Publikum eher langweiligen Dankesreden mussten deshalb andere sorgen. Wie es auch lustig geht, zeigte etwa Martina Hill, die aus einer eigentlich lahmen Nummer mit viel komödiantischem Talent trotzdem alles rausholte, was zu holen war, indem sie die angeblich im Vorfeld heiß auf den Preis gewordenen Promis abtropfen ließ.

Für Esprit auf der Bühne sorgte eine Preisträgerin, die an diesem Abend für ihr Lebenswerk geehrt wurde - ein alter Hase im Showgeschäft: Die 68-jährige Diane Keaton musste - zwar in bedenklichem Outfit, aber innerlich offenbar noch ganz frisch - die Bühne rocken, weil ihre jüngeren Kollegen es nicht taten. Allein Matthew McConaughey, normalerweise eher für selbstverliebte Auftritte als für die ganz große Show bekannt, kam ihr zur Hälfte zur Hilfe. Und küsste sie, nachdem sie gerade erzählt hatte, dass ihr zum ganz großen Glück fast nur noch ein Kuss des 2005 zum "Sexiest Man Alive" gekürten Schauspielers fehle. McConaughey schaltete schnell - und sprang auf die Bühne, um das zu ändern.

Kuss für Diane Keaton, Kritik von Bruno Ganz

"Diane Keaton hat gerade deutsche TV-Geschichte geschrieben", verkündete Kerkeling danach stolz - und auch das Publikum war hin und weg. Was unter anderem daran gelegen haben könnte, dass der Abend ansonsten mit spannenden Höhepunkten nicht gerade üppig gespickt war. Heraus stach nur noch Bruno Ganz, ebenfalls für sein Lebenswerk geehrt, der eine so lustige wie schlaue Geschichte darüber erzählte, wie Friede Springer (die Hörzu verleiht die Preise und gehörte bisher zu Springer) ihn einst mit Klaus Maria Brandauer verwechselt habe. Und dass er nun da sei, sie aber nicht.

Der Auftritt von Gwyneth Paltrow, die sich artig und hübsch glitzernd für ihren Preis als beste internationale Künstlerin aus den Händen der entspannt gewandeten Heike Makatsch bedankte, blieb eher blass - genau wie der Auftritt des "besten internationalen Schauspielers" McConaughey, der aktuell im Kino einen aidskranken Cowboy spielt. Auch Nadja Uhl, die einmal mehr für ihre Rolle als Kommissarin in dem Kinderhandel-Thriler "Operation Zucker" zur besten Schauspielerin gekürt wurde, zeigte sich arg brav. Nur Thomas Thieme, verdient aber überraschend für seine Rolle in "Das Adlon" zum besten nationalen Schauspieler gekürt, wagte ein bisschen Revolte, indem er sich sich für den Preis nicht so richtig bedanken, dafür umso lieber den Kollegen Bruno Ganz verehren wollte, der aber nach seiner eigenen denkwürdigen Dankesrede verschwunden war.

Da wundert es kaum, dass mehrere Laudatoren, unter anderem Senta Berger und Martina Gedeck, vor allem die "Uneinnehmbarkeit" als wertvollstes Gut für einen Schauspieler priesen - ein Charakterzug, der offenbar bitter nötig ist, um im Showbusiness einigermaßen glaub- und dauerhaft bestehen zu können.

Alles voller Hasen

Zum Schluss schaffte auch Kerkeling noch einen echten Lacher, indem er Sky Dumont als "mein Hase" bezeichnete, der sowohl Hollywood kenne als auch die Apotheken-Rundschau mache (was für das Zielpublikum der Goldenen Kamera eigentlich perfekt ist). Leider versemmelte er seinen letzten Gag, indem er die im Publikum platzierte Schauspielerin Emilia Schüle, die er als "schärfsten Hasen des Abends" bezeichnen und mit der Nachwuchs-Kamera beglücken wollte, mit einem anderen Gast verwechselte. Sei's drum - so wichtig ist die Goldene Kamera dann doch nicht, als dass Kerkelings Karriere darüber entschieden würde.

Und ohnehin, man muss es leider betonen, ist die Party danach der eigentliche Glanzpunkt der diesjährigen Goldenen Kamera gewesen, die erstmals im ehemaligen Flughafen Tempelhof stattfand. Im mit Kronleuchtern schwer aufgehübschten Hangar feierten die rund 1200 Gäste nach der Show zwischen edler Käsetheke und frisch frittierten Pommes so ausgelassen und ausgiebig bis tiefst in die Nacht, dass am Ende kaum noch zu erkennen war, wer Star, Sternchen, Zaungast oder Produzent war. Sie alle tanzten am Ende mit Champagnereis am Stiel zum "Reckoning Song" - dem Titel, mit dessen freier deutscher Übersetzung eine Nachwuchsschauspielerin jüngst 15 Minuten Ruhm erlangte. "One day, baby, we'll be old", lautet der Refrain - und es schien fast so, als wollte die versammelte Schauspielerriege samt Gefolgschaft genau jenem Alter ihres Publikums dringend entfliehen, für das sie an diesem Abend im ZDF Fernsehen gemacht hatte.

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