Gagen in Hollywood:Die Zehn-Millionen-Dollar-Frau

US-Serienhit 'House of Cards' in SAT.1

Claire Underwood intrigiert in "House of Cards" mindestens genauso schön wie ihr Mann.

(Foto: obs)

In "House of Cards" ist das Präsidentenehepaar Underwood mehr als gleichberechtigt. Im wahren Leben wurde die Schauspielerin Robin Wright schlechter bezahlt als Kevin Spacey. Bis jetzt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es gibt eine Szene am Ende der aktuellen Staffel des Politikdramas House of Cards, die nur bei jenen Menschen nicht für gruselige Gänsehaut sorgt, denen die Natur Eiswasser statt Blut in die Adern gefüllt hat: US-Präsident Frank Underwood (Kevin Spacey) und seine Frau Claire (Robin Wright) verfolgen ohne Regung die Ermordung einer Geisel durch islamistische Terroristen. Noch während das Opfer stirbt, blickt der Präsident in die Kamera: "Ganz richtig: Wir beugen uns nicht dem Terror." Er sieht seiner Frau kurz in die Augen, dann richten beide ihre Blicke direkt auf den Zuschauer. Frank sagt: "Wir sorgen selbst für den Terror."

Claire Underwood ist eine der faszinierendsten Figuren, die derzeit auf den Bildschirmen zu sehen sind: eine intelligente wie skrupellose Frau, die ohne Wimpernzucken ihren Ehemann erpresst oder ihre Mutter tötet. Robin Wright verkörpert sie derart fantastisch, dass es für die gruselige Gänsehaut gar keinen Mord braucht, sondern nur diesen eiskalten Blick oder ein diabolisches Lächeln. Die Underwoods sind ein gleichberechtigtes Paar, wie auch ihre Darsteller Wright und Spacey, sind doch beide jeweils mit einem Golden Globe ausgezeichnet worden. Ungleich war allerdings die Bezahlung. Bis jetzt.

Er gewann zwei Oscars, sie bekam zwei Kinder. Deshalb sei sie jetzt "Schauspielerin zweiter Klasse"

"Es ist eine der wenigen Sendungen, bei denen die weibliche Figur ihrem männlichen Gegenpart ebenbürtig ist. Also wollte ich genau so viel verdienen wie Kevin", sagte Wright gerade auf einer Veranstaltung in New York. Sie habe bei den Verhandlungen eine Strategie angewendet, die sie von ihrer Figur gelernt habe: "Ich habe ihnen gesagt: 'Ihr zahlt - oder ich gehe damit an die Öffentlichkeit.' Also haben sie bezahlt."

Es wird heftig über Gehaltsunterschiede debattiert in Hollywood, seit sich Patricia Arquette auf der Oscar-Verleihung 2015 über die Ungleichheit beschwert hatte und kurz darauf erklärte, wegen eben dieser Rede einige Rollen nicht bekommen zu haben. Es folgte ein wütender Blog-Eintrag von Oscar-Gewinnerin Jennifer Lawrence, nachdem im Zuge der Hackerangriffe auf Sony Pictures herausgekommen war, dass sie für den Film American Hustle deutlich weniger Gage erhalten hatte als ihre männlichen Kollegen.

Wer sich in den vergangenen Monaten mit Regisseuren, Produzenten und Schauspielern unterhielt, der hörte stets die einzige öffentlich vertretbare Meinung: "Was für eine schreiende Ungerechtigkeit! Da muss sich dringend was ändern! Aber was soll ich tun? Mir sind die Hände gebunden, das haben andere zu entscheiden." Bei ausgeschaltetem Diktiergerät gab es aber oftmals diesen Kommentar: "Der männliche Schauspieler ist nun mal meistens bekannter, also verdient er auch mehr Geld."

Diese Begründung funktionierte zunächst auch bei House of Cards: Spacey war der zweimalige Oscar-Gewinner (Die üblichen Verdächtigen, American Beauty), laut der Daten-Analyse des Streamingportals Netflix wurde die Serie auch deshalb überhaupt erst gedreht, weil die Kunden dort vermehrt Spacey-Filme angesehen hatten. Wright war, nun ja, das ehemalige Model, die Frau aus der Seifenoper Santa Barbara, die Jenny von Forrest Gump. Kein großer Star jedenfalls. Sie hatte zudem nach einer Golden-Globe-Nominierung in den 1990er-Jahren etliche Filmrollen (Robin Hood etwa oder Die Firma) wegen zwei Schwangerschaften ablehnen müssen.

"Meine Figur war teilweise beliebter als die von Kevin"

"Dadurch wirst du zu einer Schauspielerin zweiter Klasse", sagte Wright nun. "Du hast nicht mehr den Marktwert, den du gehabt hättest, wenn du so viele Filme gedreht hättest wie Nicole Kidman oder Cate Blanchett." Mit anderen Worten: Robin Wright war zum B-Star geworden. Im Netz kursieren unzählige Listen, die Durchschnittsprofite für Stars angeben, also beziffern, ob ein Star in vielen erfolgreichen Filmen mitgespielt hat. Berühmt wurde vor allem die von James Ulmer, der lange für das Branchenmagazin The Hollywood Reporter (THR) die berüchtigte Ulmer- Scale erstellte - eine Liste mit den für den Erfolg von Filmen notwendigen Stars.

Tatsächlich ist die Entscheidung bei den Filmstudios, einem Schauspieler eine Rolle zu geben (und ihn dafür extrem gut zu bezahlen) aber komplizierter. Denn der Erfolg einer Marke wie etwa Star Wars hängt ja nicht allein vom Hauptdarsteller ab. Überhaupt ist der Wert solcher Listen, anhand derer Schauspieler in A- und B-Stars eingeteilt werden, heute viel geringer als früher, weil derzeit die größten Hollywooderfolge Filmreihen wie Captain America und X-Men sind, mit Prequels, Sequels und Spin-offs. Egal, wer mitspielt.

Robin Wright erlebt nun, im Alter von 50 Jahren, ein wundersames Comeback. Sie kehrte zurück auf die Liste der Unersetzlichen, ohne die eine Serie nicht funktioniert. House of Cards ist ohne Claire Underwood und damit ohne Robin Wright undenkbar. Die Schauspielerin freilich weiß ihren aktuellen Marktwert einzuschätzen: "Ich habe mir die Statistiken angesehen. Meine Figur war teilweise beliebter als die von Kevin. Davon habe ich profitiert." Laut THR werden Wright und Spacey für die kommende Staffel mit jeweils knapp zehn Millionen Dollar entlohnt.

Ein Gesetz soll gegen die ungleiche Bezahlung helfen

Hauptdarsteller in erfolgreichen Serien verhandeln ihre Gagen nicht selten gemeinsam, dann sind keine Gehaltsunterschiede mehr möglich. Das war schon bei Friends und The West Wing so. Problematisch verhält es sich eher mit Nebendarstellern (B-Liste) oder jenen Schauspielern, die nur sporadisch eingesetzt und in noch weiter hinter liegenden Buchstabenkategorien geführt werden. Die müssen ihre Gagen alleine aushandeln und sind deshalb meist auf sich gestellt. Wer zu frech verhandelt, wird aus der Serie geschrieben.

Ein im Oktober 2015 vom kalifornischen Gouverneur Jerry Brown unterzeichnetes Gesetz richtet sich direkt an die Unterhaltungsindustrie in Hollywood und soll dafür sorgen, dass Gehälter nicht mehr frei und heimlich verhandelt und dass Unterschiede bei der Bezahlung begründet werden müssen. Es ist ein wichtiger Schritt, der Produktionsfirmen und Filmstudios jedoch immer noch Umwege gestattet - und natürlich können sie noch immer in anderen Bundesstaaten drehen.

Wright hofft nun, dass in Hollywood ein Umdenken stattfinden wird: "Die wahre Schande ist doch, dass man ihnen ein schlechtes Gewissen einreden oder mit öffentlicher Blamage drohen muss, ehe sich etwas ändert."

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