"Frau Roggenschaubs Reise" im ZDF:Meckertante trifft auf lebenslustigen Sinti-Clan

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Deutsche Zicke: Rose Roggenschaub (Hannelore Hoger) ist auf Ausländer nicht gut zu sprechen. (Foto: Hardy Brackmann/ZDF)

Kulturkonflikt à la ZDF: In "Frau Roggenschaubs Reise" bekommt eine einsame Alte Nachilfe in politischer Korrektheit.

TV-Kritik von Viola Schenz

Spielfilme im deutschen Fernsehen, die sich um Sinti und Roma drehen, sind selten. Schon deshalb, weil es kaum deutsche Sinti- oder Roma-Schauspieler gibt. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich das ZDF an dieses Sujet wagt, noch dazu mit einer Komödie zur Primetime.

Rose Roggenschaub (Hannelore Hoger) verliert ihren Job im Kundenservice einer Hamburger Reederei, und dann auch noch ihren Klaus (Christian Redl). Der will mit seiner Neuen, Carola (Michaela May), in eine Alten-WG ziehen. In ihrer Wut verschachert Rose die Münz- und Mineraliensammlung des Gatten und die Pokale aus der Wohnzimmerschrankwand an den "Zigeuner" Sasha. Ebenso Klaus' E-Gitarre.

Dann täuscht sie einen Raub vor. Blöd nur, dass die Gitarre, wie sich herausstellt, 100 000 US-Dollar wert ist - Geld, mit dem sich Klaus und Carola ihr WG-Nest finanzieren wollten. Das kostbare Instrument muss also wieder her, und Rose erpresst Sashas Großfamilie mit einem Trick.

Keine Spur von politischer Korrektheit

Worum es in dem Film eigentlich geht: Rose ist weder auf Ausländer noch auf Zigeuner gut zu sprechen, schon gar nicht, wenn ihr Reederei-Job ausgerechnet an ein indisches Callcenter ausgelagert wird. Politische Korrektheit ist ihr fremd: "Sind Sie zufällig Zigeuner?", fragt sie Sasha bei der ersten Begegnung, "dann kaufen Sie doch auch so Plunder auf, das machen doch Zigeuner, das haben Sie doch im Blut."

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So geht das fortwährend, und spätestens bei Filmminute 28, als Rose in einem Internetcafé voller heimskypender Afrikaner die Tastatur mit einem Desinfiziertuch abwischt, kapiert auch der letzte Zuschauer: Diese deutsche Zicke kommt mit andersartigen Menschen nicht klar.

Dafür geht Sashas Großfamilie geradezu vorbildlich gut miteinander um: Man steht sich bei, jeden Abend wird gemeinsam gegessen, gelacht, ferngesehen. Grundsatzfragen - soll die Tochter zur Schule? ist die Karriere als Schrotthändler nicht sicherer denn als Musiker? - werden zivilisiert diskutiert.

Gedreht wurde mit Laiendarsteller aus einer Hamburger Sinti-Familie

Hier also die vereinsamte Meckertante, dort der lebenslustige, solidarische Zigeuner-Clan. Wobei, "Zigeuner" darf man nicht sagen, das ist diskriminierend, es heißt "Sinti und Roma" - so wird Rose Roggenschaub, und mit ihr die Zuschauer, durchgehend belehrt. Wie überhaupt die Dialoge allesamt irgendwie pädagogisch wertvoll wirken. Dass es aber weitere Gruppen gibt, die sich bei "Sinti und Roma" erst recht diskriminiert fühlen, hat sich zum ZDF noch nicht rumgesprochen.

Das Problem mit den fehlenden Darstellern hat Regisseur Kai Wessel hingegen gut gelöst: Er engagierte Mitglieder der größten Hamburger Sinti-Familie. Die Laiendarsteller harmonieren mit Hoger, Redl und May. Und auch der Kulturkonflikt zwischen Rose und dem Sinti-Clan findet ein vorhersagbares, gutes Ende - wie es sich gehört zur Primetime.

Frau Roggenschaubs Reise , ZDF, 20.15 Uhr.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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