Fernsehen:Schön glücklich sein

Jennifer - Sehnsucht nach was Besseres

Klaas Heufer-Umlauf spielt den neuen Chef Ingo, einen blondierten C-Promi mit Selbstzweifeln.

(Foto: Marion von der Mehden/NDR)

"Jennifer - Sehnsucht nach was Besseres" mit Olli Dittrich und Klaas Heufer-Umlauf ist eine charmante Verlierer-Soap, die überraschende Weisheit entfaltet.

Von Hans Hoff

Es gibt Regisseure, die man besser versteht, wenn man ihr Grundverständnis für Humor teilt, wenn man gewisse Codes kennt und mag, was sie mögen. Lars Jessen ist so ein Regisseur. Er dreht Filme und Serien, die vor allem von jenen verehrt werden, die einen Draht zu einer gewissen Hamburger Humorschule haben. Wenn man etwa den Schriftsteller und Schauspieler Heinz Strunk mag, wenn man den ungelenken Charme der Pseudo-Doku Fraktus als Kunst versteht, wenn man die Einsame-Männer-Geschichte Jürgen, heute wird gelebt in ihrer Tragik als lustig empfunden hat, dann wird man auch viel anfangen können mit den neuen Folgen von Jennifer - Sehnsucht nach was Besseres.

Es geht bei Jessen fast immer um Verlierer und Selbstüberschätzer, die nicht verstehen, warum die Welt ihnen nicht gibt, was ihnen zuzustehen scheint. Sie lassen sich was erzählen von großen Träumen und versuchen, diese dann auf ganz kleinem Raum zu leben. Natürlich scheitern sie dabei. Scheitern ist bei Jessens Filmen quasi die Grundvoraussetzung für einen Protagonisten, was es dem Zuschauer leicht macht, sich als Gewinner zu fühlen. Das Rezept funktioniert auch bei den drei neuen Jennifer-Folgen (und einer Making-of-Doku), die wieder im Friseurmilieu spielen, wieder im Hamburger Speckgürtel, wieder in der Trostlosigkeit einer Vorstadttristesse zwischen Imbiss und Haarsalon.

Letzterer verliert in der ersten neuen Folge gerade seinen Chef, den Dietmar. Weil der ein dunkles Geheimnis hat, muss er gehen und wird ersetzt durch Ingo, einen schlecht blondierten C-Promi, den man aus irgendeinem Fernsehcontainer kennen soll und der seitdem "auflegt", was ein sehr schöner Euphemismus ist für: macht für Geld fast alles.

Jennifer muss bei so viel Konkurrenz einiges dafür tun, um angemessen zu scheitern

Olli Dittrich ist dieser Dietmar, der geht und der Welt vorher noch ein paar schöne Aphorismen hinterlässt wie diesen hier: "Ohne mich geht hier der Bach runter." Danach hat Klaas Heufer-Umlauf seinen Auftritt als Container-Ingo, und während Dittrich seinen Dietmar zielsicher nahe an der Depression ansiedelt, platziert Heufer-Umlauf seinen Ingo im Mittelfeld zwischen schlecht gespielter Selbstsicherheit und nagenden Zweifeln. Dabei spielt er die Titelfigur der Serie tatsächlich ein bisschen an die Wand, und Jennifer (Katrin Ingendoh) muss schon einiges tun, um angemessen zu scheitern.

Aber wenn Oma Margret (Doris Kunstmann) von Jennifer wissen will, was diese denn wirklich vom Leben wolle, ist die Antwort von betörender Schlichtheit und großer Weisheit zugleich. "Was alle wollen. Familie, schönes Auto mit Internet drin. Überhaupt, schön glücklich sein." Mehr muss man nicht wissen.

Jennifer - Sehnsucht nach was Besseres, NDR, 2. und 4. Januar, jeweils Doppelfolgen, 22.30 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: