Fernsehen:Männer mit Schuhtick

Noch eine Familiensaga um die Brüder Adi und Rudi Dassler, die mit den Konzernen Adidas und Puma ein Industrieimperium aufgebaut haben.

Von Uwe Ritzer

Die Dasslers - Pioniere, Brüder und Rivalen - Teil 1

Fabrikanten aus Herzogenaurach: Adi (Christian Friedel, re.) und Rudi (Hanno Koffler).

(Foto: ARD Degeto/Wiedemann & Berg/Mart)

Große Egos waren sie beide. Als junge Kerle rannten sie einmal im Wald um die Wette, so zeigt es zumindest der neue Film. Adi gewann und sagte zufrieden zu seinem Bruder: "So schnell war ich noch nie." Rudolf konterte lässig: "Weil du immer alleine läufst." Geschäftlich machten sie da noch gemeinsame Sache mit ihrer Sportschuhfabrik in Herzogenaurach bei Nürnberg. Gegenseitig angetrieben haben sie sich Zeit ihres Lebens, beim Waldlauf, vor allem aber als Unternehmer. Als solche wären Adolf und Rudolf Dassler gemeinsam womöglich nie so weit gekommen wie getrennt.

Wenige Jahre nach dem kolportierten Waldlauf schlug die sportliche Rivalität der Brüder in Konkurrenz und Feindschaft um. Sie trennten Firma und Familien. Adi schuf Adidas, Rudi Puma, zu beider Lebzeiten die größten Sportartikelhersteller der Welt. Sie bekämpften sich erbittert und redeten ein Vierteljahrhundert nicht miteinander. Adi, der sprichwörtlich besessene Turnschuh-Tüftler, und Rudi, dem Vernehmen nach das eloquente Verkaufsgenie.

Getrennt und angeblich ohne voneinander zu wissen, schickten sich auch zwei Produzenten zeitgleich an, den Stoff zu verfilmen. Am Karfreitag 2016 ging Michael Souvignier mit seinem Streifen bei RTL als erstes durchs Ziel; der Privatsender zeigte die Geschichte als rasant-sportliches Bruderduell mit klarem Sympathievorsprung für Adi Dassler. Nun zieht, ebenfalls am Karfreitag und am Karsamstag, die ARD nach. Mit einem Primetime-Zweiteiler des Produzenten-Duos Max Wiedemann/Quirin Berg - und einer ganz anderen Herangehensweise an den historischen Stoff.

Die Dasslers ist angelegt als Familiensaga über fünf Jahrzehnte hinweg. Sie beginnt mit den Eltern von Adi und Rudi, die sich immer schwerer tun, den Ehrgeiz und die Talente ihrer unterschiedlichen Söhne in gemeinsame Bahnen zu lenken. Und sie endet mit dem Tod Rudolfs 1974, der am Ende ebenso wie sein Bruder (Adi starb 1978) erleben muss, dass ihre Söhne Armin und Horst das Duell der Väter noch fanatischer, trickreicher und verschlagener fortsetzen. Heute ist bei beiden Firmen die Familie als Eigentümerin draußen; Adidas und Puma sind börsennotierte Konzerne.

Auf die zentrale, weil historisch ungeklärte Frage, was Adi und Rudi nach dem Krieg eigentlich derart entzweit hat, bietet der ARD-Spielfilm eine schlüssige Version an, die der Wahrheit nahe kommen dürfte. Nicht ein Ereignis war demnach ausschlaggebend, sondern nach und nach sickerten Misstrauen, Neid und Missgunst immer tiefer in den Dassler-Clan ein, eingeträufelt auch von den nicht minder rivalisierenden, intriganten Ehefrauen der Brüder. Am Ende hilft nicht einmal mehr beten; sogar der Herzogenauracher Pfarrer scheitert mit seinen Versöhnungsversuchen.

Autor Christoph Silber und die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert erzählen eine Geschichte von Entfremdung und vom schleichenden Verfall einer Familie. Der ökonomische Hintergrund gibt dafür nur die Kulisse. Dabei zeichnen Christian Friedel (als Adi) und Hanno Kofler (als Rudi) die beiden Hauptprotagonisten erfreulicherweise als ambivalente Charaktere. Den einen erwartungsgemäß als akribischen "Schuster der Nation", aber auch als empathiefreien und ziemlich rücksichtslosen Egoisten. Den anderen als cleveren Verhandler und charismatischen Verkäufer, aber auch als geleckt-großspurigen, unbeherrschten Nachkriegsbonzen. Wirklich mögen muss man keinen.

So süffig dieses Familiendrama ist, so bleibt der Zweiteiler doch zu lange im falschen Akt hängen. Viel Zeit vergeht mit den gemeinsamen Dassler-Jahren bis kurz nach dem Krieg; nur oberflächlich hingegen werden die weitaus spannenderen Jahrzehnte gestreift, in denen die Dasslers und ihre Firmen den Spitzensport nicht nur zu kommerzialisieren, sondern auch zu korrumpieren halfen. Weil sie nicht nur Stars als Werbefiguren unter Vertrag nahmen, sondern auch für Funktionäre Geldumschläge liegen ließen.

Die Dasslers - Pioniere, Brüder und Rivalen, ARD, Karfreitag und Samstag, jeweils 20.15 Uhr.

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