Facebook:Aus Fett Gold machen

Seit ein paar Tagen zeigt das soziale Netzwerk in den USA unter dem Namen "Watch" auch eigens produzierte Fernsehformate. Der Angriff dürfte allerdings nicht Netflix, sondern einem anderen Anbieter gelten.

Von Kathrin Werner

Die oberste Empfehlung: Ein Video über Fettabsaugen. "Goodbye Fettzellen!", ruft die Moderatorin fröhlich ins Mikrofon. Sie ist eine sehr schlanke Frau, die ihre "Problemzone" um die Hüften loswerden will, vor laufender Kamera. Der Arzt malt mit Filzstift auf ihrer Seite herum, dann bohrt er Löcher in ihren eher schmalen Speck, führt Laser und Schlauch ein, heraus fließt eine gelbbraune Brühe. Die Kamera zeigt alles in Nahaufnahme. Produziert hat das Video das Modemagazin Harper's Bazaar. 86.000 Menschen haben es bereits gesehen - exklusiv bei "Facebook Watch".

In der vergangenen Woche hat das soziale Netzwerk die Videoseite für alle Nutzer in den USA freigeschaltet. In der Desktop-Version von Facebook befindet sich die Rubrik "Watch" nun direkt unter der Chat-Funktion Messenger, es ist ein kleiner blauer Knopf, der aussieht wie ein Fernseher. Wer darauf klickt, landet auf einer Seite mit verschiedenen Videos, die man nur bei Facebook sehen kann. So wie das für das soziale Netzwerk üblich ist, bekommt jeder Nutzer andere Vorschläge, welche Videos er sich anschauen sollte. Nutzer können selbst Videos hochladen, außerdem finanziert Facebook selbst einige Sendungen, die dann nur auf Facebook zu sehen sind. "Watch" ist also eine Mischung aus dem Video-Kanal Youtube, der zu Google gehört, und Streaming-Anbietern wie Netflix oder Amazon Prime Video, die ebenfalls mit Eigenproduktionen wie House of Cards neue Kunden locken wollen.

Bis jetzt gibt es Reality-Formate und billige Comedy zu sehen

Hinter dem neuen Angebot steckt, dass Videos im Netz lukrativ sind. Bislang verdient Youtube das meiste Geld mit Anzeigen, die Videos vorgeschaltet sind. Facebook will Youtube mit Watch nun vermehrt Konkurrenz machen. Die Werbeeinnahmen beim klassischen Fernsehen sinken dagegen. Laut Facebook-Chef Mark Zuckerberg schauten die Menschen schon vor einem Jahr hundert Millionen Stunden Videos auf Facebook, die Zahl soll noch weiter wachsen. Die Werbeeinnahmen will Facebook mit den Produzenten teilen, 55 Prozent gehen an den Hersteller der Inhalte. Das soll dafür sorgen, dass Menschen wie bei Youtube selbst Videos hochladen. Facebook will nicht im großen Stil zum Produktionsstudio werden. Aufwändige eigene Serien wie House of Cards will man offenbar vorerst nicht produzieren.

Alle Videos bei Facebook Watch sind bislang Reality-TV-Formate und billig produzierte Comedy-Sendungen, die meisten sind nur wenige Minuten lang. Beliebt ist zum Beispiel eine Kochshow, in der Kinder einem Profikoch Anweisungen geben. Außerdem gibt es jede Woche ein Baseballspiel der amerikanischen Major League live zu sehen. Auch Fernseh-Spezialisten wie National Geographic und die Weltraumbehörde NASA werden exklusiv für Facebook Watch produzieren.

Wenn ein Video besonders viele Nutzer anzieht, besonders viele Menschen den Like-Knopf drücken oder besonders viele Menschen über ein Video diskutieren, will Facebook es weiterverbreiten und weiteren Menschen vorschlagen. Fernsehen soll nicht mehr so passiv sein wie bislang, sagt Zuckerberg. Deshalb gibt es personalisierte Vorschläge und eine Spalte, in der man sehen kann, welche Videos die eigenen Facebook-Freunde gerade anschauen - gerade etwa einen Kurzfilm über einen amputierten Hund, der dank Prothesen wieder laufen kann.

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