Ex-Twitter-Chef Costolo wird Serienautor:Insider-Witze aus dem Silicon Valley

Serie "Silicon Valley"

Erfolgs-Nerds: Junge Entwickler sind die Protagonisten der US-Serie Silicon Valley.

(Foto: HBO)

In der neuen Staffel der Comedyserie "Silicon Valley" könnte es verstärkt um eine echte Karriere gehen: die von Ex-Twitter-Chef Costolo.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Nein, zum Handbuch für geschasste Silicon-Valley-Geschäftsführer hat Dick Costolo dann doch nicht gegriffen. Das besagt nämlich, dass der klassische Umgang mit der Demission darin besteht, sich erst einmal beleidigt zurückzuziehen und das Unternehmen möglichst kreativ zu beschimpfen. Danach wird eine andere Firma gegründet oder geleitet und am Ende die Position in der ersten Firma zurückerobert.

Steve Jobs hat das bei Apple so gemacht, Steve Huffman bei Reddit oder auch Jack Dorsey bei Twitter, der mittlerweile zum Vollzeit-Geschäftsführer ernannt worden und damit sowohl Vorgänger als auch Nachfolger von Costolo ist.

Costolo, 52, wählt dagegen eine neue Karriere, die im Handbuch im Kapitel "Ausnahmen" verzeichnet ist. Dort ist etwa der ehemalige Microsoft-Chef Steve Ballmer erwähnt, der sich für zwei Milliarden Dollar den Basketballverein Los Angeles Clippers gegönnt hat - oder auch MySpace-Gründer Tom Anderson, dessen Lebensaufgabe es mittlerweile ist, möglichst viele atemberaubende Fotos von außergewöhnlichen Orten auf Instagram zu veröffentlichen.

Alles erlaubt außer Langeweile

In diese Kategorie fällt auch Costolo, der nun als Autor für die Comedy-Serie Silicon Valley arbeitet. Das bestätigte Erfinder und Produzent Mike Judge (Beavis & Butthead). In der Serie geht es um ein Team aus jungen Entwicklern im kalifornischen Technik-Tal, das eine großartige Idee hat und viel Geld verdienen wird - am Ende der zweiten Staffel allerdings wird der Gründer und Geschäftsführer vom Aufsichtsrat gefeuert. Das hört sich ein bisschen wie Costolos Ende nach fünf Jahren als Twitter-Chef an.

"Er hatte gerade keinen Job, also haben wir ihn bei uns aufgenommen", sagt Judge. "Er ist ein witziger Typ, der einen Haufen lustiger Anekdoten auf Lager hat. Bei jeder Reise nach China hat er etwa ein neues Telefon gekauft und am Ende des Trips weggeworfen. Sobald das Handy verbunden war, wurde es automatisch gehackt - und es konnte auch dann abgehört werden, wenn es ausgeschaltet war."

Einige dieser Geschichten verarbeiten Judge und Costolo nun in der dritten Staffel, die im Frühjahr im amerikanischen Pay-TV-Sender HBO ausgestrahlt werden soll. "Meistens geht es darum, dass wir ihm verrückte Ideen vorsetzen", sagt Judge. "Ich frage ihn dann, ob so was tatsächlich passieren könnte." Die Antwort von Costolo sei stets: "Ja, so was passiert andauernd." Das Silicon Valley sei wirklich so verrückt, wie es in der Serie dargestellt werde: "Es ist eine Komödie - und die darf alles sein, nur eines nicht: langweilig."

Unternehmensberater, Manager, Komiker

Mit Komödien kennt sich Costolo aus. Vor seiner Zeit als Unternehmensberater und Manager arbeitete er jahrelang als Bühnenkomiker, stellte in seinem Programm absurde wissenschaftliche Thesen auf wie etwa, dass hässliche Dinge schneller fallen als hübsche oder dass der Schauspieler Keanu Reeves für sämtliche Krisen der Welt verantwortlich sein könnte. Vor seinem ersten Arbeitstag als Chief Operations Officer bei Twitter im September 2009 schrieb er diesen Eintrag beim Kurznachrichtendienst: "Morgen ist mein erster voller Tag als Twitter-COO. Aufgabe Nummer eins: Geschäftsführer untergraben, Macht festigen."

Er ist tatsächlich ein witziger Typ, dieser Dick Costolo, der selbst im Silicon Valley, wo Leute in Badeschlappen und Kapuzenpullis milliardenschwere Unternehmen leiten, immer als schräger Vogel galt, der nicht so recht ins Bild eines Geschäftsführers passen wollte. Er sagte einmal: "Die größte Sünde für einen Menschen ist es, langweilig zu sein."

Das meint er offenbar sehr ernst. Dick Costolo setzt alles daran, kein Sünder zu sein.

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