Enthüllung der New York Times:Bombe ohne Explosion

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US-Medien hatten über Sex- oder Drogenskandale des New Yorker Gouverneurs spekuliert. Nun gibt es tatsächlich eine Enthüllung - doch die lässt die Medien ziemlich dumm aussehen.

Was war in den vergangenen Wochen in den US-Medien nicht alles zu lesen gewesen: Ein "Bombeneinschlag" drohe dem New Yorker Gouverneur David Paterson, weil die New York Times an einer Enthüllungsstory über ihn arbeite, die ihm "sehr großen Schaden" zufügen werde.

Der New Yorker Gouverneur David Paterson (Foto: Foto: AP)

Es war ein Gerücht, mehr nicht, das der Medienjournalist John Koblin per Twitter in die Welt trug. Es genügte jedoch, um zu einem Mittelpunkt der Berichterstattung zu werden. Was, so fragten viele US-Medien, würde dem Gouverneur zur Last gelegt?

Nun hat die New York Times die "Bombe" platzen lassen - und die Enthüllungen enttäuschen all jene, die sich die buntesten Skandalfantasien ausgemalt hatten. So steht nicht Paterson selbst im Mittelpunkt, sondern sein engster Vertrauter David W. Johnson, der vom Gouverneurs-Chauffeur zu einer zentralen Figur der Paterson-Administration aufstieg.

Ende mit Fiepen

Dieser, so berichtet die Times, wäre vor mehr als 20 Jahren als Jugendlicher wegen Drogenhandels verhaftet worden und habe in der Vergangenheit Frauen geschlagen. Letzteres steht zwar im Widerspruch zu Patersons Kampagne gegen häusliche Gewalt, kann ihm aber schwerlich zur Last gelegt werden. Schon gar nicht entspricht es den Erwartungen der Öffentlichkeit, die New York Times würde die Karriere des Gouverneurs mit der Enthüllung über einen Sex- oder Drogenskandal aus der Bahn werfen.

Dass diese Erwartung überhaupt geschürt worden war, ist auch die Schuld der Times: Nachdem die Gerüchte über das Gerücht immer lauter geworden waren, hatte Paterson die Zeitung aufgefordert, die Spekulationen endlich zu beenden. Das Blatt wiederum hatte sich geweigert, dazu Stellung zu nehmen: Man sei nicht dafür verantwortlich, was andere schrieben.

"Die David-Paterson-Geschichte der New York Times ist draußen, und sie ist langweilig" kommentierte das Klatschblog Gawker, das sich selbst an den Spekulationen beteiligt hatte, "der große Paterson-Skandal von 2010 endet mit einem Fiepen."

Für Paterson ist die Debatte um die Gerüchte nur ein weiterer Tiefpunkt seiner bisher wenig glücklichen Amtszeit. In Umfragen liegt der Gouverneur derzeit mehr als 40 Prozentpunkte hinter seinem möglichen Herausforderer Andrew Cuomo, der bei der Wahl im November gegen ihn antreten könnte.

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