Einstiges CSU-Parteiblatt "Bayernkurier":Pfiat di, Kampfblatt

Bayernkurier

Nach 65 Jahren in neuem Gewand: der Bayernkurier.

(Foto: dpa)

Der "Bayernkurier" erfindet sich neu. Die einstige CSU-Parteizeitung will nun Hochglanz-Monatsmagazin mit frischer "Grundtonalität" sein. Klappt das?

Von Max Hägler

So viele Liedermacher und Aufmüpfige in Bayern haben das Blatt besungen, dass der Name gewaltig im Ohr klingt: Der Bayernkurier, das ist doch diese erzkonservative, verstaubte Parteizeitung, mit deren Hilfe die CSU andauernd ihre Mehrheiten einfährt. Da ist etwas dran - und seit der Neugestaltung auch wieder nicht.

Zum Wochenende ist der Bayernkurier renoviert erschienen - und der Inhalt deckt sich nicht mehr mit seinem Ruf. Große Fotos, meist ruhige Texte mit sogar ein ganz klein wenig Humor hat die Redaktion zusammengestellt, die nun vom ehemaligen BR-Moderator Marc Sauber geführt wird.

Es ist ein Bruch mit dem Wesen und Stil, den sich das Blatt im Auftrag von Parteiübervater Franz Josef Strauß über Jahrzehnte erarbeitet hatte: Keine Ausgewogenheit wollte der, sondern das Eingreifen in den publizistischen Kampf "an vorderster Front" und zwar mit "Entweder Oder"-Texten. Entweder CSU wählen oder Deutschland drohe die Machtübernahme durch "Gesindel", "Vandalen" oder wahlweise "Gammler", so las sich das in den 1960er und 1970er Jahren.

Selbst die CSU-nahen Studenten wandten sich ab

So plump wurde in den Kommentaren gedroschen, dass sich irgendwann selbst die CSU-nahen Studenten abwandten vom "Organ der Verdummung". Von 180 000 Exemplaren Auflage schrumpfte das Blatt zur Jahrtausendwende auf die Hälfte zusammen; um das Überleben zu sichern, wurden die Abos kostenpflichtig und die Verwaltung zwischenzeitlich an die FAZ ausgelagert. Nichts half. Schließlich kam auch noch das Internet: die CSU stellt auch dort ihre Argumente für die Stammtische bereit. Jetzt also ein wohl letzter Rettungsversuch, ein Hochglanz-Monatsmagazin statt einer Wochenzeitung. Verbunden mit dem Wunsch, "eine neue Grundtonalität" zu finden, wie Chefredakteur Sauber im Editorial schreibt. Natürlich hat er mit dem derzeitigen CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ein langes Interview geführt - das tatsächlich ein klein wenig frech wird, als Sauber ihm die Unentschlossenheit bei der Energiewende vorhält. "Magazin für Orientierung" steht nun im Untertitel. Wilfried Scharnagl, der das Blatt lange geleitet und den Ruf begründet hat, darf schon noch eine Kolumne schreiben. Aber einige Seiten weiter ordnet Staatsrechtler Paul Kirchhof mit liberaler Haltung das Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein. Und die Titelstrecke über das G7-Treffen in Elmau ist schlicht nachrichtlich. Nur im Interview mit CSU-Innenminister Joachim Herrmann werden die Journalisten so robust wie früher: "Nehmen wir an, der casus belli, der Kriegsfall tritt ein", fragen sie - wie werde die Polizei reagieren? Damit sind aber nur größere Demos gemeint. Herrmann antwortete übrigens ganz sachlich. Ein paar Seiten weiter versucht noch der CSU-Generalsekretär in der unterhaltsamen Rubrik "Einspruch" Aussagen der SPD-Arbeitsministerin über den Mindestlohn auseinanderzunehmen. Recht viel konservativer wird es nicht - stattdessen ist hinten eine taz-Karikatur nachgedruckt.

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