"Einfach magisch" mit Judith Rakers in der ARD:Ohne Zauber

Judith Rakers moderierte die ARD-Sendung "Einfach Magisch - Die große Show der Promizauberer" im Europapark in Rust.

Judith Rakers moderierte die ARD-Sendung "Einfach Magisch - Die große Show der Promizauberer" im Europapark in Rust.

(Foto: dpa)

Was ist bloß los mit der ARD? Sie lässt ausgerechnet "Tagesschau"-Sprecherin Judith Rakers eine Zaubershow moderieren, in der Semi-Promis und Magier mit billigen Tricks gegeneinander antreten. "Einfach magisch" soll das sein. Dabei ist es: eher peinlich.

Eine TV-Kritik von Ruth Schneeberger

Besonders vertrauensbildend wirkt das eher selten, wenn Personen des öffentlichen Lebens, die hauptberuflich mit journalistischem Handwerk in Verbindung gebracht werden, im Nebenberuf nach anderen Pfeifen tanzen oder tanzen lassen.

Als Johannes B. Kerner etwa im ZDF versuchte, sich als abendlicher und ernstzunehmender Talkmaster zu profilieren, gleichzeitig aber TV-Werbung für Wurst machte, fanden das nicht alle so richtig professionell. Was wäre zum Beispiel, wenn er in seiner Sendung mal jemanden aus der fleischverarbeitenden Industrie interviewen sollte oder wollte? Auch Günther Jauch wirkte in seiner Doppelrolle als Hardline-Talker im Ersten und Millionengewinn-Onkel bei RTL nicht immer gleich glücklich besetzt. Aber im Fernsehen gelten eben andere Gesetze, und so kam die ARD nun auf die bahnbrechende Idee, ausgerechnet Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers eine eigene Entertainment-Show zu geben, und zwar eine mit Magiern.

Eine Nachrichtensprecherin, wie sie im Buche steht

Moment, fragt man sich da, war die Tagesschau nicht mal das Flaggschiff des seriösen Nachrichtenjournalismus im TV? Haben die Moderatoren es jetzt wirklich nötig, sich ein Zubrot zu verdienen, und dann noch ausgerechnet mit Zauberei?

Und - reibt man sich verwundert die Augen - stand nicht Judith Rakers gerade trotz ihres Aussehens, das sie durchaus für eine Show-Karriere qualifizieren würde (groß, blond, schlank, überdurchschnittlich attraktiv), in besonderem Maße für eine distanzierte, leicht unterkühlte, aber angenehm professionelle Haltung gegenüber den mehrheitlichen Schreckensnachrichten, die sie Abend für Abend zu verkünden hat?

Rakers ist eine Nachrichtensprecherin, wie sie im Buche steht, jung und hübsch, aber schon Vollprofi. Abgesehen davon, dass ihre blonde Mähne im Nachrichtenprogramm meist wie seitlich festgetackert wirkt, machte sie ihren Job bisher tadellos. Und dieser Anlass leichter Irritation im sonst perfektionierten Auftritt lag wohl auch eher an den öffentlich-rechtlichen Friseuren als an ihr. ARD-Wetterfee Claudia Kleinert trägt auf dem Bildschirm seit Jahren eine ähnlich betonierte Haarpracht zur Schau.

Was in Gottes Namen also mag die ARD bewogen haben, ausgerechnet diese Judith Rakers nun auf die andere, die triviale Seite zu befördern? Ihr eine eigene Entertainment-Show zu geben, wo sie doch schon in der Live-Moderation mit Anke Engelke und Stefan Raab beim Eurovision Song Contest 2011 keine besonders gute Figur gemacht hatte? Man hätte sich denken können: Gut, Showmoderation ist ihre Sache nicht, es muss ja auch nicht jeder alles können.

Showprogramm in ARD-Blau

Stattdessen wird die seriöse 36-jährige Nachrichtendame nun in einen blauen Glitzerfummel und Highheels gezwängt, die ihr ohne Zweifel auch gut stehen. Was ihr nicht so gut steht, sind: die große Bühne, der neue Umgang, das Entertainment, und vor allem: das Halbseidene.

Nun sitzt sie also am Montagabend nach der Tagesschau, also eigentlich zur besten Sendezeit, zwischen zwei tief dekolletierten Blondierten (auch die stets aufgedrehte Claudia Kleinert ist diesmal dabei, außerdem Schauspielerinnentochter Sophia Thomalla mit dauerhaftem Schlafzimmerblick) und Herren in dunklen Anzügen (die Schauspieler Erol Sander und Marco Rima in sehr anzüglicher, die Magier Peter Valace, Desimo, Topas und Michel Gammenthaler in eher aufgeregter Stimmung) auf der Showbühne in der ARD und soll gute Laune verbreiten in einer schlechten Show. Das wirkt anfangs noch verklemmt und bemüht, gegen Ende hin lockert Rakers sogar auf und zeigt, dass sie auch schlagfertig und sogar ein bisschen lustig sein kann.

Nur die wichtigsten Eigenschaften, die für die Moderation einer solchen Show eigentlich vonnöten wären, die hat sie einfach nicht: die Lockerheit, ein bisschen Ungezwungenheit, damit sich Gäste und Publikum wohlfühlen. Und die braucht sie in der Tagesschau auch nicht.

Es haben sich schon andere Tagesschau-Blondinen auswärts verhoben: Von Susann Stahnke hörte man nach der öffentlichen Spiegelung ihres Dickdarms und der Veröffentlichung erotischer Fotos nichts mehr, von Eva Herman wollen wir an dieser Stelle lieber vornehm schweigen. Auch Judith Rakers wäre wohl besser beraten, würde sie bei ihren Leisten bleiben.

Eine Show, die an schlechte Schulaufführungen erinnert

Und diese merkwürdige Personalie war dann auch schon das einzig Bemerkenswerte an diesem ansonsten abgenudelten Showkonzept. Die Magier traten zusammen mit jeweils einem Showpartner als "Zauber-Teams" gegeneinander an - mit albernen Namen wie "Team Glamour", "Team Action", "Team Comedy" und "Team Ratpack". Erwartungsgemäß wurden Zaubertricks vorgeführt, die ebenso erwartungsgemäß mehr oder weniger verblüfften. Einiges erinnerte an schlechte Schulaufführungen, anderes war ganz unterhaltsam, unterm Strich: ein gestriges Showprogramm in ARD-Blau.

Einziger Trost: Einige der Zaubertricks wurden aufgedeckt und erklärt. Es wurde also zumindest nicht der Fehler begangen, den Zauber-Schmuh irgendwie als echt zu verkaufen. Und ein paar kleinere Zuschauer können demnächst auf dem Pausenhof mit ähnlichen Tricks glänzen.

Und Judith Rakers' Image? Lässt sich womöglich noch retten. Wenn sie jetzt mit dem faulen Zauber aufhört und sich auf ihre Stärken konzentriert, haben die Fernsehzuschauer vielleicht doch noch länger was von ihr.

Doch es steht zu befürchten, dass wieder einmal ein absurdes Showkonzept auftaucht, das es mit einer Blondine zu besetzen gilt, die auch sprechen kann. So antiquiert scheinen sie wohl leider noch zu sein, die Strategien im Showbiz.

Vielleicht ziehen sie bei der ARD aber eine Lehre aus den Quoten. Denn die Zuschauer goutierten das Pilotprojekt wahrlich nicht: Nur 2,14 Millionen sahen zu, darunter nur 3,3 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen und 6,7 Prozent des Gesamtpublikums. Das liege für die Primetime "meilenweit" unter den Normalwerten der ARD, urteilt Branchendienst Kress die Sendung als "komplett durchgefallen" ab.

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