"Eine Hand wäscht die andere" auf Arte:Alles nur Zufall

Eine Hand wäscht die andere

Korruption in der norddeutschen Provinz: Verkehrpolizist Basti (Wilfried Mahler, rechts) nimmt den eben ausgestellten Strafzettel zurück, als er merkt, dass der Wagen Chlodwig Pullmann (Ulrich Noethen) gehört.

(Foto: © NDR/Josefine Film)

Arte zeigt Ulrich Noethen als korrupten Finanzbeamten Chlodwig Pullmann. Als sein Syndikat aus Gefälligkeiten und Bestechungen kollabiert, ist plötzlich seine ganze Familie involviert. So viele Koinzidenzen wirken zwar realitätsfern - doch das Drehbuch will es so.

Von Viola Schenz

Polizeigeschichten aus der Provinz bietet der deutsche Fernsehabend zur Genüge, und jetzt auch noch eine Finanzamtsgeschichte. Steueroberinspektor Pullmann (Ulrich Noethen) hat es sich in seinem Job herrschaftlich eingerichtet: Als Betriebsprüfer drückt er meist ein Auge zu, im Gegenzug kriegt er seinen Haarschnitt umsonst, frischen Spargel geschenkt, den Strafzettel unter dem Scheibenwischer seines Luxusjeeps entfernt.

Über die Jahre hat er in dem norddeutschen Städtchen ein florierendes System zu seinen Gunsten aufgebaut. Doch dann kommt ein neuer Chef, das Syndikat aus Gefälligkeiten und Bestechungen kollabiert.

Auch daheim, im Wohnzimmer mit Klinkersteintapete, kündigt sich Ärger an. Ausgerechnet, welch' Drehbuchzufall, Ehefrau Jenny (Steffi Kühnert) leitet das Aktionsbündnis, das die örtliche Korruption bekämpft. Sie ahnt nichts von den Machenschaften des Gatten.

Es gibt in dem Film von Hermine Huntgeburth (Die weiße Massai, Effi Briest) überhaupt zu viele zufällige Verbandelungen. Sohn Torben (Kristo Ferkic) tritt mit seinen 13 Jahren in die kriminellen Fußstapfen seines Vaters und betreibt einen halblegalen Konzertkartenhandel: Für das Startkapital verschwört er sich mit seinem Onkel Johnny (Peter Lohmeyer), der beim Elektrohändler im Ort aushilft, der wiederum mit Pullmann unter einer Decke steckt - der Filmtitel ist Programm.

Die Beziehungen sind genauso überzeichnet wie die Personen und Ereignisse. Wenn gestritten wird, fliegen gleich Kartons und Zuckerdosen. Und es bleibt unklar, warum alle durchgehend in beige-braunen biederen Klamotten rumlaufen, die sie in die Fünfzigerjahre versetzen; vielleicht stellen sich Drehbuchautoren Kleinstädter im Dunstkreis von Finanzbehörden so vor.

Jeder versteht, wo es weitergeht

Der Zuschauer aber wird zielsicher geleitet: Wenn die nächste Szene im Finanzamt oder Rathaus spielt, kann er sich darauf verlassen, dass die Kamera lange auf ein Gemäuer mit Riesenschriftzug "Finanzamt" oder "Rathaus" hält, so dass auch der langsamste und kurzsichtigste versteht, wo es weitergeht. Dass solche Einrichtungen für gewöhnlich dezenter im Straßenbild auf sich hinweisen, macht ja nichts.

Also: Das System fliegt auf, Pullmann wird vom Dienst suspendiert, trägt fortan Bermudas unter dem Beamtentrenchcoat und widmet sich dem Putzen seines Wohnwagens, den er auf dem Rasen zwischen Haus und Deich geparkt hat. Die Geschichte endet, wie es sich für eine deutsche TV-Komödie gehört. Alles wird gut - zumindest für Pullmann.

Eine Hand wäscht die andere, Arte, 20.15 Uhr.

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