"Ein offener Käfig" im Ersten:Belangloser Bildungskitsch

Ein offener Käfig SWR Oliver Mommsen Martin Feifel

Bruderhilfe: Robert (Oliver Mommsen, l.) nimmt Georg (Martin Feifel) auf.

(Foto: SWR/Peter A. Schmidt)

In "Ein offener Käfig" schlüpft ein Vergewaltiger bei seinem Bruder unter. Die Botschaft ist klar: Jeder hat das Recht auf eine zweite Chance. Mehr gibt der ARD-Problemfilm aber auch nicht her.

Von Katharina Riehl

Dem gebührenfinanzierten Fernsehen hat der Gesetzgeber einen sogenannten Bildungsauftrag mit auf den Weg gegeben, es werden also Nachrichten und Dokumentationen gesendet - und manchmal kann man die Kollateralschäden einer solchen Ernsthaftigkeitsverpflichtung in Fernsehfilmen bewundern.

Gesellschaftlich relevante Themen (Komasaufen bei Jugendlichen, Steuerhinterziehung) werden in parabelhafte Problemstücke verpackt und von bekannten Schauspielern aufgeführt, die dann im Presseheft brav über die Wichtigkeit der Botschaft referieren. Nach dem Film diskutieren Politiker das Thema gerne noch bei Anne Will.

Das Schwein muss weg

Diese Woche steht die Resozialisierung von Sexualstraftätern auf dem Lehrplan der ARD. Oliver Mommsen, im wahren Leben Tatort-Kommissar, spielt einen Autohausbesitzer aus dem Badischen, der gerade dabei ist, mit schwangerer Freundin und Patchwork-Tochter eine Familienidylle aufzubauen. Wenn da bloß sein Halbbruder Georg (Martin Feifel) nicht wäre: Der nämlich hat vor 15 Jahren mehrere Frauen vergewaltigt, saß im Knast und in Sicherungsverwahrung und soll jetzt resozialisiert werden - im Gästezimmer des Autohausbesitzers.

Dessen Familie findet das erwartungsgemäß weniger witzig, das halbe Dorf steht bald Plakate schwenkend vor der Haustür, die Botschaft ist klar: Das Schwein muss weg. Noch klarer aber ist die Botschaft des Films: Auch ein Schwein hat ein Recht auf eine zweite Chance. Und ein Rechtsstaat muss ihm diese verschaffen.

Gegen all das ist nichts zu sagen, der SWR-Film Ein offener Käfig (Regie: Johannes Grieser) ist politisch schwer in Ordnung, hat die Opfer im Blick und auch der Straftäter hat es natürlich als Kind nicht leicht gehabt. Filmisch aber ist das alles völlig belanglos, kein Dialog ist überraschend, keine Figur wirklich interessant. Im Anschluss zeigt die ARD noch eine Doku zum selben Thema. Anne Will ist noch in der Sommerpause.

Ein offener Käfig, ARD, 20.15.

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