"Dverse-Media"-Konferenz:Kollegin Vielfalt

Offen, innovativ, divers will die Medienbranche sein. Doch wie diesen Anspruch mit Leben füllen? Eine Tagung in Hamburg suchte nach Antworten. "Spiegel"-Chef Klaus Brinkbäumer forderte, "über Jahrzehnte konservierte Spielregeln" aufzubrechen.

Von Anna von Garmissen

Ein Hauch von Frank Zappa wehte durch die Räume des gastgebenden Spiegel-Verlags. "Mit dem Geist ist es wie mit einem Fallschirm", hat der Rock-Sänger einmal gesagt. "Wenn er nicht offen ist, funktioniert er nicht."

Offen. Innovativ. Vielfältig. Mit diesen Attributen schmückt sich die Medienbranche gern. Aber wie soll man den Anspruch mit Leben füllen? Rund 120 meist weibliche Teilnehmer nutzten auf der ersten "Dverse-Media"-Konferenz am vergangenen Freitag in Hamburg die Möglichkeit, sich inspirieren zu lassen. Zu Gast waren etwa Pulitzerpreisträgerin Anne Kornblut, Siemens-Vorstand Janina Kugel sowie Spitzenvertreter etlicher Medien, von öffentlich-rechtlichen Sendern über Wirtschaftszeitschriften bis zu Tageszeitungen.

"Dverse Media" geht zurück auf eine Idee von Susanne Amann vom Spiegel und Astrid Maier von der Wirtschaftswoche. Vor etwa einem Jahr unterhielten sich die beiden Journalistinnen auf Skype über die Verleihung eines Wirtschaftsjournalistenpreises. "Da standen wieder einmal nur Anzugträger mittleren Alters auf dem Podium", erzählt Amann. Gemeinsam beschlossen sie, einen Verein zu gründen. "Wir brauchen gerade angesichts des Medienwandels zündende Ideen", sagt Maier. "Und die entstehen am besten in diversen Teams."

Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer zeigte sich selbstkritisch. "Beim Spiegel hieß entscheiden immer Härte, Abwesenheit von Kommunikation - und damit auch von Innovation", so Brinkbäumer. Jetzt gelte es, "über Jahrzehnte konservierte Spielregeln" aufzubrechen und frei von Ängsten und Hierarchien zu diskutieren. Immerhin: Nach dem jüngsten Wechsel an der Redaktionsspitze von Spiegel Online sind mehr als ein Drittel der Führungskräfte des Verlags weiblich.

Doch wie kommt man als Frau nach oben? Anja Reschke, bekannt als Panorama-Moderatorin, leitet beim NDR die Abteilung Innenpolitik. Und sagt: "Der Verein Pro Quote hat eine entscheidende Rolle gespielt." Erst der öffentliche Druck, den die Initiative seit fünf Jahren erzeugt, habe einen Wandel in Gang gesetzt. Auch Patricia Schlesinger sieht das so. "Quote ist kein gutes Instrument", sagt die RBB-Intendantin. "Aber ich weiß kein besseres." Sie ermutigt Frauen, Führungspositionen anzustreben: "Wir wollen es, wir können es und es ist toll, wenn wir etwas bewegen."

Julia Jäkel ist seit drei Jahren Chefin des Verlags Gruner + Jahr - und hat in dieser Position auch unpopuläre Maßnahmen ergriffen. Wie haben ihre männlichen Mitarbeiter auf sie als machtvolle Frau reagiert? "Ein Unternehmen muss sich daran gewöhnen, dass sich Stil, Sprache, Atmosphäre ändern - das ist schon so", sagt Jäkel. "Die Verunsicherung legt sich dann aber auch wieder." Die Gesellschaft sei noch immer dabei zu lernen, dass mehr und mehr Frauen an der Spitze stehen.

In Sachen Vielfalt und Frauenförderung haben viele deutsche Redaktionen noch Nachholbedarf - doch der Fallschirm, von dem Frank Zappa sprach, der öffnet sich allmählich.

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