Dschungelcamp-Nachlese: Tag 9:Sara ist klüger als RTL

Dschungelcamp, RTL, Sara Kulka

Tatsächlich schlauer als der Rest? Ex-Topmodel-Kandidatin Sara Kulka

(Foto: SZ.de/Katharina Bitzl/RTL)

Warum ist eine Ex-Topmodel-Kandidatin cleverer als ein Fernsehsender? Warum hat nur Walter Freiwald Bock? Und wer zur Hölle ist Aurelio Savina? Gedanken zum neunten Tag des Dschungelcamps.

Von Dominik Fürst

Wer fällt auf im TV-Dschungel?

16 Tage, elf Möchtegern-Promis, eine Dschungel-Kulisse - und zwei Strippenzieher im Baumhaus. Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! (RTL) geht in die neunte Runde. Wer ist dieses Jahr als Zicke besetzt? Wer spielt Psychospielchen? Und was steht bei der Ekelprüfung auf dem Menü? Süddeutsche.de sagt jeden Morgen, wer aufgefallen ist: in der täglichen Einzelkritik zum Dschungelcamp.

Samstagabend, 22.15 Uhr. Im Ersten läuft ein Schwedenkrimi, im ZDF zögert sich der Beginn des Sportstudios hinaus. Weil auch die anderen Fernsehkanäle keinen relevanten Grund liefern, diesen Abend zu Hause zu verbringen, hätte man eigentlich in die Kneipe gehen müssen, ins Kino oder die Zeit mit der Familie verbringen. Aber dafür ist es jetzt zu spät. Also sitzt man vor dem Fernseher, weil es die Pflicht gebietet, und verfolgt das RTL-Dschungelcamp. Auf 105 Minuten ausgedehnt, wirft die Samstagsepisode Fragen auf - der Zuschauer gerät ins Nachdenken.

Erster Gedanke: Wer zur Hölle ist Aurelio Savina?

Ein gutaussehnender vollbärtiger Mann steht im Zeltlager und sagt: "Ich bin der Wolf, ich entscheide." Worüber er entscheidet, wird nicht unmittelbar klar, seinen Punkt unterstreicht der Unbekannte trotzdem: "Der Stärkste vom Camp ist der Leitwolf. Und ich bin der Stärkste."

Eine schnelle Internet-Recherche ergibt, dass es sich beim Leitwolf des Dschungelcamps um Aurelio Savina handelt, ein deutsch-italienisches Model aus Hagen in Nordrhein-Westfalen. Doch so aufregend seine ersten beiden Sendeminuten sind, so wenig gibt es von ihm im weiteren Verlauf zu erfahren. Aurelio Savina, Sinnbild des Dschungelcamps 2015: eine Trauerveranstaltung ohne stringenten Handlungsverlauf oder dramaturgische Höhepunkte.

Zweiter Gedanke: Wieso hat nur Walter Freiwald Bock?

Der Einzige, der Lust hat auf Inszenierungen, Spielchen mit dem Zuschauer und aufregende Momente im Dschungel-Alltag, ist der einstige Ko-Moderator Walter Freiwald (der immer, das wissen wir bereits, von Ex-Chef Harry Wijnfoord kleingehalten wurde). In einer einzigen Sendung zeigt er mehr Emotionen als seine Mitbewohner in ihrer ersten Australien-Woche zusammen. Weil ihm RTL ohnehin schon zu viel Aufmerksamkeit widmet, hier nur eine kurze Auflistung seiner Sendemomente am Samstag: Walter weint, Walter hat Angst vor Maren, Walter versöhnt sich mit Maren, Walter weint schon wieder, weil er seine Frau vermisst ("Sie ist ein Teil von mir."). Ach ja: Walter hatte eine schreckliche Kindheit.

Dritter Gedanke: Was ist los mit Maren Gilzer?

Maren Gilzer, die Ex-Glücksrad-Buchstaben-Umdreherin, vor der sich Walter fürchtet, muss an Tag 9 zusammen mit Ex-Boygroup-Sänger Benjamin Boyce zur Dschungelprüfung antreten. An ein senkrecht stehendes Teufelsrad geschnallt, gerät die für Maren zur Denkaufgabe: Sie muss - Achtung, Ironie - Begriffe buchstabieren, während die Köpfe der Prüflinge in regelmäßigen Abständen unter Wasser getaucht werden. Von 18 mittelschweren Wörtern, die in der richtigen Reihenfolge auch eine Vorhersage sein könnten (etwa Dschungelkönigin, Highlight, Euphorie, Therapie), buchstabiert sie zehn richtig und acht falsch. Weil sich auch Benjamin mit seinem Teil der Aufgabe (Kugelwerfen) schwer tut, springen nur zwei Abendessen für die Gruppe heraus. Maren ärgert sich (sagt sie zumindest), äußerlich wirkt sie indes genauso entspannt wie an den acht Tagen zuvor. Vermutlich der esoterische Typ.

Vierter Gedanke: Ist Sara einfach schlauer als alle Anderen?

Sara Kulka, eine Ex-Germany's-Next-Topmodel-Kandidatin, soll die Nacht zusammen mit Aurelio in einer Kammer verbringen, ohne zu schlafen, mit nur einer Matratze im Raum. Sie fühlt sich auf der Stelle unwohl, auch wenn ein Korb mit Wein und Käse sie zum Bleiben überreden soll. "Ich weiß nicht, was ich machen soll, weil ich auch 'n' Mann zu Hause sitzen hab'", sagt Sara. Wie viel Vertrauen hat diese junge Frau in ihre Beziehung und sich selbst, wenn sie sich nicht eine Nacht neben einem nordrhein-westfälischen Model zutraut, ohne schwach zu werden?

Aber dann wiederholt Aurelio den halb-lächerlichen und halb-widerlichen Satz: "Wichtig ist, dass du dich wohl dabei fühlst", und der Zuschauer gerät ins Nachdenken: Was, wenn Sara gar nicht schlecht von sich, sondern nur schlecht von Aurelio und RTL denkt? Was, wenn sie einfach keine Lust hat auf diese leicht durchschaubare Falle, auf dieses Spielchen für die Quote? Es ist der ziemlich plumpe Versuch, einer langweiligen Sendung einen potenziell erotischen Augenblick abzuringen. Andererseits: Subtilität, das sollte nach neun Staffeln klar sein, ist kein Merkmal der Show.

Fünfter Gedanke: Wie lange dürfen Sonja Zietlow und Daniel Hartwich uns noch nerven?

An Sonja Zietlow hat sich der Zuschauer nach acht Staffeln des Dschungelcamps einigermaßen gewöhnt. Bei Ko-Moderator Daniel Hartwich ist das nicht so einfach. Im Gegenteil. Je häufiger man ihn sieht, desto mehr geht er einem auf die Nerven. Das liegt in erster Linie an seinem oberlehrerhaften Ton, den er besonders gern während der Dschungelprüfung an den Tag legt: "Du darfst nicht vorsagen, Benjamin, sonst müssen wir diese Runde leider aussetzen." Oder (besserwisserisch, weil Maren das Wort "Buschschweinsperma" falsch buchstabiert): "Nein, meine Liebe, es ist nicht der Buschwein."

Eine abschließende Überlegung, dann sind die zwei Stunden Dschungelcamp überstanden: Wann beginnt RTL eigentlich, nicht nur bei den Kandidaten, sondern auch bei den Moderatoren zu rotieren? Antworten auf all diese Fragen nimmt die Redaktion von Süddeutsche.de im Übrigen gerne unter debatte@sz.de entgegen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: