Dschungelcamp-Finale im TV:Warum Brigitte Nielsen Dschungelkönigin werden musste

Brigitte Nielsen, die einst kurz in Hollywoods A-Liga spielte, ist Deutschlands neue "Dschungelkönigin". Mit dem Traum von Hollywood hat dieser Erfolg nichts mehr zu tun. Sehr wohl aber mit Leistungssport - was Reality-TV letzlich ist. Und die 48-Jährige kämpfte schon lange.

Andrian Kreye

Man sollte das Genre des Reality-TV erst einmal auf seine Essenz reduzieren, bevor man sich überlegt, was es bedeutet, dass Brigitte Nielsen, eine 48-jährige Dänin aus Hollywood, die Dschungelkönigin der sechsten Staffel Ich bin ein Star - holt mich hier raus! wurde. Egal, ob gesungen, gekocht oder wie im Dschungelcamp mit Hemmschwellen gerungen wird - Reality-TV ist letztlich nichts anderes als Sport. Man kann Reality-TV zwar genauso wie den Sport mit Analogien auf die Gesellschaft oder Moraldebatten überhöhen. Da aber tut man der Gesellschaft und der Moral unrecht. Denn es geht letztlich nur um Wettkampf. Und für den gibt es auch im Reality-TV klare Regeln.

Brigitte Nielsen Promi Big Brother

Brigitte Nielsen im Dschungelcamp: Im Werben um die Sympathien des Publikums ist sie eine der erfahrensten Kämpferinnen. 

(Foto: RTL/Stefan Menne)

So war es letztlich kein Wunder, dass Brigitte Nielsen aus dem Wettkampf im australischen Dschungelcamp als Siegerin hervorging. In der Disziplin, die in den angelsächsischen Mutterländern des Reality-Fernsehens "popularity contest" genannt wird, im Kampf um die Sympathien des Publikums also, ist sie eine der erfahrensten Kämpferinnen. Sie erinnert, wenn sie denn überhaupt an jemanden als sich selbst erinnert, am ehesten an George Foreman, den Schwergewichtsboxer, der vor allem für seine Niederlage gegen Muhammad Ali berühmt wurde und es dann mit geradezu greisen 45 Jahren noch einmal zum Weltmeister brachte.

Auch Brigitte Nielsen kämpft schon lange. Sie wusste immer, dass Hollywood eine grausame Stadt ist, in der mehr Träume zerstört als verwirklicht werden. Dabei hatte sie es erst mal bis in die A-Liga geschafft. Anfang der achtziger Jahre wurde sie als Model entdeckt. Die großen Fotografen Greg Gorman und Helmut Newton fanden in der 1,84 Meter großen Blonden einen Idealtypus.

Das jamaikanische Ex-Model Grace Jones war Popstar der Stunde und hatte die androgyne Amazone als Archetyp des Zeitgeists etabliert. Brigitte Nielsen kam als blonder Gegenpol wie gerufen. Hollywood folgte wie so oft der Modeindustrie. 1984 bekam Nielsen die Hauptrolle in dem Barbarenfilm Red Sonja, mit dem Arnold Schwarzenegger seine Karriere festigen sollte, die gerade mit den beiden Conan-Filmen und Terminator begonnen hatte.

Nielsen war Zeitphänomen

Dann ging alles ganz schnell. Brigitte Nielsen belagerte und verführte Actionstar Sylvester Stallone, spielte mit ihm im vierten Teil der Rocky-Serie und im Actionthriller Cobra. Im Dezember 1985 heirateten sie. Als Nächstes bekam sie eine Rolle in Eddie Murphys Beverly Hills Cop 2. Dann ging ihr Lauf in der A-Liga auch schon wieder zu Ende. Sie war ein Zeitphänomen und diese Zeit war vorbei. Hollywood wurde ihrer überdrüssig.

1987 kam die Scheidung von Sylvester Stallone und der Beginn einer langen Reihe von Ehen und Affären. Sie versuchte sich als Sängerin, spielte in Dutzenden Filmen, die es oft nicht einmal mehr in die Kinos schafften. Reality TV war für Brigitte Nielsen wie für so viele Ex-Stars die Rettung. Es schaffen ja nicht sehr viele, nach kurzem Ruhm in einen anderen Beruf auszuscheren. Meist ist das Geld der großen Zeit schnell weg. Dann muss Arbeit her. In Reality-Sendungen kann man nun seinen Restruhm vermarkten. Brigitte Nielsen gehört zu den wenigen, die sich in diesem Genre eine richtige zweite Laufbahn aufbauten.

Zimperlich darf man dabei nicht sein. So setzte sich Brigitte Nielsen zusammen mit ihrer Ex-Schwiegermutter Jackie Stallone in den Container von Celebrity Big Brother, sie stellte ihre Affäre mit dem Rapper Flavor Flav in den US-Sendungen The Surreal Life und Strange Love zur Schau, ließ ihre Schönheitsoperationen von RTL für Aus alt mach neu filmen und kurierte ihre Alkoholsucht in der Sendung Celebrity Rehab.

Dass sie dabei bis heute bei aller Skurrilität eine Sympathieträgerin geblieben ist, dankte ihr das RTL-Publikum nun mit der Wahl zur Dschungelkönigin. Nein, mit dem Traum von Hollywood hat das nichts mehr zu tun. Sehr wohl aber mit Leistungssport der härteren Art.

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