Drogen gehen im Privatfernsehen immer. Die Rede ist nicht von etwaigen Konsumgewohnheiten hinter den Kulissen, sondern vom wohligen Grusel der Illegalität, der sich beim Publikum offenbar einstellt, wenn sich jemand stellvertretend auf jene Art von Trip begibt, die man nicht im (Online-)Reisebüro buchen kann. Ob im RTL-Selbstversuchslabor Das Jenke-Experiment, betrieben von Jenke von Wilmsdorff, dem furchtlosesten Fünf-Tage-Bart Kölns ("Der macht das wirklich!") oder bei seinem Pro-Sieben-Pendant, dem eher flaumbärtigen Thilo Mischke - im Dienste der Quote wird geraucht und geschluckt, was der Fernsehjournalist aushält.
In der ersten Folge der zweiten Staffel von Uncovered zum Thema "Rausch" ("Drogen" gab's schon in der ersten) isst Mischke Magic Mushrooms in Mexiko und durchlebt Todesängste, bis er mit dem Rausch seinen Frieden macht. Klar, drollig anzuschauen ist es, wenn Mischke zuerst panisch und dann ganz tapsig und zutraulich wird, der Erkenntnisgewinn hält sich aber in Grenzen: Drogen sind krass - ach was!
Mischke ist das (großflächig öffentlich plakatierte) Gesicht von Uncovered. Und wird dem Pro-Sieben-Zuschauer trotzdem wiederholt per Bauchbinde als "Thilo Mischke, Journalist" vorgestellt, ganz so, als tauche er gerade zum allerersten Mal auf. Mischke fungiert auch als Sprecher - und trotzdem gibt es noch eine zweite Off-Stimme in Uncovered. Verstehen muss man das alles nicht.
Doch es lohnt sich durchzuhalten, denn im weiteren Verlauf der (Doppel-)Folge wird echtes Interesse am Thema und den Zusammenhängen spürbar: Mischke besucht marokkanische Haschischbauern und spürt Dealer auf, die bereit wären, für einen Bruchteil des hiesigen Verkaufspreises bis nach Deutschland zu liefern. Mischke gelingt es, ein Bewusstsein für die bei Drogenanbau und -handel allgegenwärtige Ausbeutung im Herkunftsland zu schaffen - Aufklärung? Im Privatfernsehen? Kaum zu glauben, aber wahr.
Wirklich beklemmend wird die Sendung durch Mischkes Reise auf die Philippinen. Auf den Straßen der Hauptstadt Manila begleitet er einen einheimischen Journalisten durch dessen "Friedhofsschicht", wie die nächtlichen Touren zu Leichenfundorten genannt werden, und erlebt den Drogenkrieg an vorderster Front. Dealer wie Süchtige fallen ihm zum Opfer, zu Tausenden ermordet mit Billigung von Präsident Rodrigo Duterte. Thilo Mischke nimmt sich Zeit, versucht, genau hinzuschauen, räumt aber zugleich ein, dass die Lage unübersichtlich ist - zumal für einen Besucher aus Deutschland: "In dieser Nacht bleiben viele Fragen offen."
Wie der einheimische Journalist zum Scharfmacher Duterte steht, will Mischke etwa wissen. "Ich denke, wir brauchen einen starken Führer." Eine Antwort, die nur noch mehr Fragen aufwirft.
Uncovered, Pro Sieben, 21.10 Uhr.