Doku-Serie auf Arte:Auf John Steinbecks Spuren durch die USA

Lesezeit: 2 min

Der Schauspieler August Zirner wurde in Amerika geboren, lebt aber schon lange in Europa. (Foto: Catharina Kleber/ZDF)

Inspiriert vom Literaturnobelpreisträger wollen Schauspieler August Zirner und sein Hund Amerika erklären. Aber die Adaption will nicht recht gelingen.

TV-Kritik von Viola Schenz

Es war 1960, als der spätere Literaturnobelpreisträger John Steinbeck mit seinem schwarzen Pudel Charley auf einen mehrwöchigen Roadtrip quer durch die USA aufbrach. Er fuhr in einem zum Wohnwagen umgebauten Laster, den er Rocinante nannte, nach Don Quijotes Pferd. Zwei Jahre danach erschien der Reisebericht Travels with Charley: In Search of America - und wurde ein Bestseller.

Ein halbes Jahrhundert später und in einer Zeit mit viel transatlantischem Erklärungsbedarf begibt sich nun August Zirner samt jenem Buch und Hündin Betsy auf Steinbecks Spuren durch die USA. Der 60 Jahre alte Schauspieler ist in den USA als Kind österreichischer Juden geboren, lebt aber seit mehr als 40 Jahren in Europa. Losgeschickt haben ihn die Produzenten Hannes Rossacher und Catharina Kleber, Tochter von ZDF-Mann Claus Kleber. Das Ergebnis ist eine Doku in fünf Teilen, jeweils eine knappe halbe Stunde lang, mit Stopps in New York, Washington, D. C., Atlanta, Las Vegas, San Francisco. So recht gelingen mag die Steinbeck-Adaption aber nicht.

Muss man im Jahr 2016 wirklich noch New York vorstellen?

Steinbeck besuchte das unbekannte Amerika, das Amerika der Kleinstädte, der Nebenstraßen, der "einfachen Leute". Zirner ist im Großstadt-Amerika unterwegs, er hält an berühmten Orten, er spricht selten mit einfachen Leuten, hauptsächlich mit "Experten". Ihnen stellt er sehr unspektakuläre Fragen: "Wie ist es, in Washington zu leben?", "Was bedeutet es für Sie, unterwegs zu sein?". Es gibt keinen Erkenntnisgewinn, stattdessen wird längst Bekanntes bestätigt: "Der Las-Vegas-Strip ist wirklich ein sehr skurriler Ort." "Die weite, offene Asphaltpiste: Auf Amerikas Straßen erlebt man ein spezielles Gefühl der Freiheit und der Endlosigkeit." "New York ist eine extrem bunte Stadt, weil ihre Bewohner aus vielen verschiedenen Ländern kommen." Muss man 2016 noch New York, Las Vegas und den Grand Canyon erklären? Warum dauerdudeln Rock-Klassiker über diese Doku? Und warum trägt Zirner denselben zerknitterten beigen Leinenanzug von New York bis San Francisco, 5500 Kilometer lang?

Im Jahr 2011 erschütterte ein kleiner Skandal die amerikanische Literaturwelt, als sich herausstellte, dass sich in Travels with Charley wohl einiges nicht so zugetragen hatte, wie von Steinbeck stets beteuert. So war etwa Steinbecks Frau Elaine die meiste Zeit dabei, sie bleibt aber in den Geschichten unerwähnt. Amerikas Literaturkritik beschloss allerdings, dem 1968 verstorbenen Nobelpreisträger seine Ruhe zu lassen, und erklärte den Reisebericht zum fiktionalen Werk, zum Roman. Von alldem scheinen die Filmemacher jedoch nichts mitbekommen zu haben: "Steinbecks einziger Gefährte auf seiner Reise war sein Hund Charley", heißt es im Vorspann zu jeder Folge dieser Doku.

Überhaupt, die Sache mit dem Hund. Charley diente dem Autor als "Zuhörer" für seine inneren Monologe, für seine Beobachtungen. Betsy hat keine Rolle, sie hängt den Kopf in den Fahrtwind, sie apportiert Stöckchen, hockt hechelnd auf Aussichtspunkten neben Herrchen, während der in Travels with Charley blättert. Zweifelsohne ist das Herrchen in den Filmen immer sehr sympathisch, obendrein bekommt man grandiose Landschaften zu sehen. Die Seele Amerikas lässt sich aber nicht nur deshalb ergründen, weil man wieder einen Hund dabei hat.

Ein Mann, ein Hund, ein Pick-up , Arte, 8. bis 12. August, jeweils gegen 14 Uhr.

© SZ vom 08.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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