Die zehn denkwürdigsten TV-Interviews:Auf Kinskis Spuren

Manchmal haben sie, wie Sigmar Gabriel im ZDF, eben einfach keine Lust: Das Aufeinandertreffen von Promis und Journalisten im TV sorgt häufiger für denkwürdige Szenen. Zehn Eklats im Video.

Im Interview mit dem ZDF sind Sigmar Gabriel die Nerven durchgegangen. Mal wieder. Der Vizekanzler ist aber nicht der einzige Prominente, dem ein Interview vor laufender Kamera gegen den Strich geht. Ein paar Beispiele:

Sigmar Gabriel im ZDF:

Als hätte sein Zanken System. Immer wieder legt sich Sigmar Gabriel in TV-Interviews mit den Moderatorinnen an. In Berlin direkt verliert der Vizekanzler zwar nicht die Beherrschung oder wird ausfällig, jedoch lässt er seine schlechte Laune in aller Deutlichkeit an Moderatorin Bettina Schausten aus. Die ZDF-Moderatorin will Gabriels Standpunkt in der Flüchtlingspolitik erfahren - und wie er sich im Vergleich zur Kanzlerin positioniert. Aber der SPD-Mann blockt ab: "Nichts von dem, was Sie sagen, ist richtig, Frau Schausten, entschuldigen Sie, wenn ich das in aller Klarheit sage", sagt Gabriel. Eisig verläuft nicht nur das Gespräch, sondern auch die Verabschiedung. Auf Schaustens "Herzlichen Dank" antwortet Gabriel spöttisch: "Gerne - bitte, Frau Schausten."

Mit Marietta Slomka war es 2013 nicht anders verlaufen. Das Thema damals: die SPD-interne Mitgliederbefragung, zu der sich Gabriel jedoch nicht groß äußern will. Slomka hakt nach, Gabriel gibt sich bockig, immer wieder geht das so hin und her. Man hätte den beiden mehr Gelassenheit im Gespräch gewünscht. Aber unter Stress können eben selbst Profis die Fassung verlieren.

Katja Riemann im NDR-Magazin Das

Was Katja Riemann im Gespräch mit Hinnerk Baumgarten ablieferte, ist der Albtraum jedes Moderators: Die Schauspielerin hatte schlicht keine Lust auf ein Interview und stellte ihr Gegenüber bloß.

Schon nach wenigen Sekunden verzieht die Schauspielerin das Gesicht, verweigert sich im Anschluss komplett. Trocken antwortet sie auf die Fragen des Moderators Hinnerk Baumgarten. Einen Einspieler über ihren Heimatort Kirchweyhe empfindet Riemann als "wahnsinnig peinlich", Nachfragen zu ihrer musikalischen Karriere blockt sie ab: "Meine letzten Texte habe ich vor zehn Jahren geschrieben."

Baumgarten sagte im Anschluss an die Sendung auf Facebook, er werde Riemann nicht mehr einladen. Auch eine Möglichkeit, lästige Interviews zu umgehen.

Lena Meyer-Landrut und Frank Elstner

Ähnlich wie Katja Riemann hatte wohl auch ESC-Göre Lena Meyer-Landrut vor zwei Jahren wenig Lust auf ein Interview mit Frank Elstner. Und äußert dies auch unmissverständlich, um nicht zu sagen: unverschämt deutlich.

Elstner verspricht sich, Meyer-Landrut fällt ihm ins Wort: "Es heißt Eurovision." Er spricht sie darauf an, dass sie bei ihrem Auftritt beim Eurovision Song Contest in Düsseldorf in der Mitte der Bühne stehen werde. "Ich werde nicht in der Mitte stehen, sondern fast vor der Mitte. Aber ist ja fast richtig", rümpft der Stefan-Raab-Zögling die Nase. Als ob es ihr Spaß machen würde, Elstner auflaufen zu lassen.

Bei dem Interview treffen offensichtlich zwei aufeinander, die einfach nicht miteinander können. Sie mühen sich eher aneinander ab - und Lenas Unmut gipfelt schließlich im Augenverdrehen und Nachäffen von Frank Elstner. Vor laufender Kamera und während dieser daneben steht. Bei so viel Dreistigkeit wirkt es fast schon wie ausgleichende Gerechtigkeit, dass am Ende Aserbaidschan den Wettbewerb gewann. Hochmut kommt eben vor dem Fall.

Guido Westerwelle bei einer Pressekonferenz 2009

Als hätte Gerhard Polt, Autor von Man spricht deutsch, Regie geführt: Guido Westerwelle weigert sich 2009 auf einer Pressekonferenz schlichtweg, die Frage eines BBC-Journalisten zur Politik eines möglichen Außenministers Westerwelle zu beantworten - weil diese auf Englisch gestellt ist. "Wenn Sie bitte so freundlich wären, weil das eine Pressekonferenz in Deutschland ist. (...) Hier ist es üblich, dass man Deutsch spricht", bittet Westerwelle den Reporter mehrmals. Bis eine anwesende Journalistin sich schließlich bereit erklärt, zu übersetzen.

Wem der Fauxpas nun anzulasten ist, Westerwelle wegen seiner Weigerung, Englisch zu sprechen, oder dem BBC-Journalisten wegen seiner offenbar nicht vorhandenen Deutschkenntnisse, sei dahingestellt. Westerwelle versucht aber trotzdem, die Wogen noch zu glätten. "Wir können uns auch außerhalb einer Pressekonferenz zum Tee treffen und dann auf Englisch sprechen. Aber es ist Deutschland hier."

Nina Hagen bei Menschen bei Maischberger

Mit dem Thema "Ufos, Engel, Außerirdische - sind wir nicht allein?!" war in der Maischberger-Runde von 2010 ein gewisses Aggressionspotential programmiert. Umso mehr, als ZDF-Wissenschaftsjournalist Joachim Bublath und Ufo-Gläubige Nina Hagen eingeladen waren - und deren unterschiedliche Ansichten prompt aufeinanderprallten. Unterschiedlicher geht's kaum.

"Die Aliens haben bei einer Frau das gesamte Blut ausgetauscht." Solche und andere Aussagen Hagens über außerirdische Entführungen von Menschen, Mars-Kolonien und George W. Bush lächelt Bublath zunächst souverän weg. Nach 50 Minuten wird es ihm aber doch zu bunt: Er habe nicht gewusst, dass es sich um eine öffentliche Therapiesitzung handele. Spricht's und geht. Fazit: außerirdisch aufregende, aber wenig erhellende Debatte.

Von Kloppo bis Kinski

Jürgen Klopp und Oliver Kahn im ZDF

Gemeinhin wird ja Frauen zugeschrieben, mitunter zickig zu sein. Insofern könnte man sagen, die Fußball-Machos Oliver Kahn und Jürgen Klopp zeigten im vergangenen Jahr im ZDF-Studio ihre weibliche Seite. Worum ging's? Um eine Gelbe Karte für einen Dortmund-Spieler im Champions-League-Rückspiel BVB gegen Zenit St. Petersburg. Ex-Torwart und Immer-noch-Titan Kahn gibt den besonnenen Kommentator, analysiert die Matchsituation. Klopp, damals noch Trainer der Gelb-Schwarzen, sagt: "Da hätte ich Oli Kahn gerne mal gehört, als Spieler noch! Muss ich echt sagen. Wenn das 'ne gelbe Karte ist, dann lach' ich mich kaputt."

Der erste Stein ist geworfen, rein verbal, versteht sich - schließlich streiten sich hier nicht tumbe Fußball-Rowdys, sondern zwei Herren im feinen Zwirn. Apropos, schaltet sich Moderator Oliver Welke ein: Wie sei es denn eigentlich um das "Binnenverhältnis" besagter Herren bestellt sei, nachdem Kahn Klopps Kritik an Matthias Sammer als "respektlos" bezeichnet habe? "Wir hatten nie eins", sagt Klopp. Und dann - ach, lesen Sie doch einfach selbst.

Kahn: "Ich glaube, es geht schon darum, dass der eine oder andere auch durchaus auch mal - wenn man austeilt, muss man eben auch das eine oder andere Mal einstecken können. Und da ..." - Klopp: "Nö." - Kahn: "Da muss man ja nicht auf alles immer so sensibel reagieren." - Klopp: "Ich bin überhaupt nicht sensibel." Da fällt einem eigentlich nichts mehr ein, außer: Määääähhh.

Katrin Sass bei Markus Lanz

Der Anlass für den Ausraster: Das Dschungelcamp ist für den Grimme Preis nominiert. Erfreulich für RTL, doch Schauspielerin Katrin Sass kann sich darüber in der ZDF-Sendung nur ausgiebig aufregen. Ihr Opfer: Ex-Dschungelkönig Peer Kusmagk, der sich dem verbalen Kampf mit ihr wohl gar nicht stellen wollte.

Sass wettert und wettert, über alles, was sie am Dschungelcamp und Promi-Sein überhaupt nervt. "Ich fresse Schwänze, aber erhobenen Hauptes", ist nur einer der Sätze, die das Publikum zum Lachen bringen. Lanz schafft es nicht, erfolgreich zu intervenieren, die Debatte entwickelt eine Eigendynamik. Erst Karl Dall, ebenfalls Gast in der Sendung, erlöst Kusmagk von seinem Leid: "Denk an deinen Blutdruck, Katrin!"

Kusmagk selbst wehrt sich erst nach der Talkshow, macht Sass sogar ein Friedensangebot. Mit der einzigen Folge, dass Sass ihre Kritik erneuert. Da wurde wohl ein wunder Punkt getroffen.

Gerhard Schröder in der "Elefantenrunde"

Er wirkte manchmal wie der Dieter Bohlen der Politik: lässig, mit großen Gesten und klaren Worten. Auch zur Bundestagswahl 2005 ist Gerhard Schröder vom erneuten Siegestraum nicht abzubringen. Schon vor der Wahl ist ihm nämlich klar: Er wird gewinnen, Angela Merkel verlieren.

Von den moderierenden Chefredakteuren von ARD und ZDF wird er anfangs noch als "Herr Bundeskanzler - das sind sie ja noch" angesprochen und reagiert sofort: "Das bleibe ich auch. Auch wenn Sie dagegen arbeiten." Der erstaunlich ruhigen Angela Merkel springt am Ende Guido Westerwelle zur Seite und spricht aus, was auch die Zuschauer denken: Was hat Schröder nur genommen?

Campino bei 3 nach 9

Manchmal lässt sich das heraufziehende TV-Donnerwetter schon an Mimik und Gestik erahnen. Da sitzt also 1997 die inzwischen verstorbene Schauspielerin Maria Schell in der Talkrunde 3 nach 9 und sagt: "Was übrigens eine Krankheit unserer Jugend ist: dass sie sich zu wenig interessiert. Sie interessieren sich zu wenig für Politik oder irgendwelche Dinge. Sie interessieren sich gar nicht für die Älteren." Tote-Hosen-Sänger Campino fläzt in seinem Sessel, im gestreiften Kuschelpulli, den es so wohl auch nur in den Neunzigern geben konnte. Die Arme hat er verschränkt, sein Blick scheint zu sagen: "Was labert die Alte!?" Kurz darauf gibt Campino sich selbst die Antwort - für alle hörbar: "Bullshit! Wenn ich nicht fast eingeschlafen wäre, dann wäre ich jetzt erregter."

Dann geht es ein paarmal hin und her. Campino wirft Schell Intoleranz vor, Maria Schell verteidigt sich, sie lerne am meisten von der Jugend. "Ich find's wunderbar. Ich kenn' sogar die Tote Hose." Gelächter im Publikum, überlegenes Grinsen beim Berufs-Punker. Die Schauspielerin weiß zwar nicht, dass ihr Fehler ein unterschlagenes "n" ist - aber sie weiß sich zu wehren. " Hast du eine Tote Hose?", fragt sie Campino. Der kontert - und vergreift sich dabei endgültig bei der Wortwahl: "Ich hab' auf jeden Fall keine nekrophilen Kampfgelüste." Anschließend tut er das Einzige, was ihm noch bleibt: Er entschuldigt sich ("private Probleme"), nestelt sein Mikro vom Scheußlich-Pulli - und verlässt das Studio.

Klaus Kinskis Ausraster in Je später der Abend

Er macht es immer noch am schönsten vor, denn wer Ausraster sagt, muss auch Klaus Kinski sagen. In der ARD-Talkshow Je später der Abend lobt der Schauspieler 1977 noch das großartige deutsche Publikum, diskutiert anschließend jedoch lautstark mit einem Studiogast. Seine Meinung: Der Gast hätte sich nur zu Wort gemeldet, weil er einmal in seinem Leben ins Fernsehen wollte.

"Mir hat gerade jemand hinter der Bühne erklärt, dass die Leute sich unheimlich danach drängeln, hier zu sitzen und, ich hoffe, das Maul zu halten". Der betroffene Zuschauer reagiert zwar, wird von Kinski aber nicht erhört, vor allem, als auch noch der Moderator ihm erklärt, er habe freien Eintritt, aber auch freien Austritt.

Auch fern des Bildschirms lieferte Kinski legendäre Ausraster. Am Set des von 1979 bis 1981 im peruanischen Dschungel gedrehten Filmes Fitzcarraldo verliert Kinski vor versammelter Mannschaft die Nerven. Zufälligerweise ist Regisseur Werner Herzog, der ein sehr gespanntes Verhältnis zu seinem Hauptdarsteller pflegt, einmal nicht gemeint, sondern Produktionsleiter Walter Sachser.

Der kriegt von Kinski - neben der Drohung, ihn zu verprügeln - so einiges an Schimpfwörtern zu hören, wie etwa "Mach doch deinen Scheiß!" oder "Leck mich doch am Arsch!" Die indianischen Statisten sind so geschockt, dass sie dem Regisseur angeboten haben sollen, Kinski nach den Dreharbeiten zu ermorden.

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