Deutscher Serienstart von "Transparent":Die Frau im Mann

Transparent Jeffrey Tambor

Sehr berührend und hochgelobt: Jeffrey Tambor als Maura in der Amazon-Serie "Transparent".

(Foto: Amazon)

In der TV-Serie "Transparent" spielt Jeffrey Tambor den Familienvater Mort, der lieber Maura sein will. Ein Gespräch über späten Erfolg, Klischees und Conchita Wurst.

Von Julia Weigl

Maura Pfefferman hat langes graues Haar, trägt gerne flatternde Tuniken und erdfarbenen Nagellack. Jeffrey Tambor hat eine Halbglatze und trägt Hemd und Anzughose. In der Amazon-Serie Transparent spielt er den siebzigjährigen Familienvater Mort, der sich entscheidet, ab sofort als Frau zu leben und künftig nur noch Maura zu sein. Dafür bekam er im Januar einen Golden Globe als bester Schauspieler. Eine zweite Staffel der Serie ist in Vorbereitung. In München feiert Jeffrey Tambor die Premiere der deutschen Synchronfassung - mit der österreichischen Sängerin Conchita Wurst als Musikgast des Abends, einer anderen berühmten Drag-Künstlerin.

SZ: Ein Golden Globe mit 70 - ganz schön spät! Hatten Sie damit noch gerechnet?

Jeffrey Tambor: Das war ein Riesenmoment für uns alle. Die Leute reden über uns und unsere Serie. Die Auszeichnung ist für mich eine riesige Ehre. Im Leben eines Schauspielers gibt es vielleicht ein halbes Duzend Rollen, bei denen man sagst: "Ah, die Person kenne ich!" Und ich kenne Maura, sie ist wie eine sehr gute Freundin.

Wie hat Maura Sie verändert?

Ich hatte mal einen Schauspiellehrer, der sagte, dein Leben sollte sich mit jeder neuen Rolle ein bisschen verbessern. Aber Maura hat noch viel mehr gemacht: Sie hat mich herausgefordert, verändert und wachgerüttelt.

Wachgerüttelt? Inwiefern?

Mit Maura kann ich die Menschen berühren und lerne dabei eine ganz neue Welt kennen, vorher war ich völlig ahnungslos. Obwohl ich in San Francisco sehr liberal aufgewachsen bin, musste ich sehr viel über die Transgender-Community lernen. Ich wollte das unbedingt richtig machen. Als Schauspieler trägt man ja auch eine große Verantwortung. Nur hat man selten die Möglichkeit, in der Gesellschaft wirklich etwas zu verändern. Maura ist meine Chance.

Was haben Sie von Maura gelernt?

Bescheidenheit, wie man mit Ängsten umgeht und wie man sich als Außenseiter fühlt.

In Transparent gibt es keine Klischees und festen Rollen mehr. Gibt es da überhaupt noch Außenseiter?

Alle in meiner Serienfamilie durchlaufen gerade enorme Veränderungen. Unsere Sendung stellt im Grunde die Frage: Wenn ich mich verändere, liebst Du mich dann trotzdem noch? Egal, welches Geschlecht ich habe, egal, wer ich bin? Jede Folge zeigt neue Aspekte, was ein Mensch alles sein kann. Die Figuren befreien sich von dem Begriff und sind einfach nur sie selbst, auch, wenn das am Anfang schwer für sie sein mag.

Kennen Sie Conchita Wurst?

Noch nicht. Ich bin ein wenig nervös, sie zu treffen. Ich hatte keine Ahnung, dass sie so bekannt ist und der Sieg beim Eurovision-Songcontest so eine große Nummer ist. Conchita ist großartig, sie passt in keine Schublade.

Sie trägt auch als Frau Bart . . .

Das finde ich super. Männlich, weiblich, schwul, hetero - das ist doch alles erwartbar. Aber was sie macht, und was auch wir mit Transparent versuchen, ist diesen Erwartungen zu trotzen und zu zeigen: Wir sind einzigartig und individuell. Wir sind, wer wir sind.

Und sind Sie jetzt gerade mehr Jeffrey oder mehr Maura?

Ich bin immer Jeffrey, natürlich. Aber neulich habe ich gemerkt: Maura lauert immer in mir. Aber wir kommen gut miteinander klar. Sie lebt in mir und ist jetzt ein Teil von mir.

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