Desaster mit Kerner:"Manfred, wo ist die Freude?"

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Exempel für Nachwuchsproduzenten: Johannes B. Kerner und Komoderatorin Kate Abdo. (Foto: Svea Pietschmann/ZDF)

Mit "1000 - Wer ist die Nummer 1?" scheitert das ZDF am Anspruch der "größten Spielshow des Jahres".

Von Hans Hoff

"Die Bude bebt ganz schön. Die Laune ist beachtlich." Das ist so ein lauwarmer Spruch, wie ihn Moderator Johannes B. Kerner am Samstag gerne mal absonderte. Ein schönes Beben und beachtliche Laune, man mag gar nicht fragen, was das bedeuten soll. Die Quittung für solche Unentschiedenheit kam auf dem Fuße. Gerade mal 3,64 Millionen Menschen interessierten sich für 1000 - Wer ist die Nummer 1?. Das ist ein bisschen sehr wenig, denn schließlich hatte das ZDF die Premiere der neuen Sendung vollmundig als "die größte Spielshow des Jahres" vorgestellt und dafür den beachtlich gelaunten Kerner ins Schönbeben entsandt.

Aus 1000 Kandidaten wurde da in 150 unglaublich drögen Minuten einer herausgefiltert, der 100 000 Euro mit nach Hause nehmen durfte. Das war am Anfang ein einziges Durcheinander und am Ende nur deshalb für eine Viertelstunde spannend, weil sich die Macher hemmungslos beim Konzept von Schlag den Raab bedienten. Das Zwischendrin könnte derweil als Lehrstunde für Nachwuchsproduzenten dienen, denn es wäre anhand der unzähligen Fehler leicht zu demonstrieren, wie man so etwas nicht macht.

Vor zwei Wochen bei der achtstündigen Aufzeichnung in Berlin hatte die Show noch für Aufsehen gesorgt. Mehrere Kandidaten verletzten sich. Einer soll sogar kollabiert sein. Von katastrophaler Organisation war die Rede.

Viel von dem Katastrophengefühl ließ sich schon beim Auftaktspiel erspüren, als es bei der Reduzierung der Teilnehmerzahl von 1000 auf 500 in erster Linie um körperliche Fitness ging und gleich die meisten Frauen auf der Strecke blieben. Als noch 250 Kandidaten im Rennen waren, fanden sich nur noch 13 Frauen in der Schar. Unter die letzten 50 schafften es drei. Im Finale landeten dann zwei Männer. So sieht also Familienunterhaltung beim ZDF im Jahre 2015 aus. Da weht immer noch der Geist der Muffjahre.

Richtig peinlich wurde es beim Rateteil. Quiz im Fernsehen lebt bekanntermaßen davon, dass der Zuschauer mitraten kann. Das funktioniert aber allerhöchstens mittelgut, wenn die Regie immer wieder von den Aufgaben weg auf die Gesichter der rätselnden Kandidaten blendet und so den Zuschauern daheim die Freude an der Beteiligung vermiest.

Als Kerner nach 95 Minuten "Jetzt wird's richtig spannend", flunkerte, war die Laune längst nicht mehr beachtlich, und es dauerte weitere 40 Minuten, bis der Raab-Effekt einsetzte und der Zuschauer sich wenigstens ein bisschen bang fragen konnte, welcher der beiden Finalkandidaten wohl höher stapeln konnte. Nicht Showversprechen, sondern Sektgläser.

"Manfred, wo ist die Freude", wurde der verhalten begeisterte Sieger am Schluss gefragt. Das war eine gute Frage. Man stellt sie indes besser den Machern dieser Wursterei. Damit bei denen auch mal die Bude ganz schön bebt.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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