"Der Bachelor" auf RTL:Sie wissen, was sie tun

Der Bachelor

Wer bekommt die Rose? Und inzwischen fast noch wichtiger: Wer kommt nach Der Bachelor groß raus?

(Foto: RTL / Kass)

Ein Mann, 25 Frauen und nur eine kann ihn haben. Viele schimpfen die RTL-Show "Der Bachelor" antiquiert und frauenfeindlich. Aber die meisten Kandidatinnen handeln aus Kalkül.

Von Carolin Gasteiger

"Wenn 20 Frauen (...) so tun, als würden sie alles anstellen, um einem Junggesellen (...) zu gefallen, dann wirkt das wie ein Rücksturz ins Mäuschenzeitalter."

Vor zwei Jahren, zu Beginn der zweiten Staffel der RTL-Kuppelshow Der Bachelor fällte Hans Hoff in der SZ ein vernichtendes Urteil. "Bedingungslose Unterwerfung" sei inzwischen die Regel im Privatfernsehen, bei Der Bachelor werde die Frau "durchweg als Ware verstanden".

Am Mittwochabend startete die nunmehr vierte Staffel der unwürdigen Brautschau, das Konzept ist dasselbe. 25 Kandidatinnen bringen sich in Stellung, buhlen um einen vermeintlichen Traumprinzen, der aus 25 Frauen wählen kann. Kurz vor der ersten Begegnung - die Saisonware wird im Zweierpack in einer Limousine herangekarrt - rücken die attraktiven Ladies noch mal das knappe Abendkleid zurecht, zupfen an der Frisur. Im Angesicht des Bachelors folgt dann das zwangsläufige Balzritual: Lippen schürzen, Zwinkern, Schäkern und Lachen - nur, um dem 33-jährigen Christian zu gefallen. Wirklich nur ihm?

"Ich denke schon, dass er mich attraktiv findet - er hat sich meinen Namen gemerkt", sagt eine Teilnehmerin. Wow. Warum tun sich Frauen das nur an?

Schon während der vergangenen Staffeln prangerten viele die Selbstinszenierung der Frauen an, die mit Emanzipation nichts zu tun habe, wie Regula Freuler vor zwei Jahren in der NZZ am Sonntag schrieb. "Dass Frauen sexuelle Verfügbarkeit mimen und dabei glauben, es handele sich um Machtausübung, zeigt nur eines: dass die sexuelle Befreiung der Frauen in ihr Gegenteil verkehrt worden ist." Und Nina Pauer schimpfte in der Zeit, Der Bachelor belebe "den Traum vom wilden Abenteuerland wieder, beachtlich schablonenhaft feiert hier die Kolonialromantik ihre Renaissance."

Hängen denn tatsächlich so viele Frauen der antiquierten Vorstellung nach, ihr Traumprinz reite mit ihnen aus der Bachelor-Villa direkt in den Sonnenuntergang? Man muss die Frage auch andersherum stellen: Warum in dieser Konstellation? Warum gab es in den vergangenen elf Jahren vier Bachelor, aber nur eine Bachelorette? Wohl kaum, weil eben nur die "Mädels" vom Traumprinz auf dem Pferd, äh, in der Villa träumen, der dann aber doch keine Rose für sie und alle Gefühle nur vorgespielt hat.

Fragt sich, wer hier wem etwas vorspielt. Die Vermutung liegt nahe, dass die Frauen genau wissen, was sie tun. Ihnen dürfte inzwischen klar sein, dass ihnen bei einem gelungenen Auftritt viel Aufmerksamkeit zuteil wird und sich gegebenenfalls sogar Jobaussichten eröffnen. Wahre Liebe? Eher als Illusion. Melanie Müller hat's vorgemacht. Das Erotik-Model wurde in der vergangenen Staffel zwar von Bachelor Jan verschmäht, ist aber nun aussichtsreiche Anwärterin auf den Titel der Dschungelkönigin. Und, um im Dschungel zu bleiben: Skandalnudel Larissa versuchte ihr Glück vergeblich bei Modelmama Heidi Klum. Das Aus in einer Sendung bedeutet noch lange nicht, von der TV-Bühne zu verschwinden. Es bedeutet für manche den Anfang ihrer TV-Karriere. Welt online skizziert in diesem Artikel, wer damit sonst noch auf diese Weise erfolgreich war.

Auch in der aktuellen Staffel tun sich einige bereits als besonders öffentlichkeitsliebend hervor. Eine der Kandidatinnen stellt sich dem Bachelor mit den Worten vor: "Ich model seit forever, bin Moderatorin und Schauspielerin." Im Kopfkino sitzt sie bereits mit drei oder vier anderen Leidgenossinnen an einem Tisch und probt das Das perfekte Promi-Dinner. Eine andere sagt: "Wenn ich in der ersten Nacht rausfliege, fänd ich's schade, weil auch einfach die Erfahrung hier ist toll." Mit einer Maske vorm Gesicht will eine weitere den Bachelor daran erinnern, worauf es wirklich ankommt: hinter die Fassade zu blicken. Schon klar. Wohl eher ein Versuch, sich aus dem Pulk von Schönheiten abzuheben und aufzufallen.

Auch der Bachelor muss einem nicht leid tun - es ist anzunehmen, dass er eine ähnliche Intention verfolgt wie die Kandidatinnen: mit der Sendung Anschlussengagements zu aquirieren.

Leid tun müssen einem höchstens die unbedarfteren unter den Zuschauern: kleine Mädchen und auch Jungs, die das Geschäftsmodell noch nicht verstehen - und in deren Köpfen sich genau jenes Mäuschenzeitalter manifestiert, das die Kollegen schon bei den Kandidatinnen zu beobachten glauben. Und die dann glauben, dass allein Schönheit der alles entscheidende Wert sei.

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