Datenjournalismus:Druckstelle

Das ZDF stellt sein hochgelobtes Online-Tool "Lobbyradar" ein. Über die Gründe dafür gibt es verschiedene Aussagen.

Von Benedikt Frank

Erst im Mai präsentierte das ZDF stolz sein Online-Tool Lobbyradar. Nun will es der Sender bereits zum Jahresende fallen lassen, wie man in Mainz bestätigt.

Der Lobbyradar hätte ein Prestigeprojekt sein können. Moderner Datenjournalismus, erst im Oktober mit dem Fernsehpreis Prix Europa ausgezeichnet. Auf einer interaktiven Karte ziehen sich von Politikern Fäden zu Firmen, Verbänden, Parteien und Vereinen, denen sie angehören. Auch der ZDF-Fernsehrat ist aufgeführt. Man wusste beim Start natürlich um die Kritik an politischer Einflussname auf öffentlich-rechtliche Sender und nahm deshalb die eigenen Gremien nicht aus. Jetzt behaupten Mitarbeiter Zeit Online zufolge, dass ausgerechnet Druck von Seiten der Politik für das Ende verantwortlich sei. Der Redaktionsleiter von heute.de Michael Bartsch bestreitet die Vorwürfe: "Kein Vorgesetzter hat von mir verlangt, Lobbyradar einzustellen." Auch sei das Projekt länger gelaufen als ursprünglich geplant.

150 000 Euro sollen Entwicklung und Betrieb gekostet haben, wenig im Vergleich zu Projekten wie der Fußball-EM oder dem neuen Jugendkanal, die jetzt intern als Begründung für das Aus herhalten. Laut Bartsch sei das fehlende Personal zur Betreuung entscheidender gewesen als die Kosten. Immerhin: der Quellcode von Lobbyradar ist öffentlich. Das Tool kann somit - jetzt sicher frei von politischen Interessen - weiterentwickelt werden. Allerdings auch ohne feste Finanzierung und ohne die Reichweite des ZDF.

Noch bis Jahresende unter www.lobbyradar.de.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: