Medien und Populismus:Die Meinungsbildung findet nicht nur im TV statt

AfD Meets To Create Its Bundestag Faction

Auch wenn die Medien die Thesen der AfD (im Bild Alice Weidel und Albrecht Glaser) aufgreifen - ihre Meinung bilden sich die Wähler längst schon woanders.

(Foto: Sean Gallup/Getty)

Es ist naiv zu glauben, Blatt- und Programmmacher könnten Themen und Thesen bestimmen. Ein Contra zur Verantwortung der Medien für den Erfolg der AfD.

Kommentar von Katharina Riehl

Als im November des vergangenen Jahres ein Populist zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde, war die Aufregung in den Medienhäusern und über die Medienhäuser riesig. Nicht nur wegen der Frage, ob die Zeitungen und Sender Donald Trump zu viel Raum geboten und seine Wahl so befördert hatten - sie wurden vor allem kritisiert, weil sie es nicht hatten kommen sehen. Die etablierten Medien hatten bis zum Schluss die Wahl von Hillary Clinton für ausgemachte Sache gehalten.

Die Überraschung nach Trumps unerwartetem Wahlsieg und schon ein paar Monate früher nach dem genauso unerwarteten Brexit zeigte das Phänomen der medialen Filterblasen drastisch auf - die Tatsache, dass Bürger sich ihre Quellen der Meinungsbildung längst nach politischer Gesinnung im Netz selbst zusammenstellen. Das ist wichtig für die Frage, inwiefern die deutschen Medien den Wahlerfolg der AfD erst möglich gemacht haben. Denn diese Erfahrungen haben mehr als deutlich gezeigt, dass Verlage und Sender ihre Rolle als alleinige Gatekeeper verloren haben.

Meinungsbildung findet schon lange nicht mehr nur in großen Medien statt, wo früher darüber entschieden werden konnte, was in die Welt kam und was nicht. Heute gibt es Blogs und Online-Medien für jede politische Schattierung, und heute brauchen weder Sportler und Showsternchen noch Politiker einen Journalisten, um mit ihren Fans und Wählern in Kontakt zu treten; sie haben das Internet und Facebook-Kanäle mit Millionen Fans. Es ist naiv zu glauben, dass Blatt- und Programmmacher darüber entscheiden könnten, welche Themen und Thesen bekannt werden und welche nicht.

Wahr ist natürlich, dass die großen Zeitungen und Sender die Thesen der AfD auch zu jenen Wählern getragen haben, die sich vor allem bei ihnen informieren; auch den großen US-Medien wurde vorgeworfen, Trump und seinen Auftritten im Wahlkampf mit Blick auf die Quote zu viel Platz eingeräumt zu haben. Wahr ist auch, dass einzelne Sendungen wie das TV-Duell sich an den Themen der AfD zu sehr festgebissen haben. Aber genauso wenig wie Medien Debatten künstlich klein halten können, so wenig sollten sie das auch. Es ist ihre Pflicht, den Lesern und Zuschauern eine kritische Auseinandersetzung mit der AfD zu ermöglichen - und das können sie nur, wenn sie auch über eine populistische Partei umfassend informieren.

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