"Beckmann" in der ARD:Gebrochene Leiste

Alles auf Anfang? Elf Wochen nach der Reform der Talkschiene im Ersten wünschen sich die ARD-Direktoren Reinhold Beckmann wieder zurück auf den Montags-Sendeplatz. Das Risiko wäre aber nicht geringer.

Claudia Tieschky

Als die ARD im Juni 2010 verkündete, Günther Jauch endlich als Gastgeber einer Sonntags-Talkshow verpflichtet zu haben, war ihr das eine Menge Umbauten wert. Um alle Gesprächssendungen im Programm unterzubringen, verlegte man im Ersten die Sendungen von Anne Will, Frank Plasberg und Reinhold Beckmann sowie Dokusendeplätze, und plante eine Talkschiene montags bis donnerstags nach den Tagesthemen.

Aufzeichnung der Fernsehsendung 'Beckmann' in Mainz

NDR-Gastgeber Reinhold Beckmann: erneut ins Risiko.

(Foto: dapd)

Zur Ausnahme wurde nur Frank Plasberg (WDR) erklärt, der mit Hart aber fair montags in die Primetime um 21 Uhr rückte. Vor ein paar Monaten gab es dann ein schönes Gruppenfoto mit den fünf ARD-Moderatoren, aber die ganze Aktion, die das Erste gewissermaßen zum öffentlich-rechtlichen Palaver-Kanal umwidmete, konnte man schon für ziemlich wahnsinnig halten.

Seit Ende der Sommerpause gibt es nun im Ersten tatsächlich die fünf Gesprächssendungen, aber elf Wochen nach Reformstart soll nun schon wieder nachgebessert werden. Die Talkleiste, wenn es denn je eine war, wäre dann endgültig gebrochen.

Wie der Spiegel berichtet, wollen die Intendanten bei ihrer Sitzung am Montag und Dienstag in Bremen darüber beraten, den NDR-Mann Reinhold Beckmann (vormals montags auf Sendung) vom neuen Platz am Donnerstag wegzuretten, wo er gegen die starke ZDF-Frau Maybrit Illner läuft. Tatsächlich gibt es offenbar einen Beschluss der ARD-Fernsehprogrammkonferenz, wonach Beckmann - falls die Intendanten nicht ihr Veto einlegen - 2012 wieder montags nach den Tagesthemen senden soll. Das Erste würde dann dem Publikum mit Plasberg (21 Uhr) und Beckmann (22.45 Uhr) an einem Abend sogar zwei Mal Talk zumuten.

Zur wunderbaren Welt der ARD zählt auch, dass Günther Jauch, der als ARD-Sonntags-Star zuletzt über "Schicksal Alzheimer" diskutierte, nach wie vor am Montag als starker Konkurrent des Ersten auftritt - mit seinem RTL-Millionärsquiz.

Die Sendung Beckmann hat eigentlich unter den ARD-Gesprächssendungen das am stärksten auf Unterhaltung ausgerichtete Profil - und fiel doch zuletzt mit Aktualität und harten Themen auf, in der vorvergangenen Woche diskutierte er zum rechten Terror. Dass Beckmanns Quote am Donnerstag litt, erklärt sich auch durch die Rivalität Illners im ZDF. In Mainz dürfte man jedenfalls eine Verlegung von Beckmann als freundliche Geste wahrnehmen.

Verhandlungsmasse sind wieder einmal die Bildungsinhalte: Die beiden Dokusendeplätze im Ersten, die zuletzt auf Montag geschoben wurden (22.45 Uhr und 23.30 Uhr), müssten erneut weichen und liefen dann donnerstags in Konkurrenz zu Illner und Markus Lanz.

Der Plan der Programmdirektoren offenbare, so teilte die Deutsche Produzentenallianz Film und Fernsehen am Sonntag mit, "dass die massive Talkshow-Programmierung in der ARD ein Fehler war. Dass dafür ausgerechnet die - ohnehin schon spät platzierten - Dokumentations-Sendeplätze weichen müssen, zeugt von einer Missachtung des dokumentarischen Journalismus in der ARD." Der Senderverbund setze durch seine "quotenorientierte, populistische Programmpolitik" die journalistische Kompetenz immer mehr aufs Spiel.

Zwei Talks an einem Tag sind allerdings selbst für ARD-Verhältnisse außergewöhnlich. Für Reinhold Beckmann wäre es deshalb auch ein Gang ins Risiko.

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