BBC-Serie "Peaky Blinders":Schöne Idee, leider verspielt

BBC-Serie "Peaky Blinders": Achtung, gefährlicher Typ: der Gangchef Thomas Shelby (Cilian Murphy).

Achtung, gefährlicher Typ: der Gangchef Thomas Shelby (Cilian Murphy).

(Foto: sky)

Die BBC-Serie "Peaky Blinders" über britische Gangsterbanden beruht auf realen Begebenheiten und führt den Zuschauer zurück ins Jahr 1919. Leider vergibt die Serie schon in Episode eins einen Überraschungsmoment - und verhebt sich am eigenen Anspruch.

Von David Denk

Wenn Thomas Shelby (Cillian Murphy) durch Birmingham reitet, leeren sich die Straßen. Jeder bringt sich in Sicherheit, wie vor einem heraufziehenden Unwetter. Aha, der Typ ist also offenbar gefährlich. Niemand will ihm in die Quere kommen. Auch der begriffsstutzigste Zuschauer merkt schon in den ersten Sekunden, dass für den Anführer der Familienbande "Peaky Blinders", benannt nach den Rasierklingen in den Schirmen ihrer Schiebermützen, die Angst seiner Mitmenschen (vor deren Benutzung) der wichtigste Komplize ist, seine Überlebensversicherung. (Auf eine recht verquere Art hat Thomas als Held der Serie natürlich auch ein Herz aus Gold.)

Gefahr droht ihm nur von solchen, die ihn nicht fürchten. Aus Unerschrockenheit. Oder Dummheit. Wobei das ja oft schwer zu trennen ist. Thomas' größter Widersacher ist der aus Belfast angereiste puritanische Chief Inspector Chester Campbell (Sam Neill), der auf Geheiß von Winston Churchill im Sündenbabel aufräumen soll und dabei auch vor der Zusammenarbeit mit Schlägern nicht zurückschreckt. "Dieser Bulle macht keine Gefangenen", wird Thomas gewarnt. Es beeindruckt ihn nicht. Das Katz-und-Maus-Spiel der beiden prägt die Serie. Aber auch in der eigenen Sippe hat Thomas Feinde: Sein älterer Bruder Arthur (Paul Anderson) hält sich für den besseren Clan-Boss.

Leider ist die Erzählung sehr konventionell geraten

Die auf realen Begebenheiten basierende BBC-Serie Peaky Blinders führt den Zuschauer zurück ins frühe 20. Jahrhundert, in diesem Fall 1919 - eine auch in TV-Produktionen wie Downton Abbey und Boardwalk Empire ausgeleuchtete Zeit an der Schwelle zur Gegenwart, die dadurch noch an Faszination gewinnt, dass sie gleichzeitig gerade so aus dem Erlebbaren herausfällt, Zeitzeugen fast ausnahmslos ausgestorben sind. Autor Steven Knight konnte einen noch befragen, seinen Vater, der die Gangsterbanden als Zehnjähriger durch Birmingham streifen sah. Dessen Erinnerungen bilden den Kern der leider sehr konventionell geratenen Erzählung.

Leichtfertig verspielt die Serie gleich in der ersten Folge einen potenziellen Überraschungsmoment: Grace Burgess (Annabelle Wallis), die neue Kellnerin im Garrison Pub, dem Hangout der Peaky Blinders, auf die Thomas natürlich längst ein blassblaues Auge geworfen hat, entpuppt sich allzu schnell als Undercover-Polizistin, als Tochter eines zu Tode gekommenen Kollegen von Chief Inspector Campbell. "Dein Vater wäre stolz auf dich", sagt der ihr beim konspirativen Treffen im Museum. Ein Satz, der auf den Index gehört. In Rosamunde-Pilcher-Filmen kann so eine Bemerkung keinen Schaden mehr anrichten, in einer ambitionierten TV-Produktion aber reißt sie ein, was mit dem Set-Design, den Kostümen, der Ausstattung aufgebaut wurde.

Peaky Blinders verhebt sich am eigenen Anspruch: Mit jeder Einstellung signalisiert die Serie, unbedingt in der HBO-Liga mitspielen zu wollen, doch mithalten kann sie ausschließlich visuell: Weder die Dialoge noch Figurenzeichnung oder Plot entwickeln im entferntesten den Sog von Referenz-Produktionen. Ein Straßenfeger wie Thomas Shelby ist Peaky Blinders bei weitem nicht.

Peaky Blinders, Sky, montags ab 2. Juni, 22 Uhr

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