Bambi-Verleihung 2010:Burdas goldene Tiershow

Die Bambi-Verleihung 2010 war mit Sarah Jessica Parker, Beth Ditto und Hannah Herzsprung frischer als in den vergangenen Jahren - nur beim Serien-Bambi gab es einen Ausreißer.

Hans-Jürgen Jakobs

Auch für den Gastgeber war es eine Premiere. Hubert Burda wusste nicht, was seine Leute mit dem Bambi angestellt hatten, dem Traditionspreis seines Hauses. Der Verleger von Zeitschriften wie Bunte, Focus und Freizeit-Revue ließ sich vom angekündigten Reformkurs überraschen.

Und so rauschte die Verleihungszeremonie, bei der vergoldete Rehlein wie gewohnt die Besitzer wechselten, diesmal ohne festen Moderator und mit neuer, von Peter Maffay ersonnener Musik durch die Metropolis-Halle im Filmpark von Potsdam-Babelsberg. Nachdem die Live-Übertragung in der ARD im vergangenen Jahr Zuschauer verlor und zum Frust der Veranstalter nicht Quoten-Tagessieger wurde, sollten beim 62. Bambi neue Rezepte helfen. Und prompt guckten fünf Millionen die Liveübertragung, mit der ARD Quoten-Tagessieger wurde.

Es waren am Ende aber zwei alte Kämpen des öffentlichen Lebens, die bei der Show brillierten. Zum einen Udo Lindenberg, deutscher Rock-Star seit fast vier Jahrzehnten, der für sein Lebenswerk einen Bambi bekam. Der Mann mit dem Hut fand am Platz an der Sonne so viel Spaß, dass er die Bühne nicht mehr verlassen wollte. Auch wenn der Teleprompter "Ende!!!" signalisierte und die Musik schon einsetzte, Udo Lindenberg nuschelte einfach weiter.

Er fühle sich noch so jung, dass man eigentlich von "Bambino" sprechen müsste, erklärte der Sänger den 860 Gästen im Saal. Und dankte seinen Eltern, die einst immer vom Bambi geschwärmt hätten. "1948 ging's los, Hubert!", sprach Lindenberg den Verleger direkt an. Seine alte West-Ost-Mission, die sechs Jahre vor dem Ende der DDR zum Hit Sonderzug nach Pankow geführt hatte, hatte der Künstler offensichtlich auch noch nicht vergessen und riet zum "Vergnügen auf Rügen" und zu "Schmusedom". Vielleicht hatte es ihm auch die Laudatio der Schauspielerin und Sängerin Anna Loos angetan, die ihm ein Ständchen gesungen hatte.

Der Alt-Anarcho und der Integrations-Bambi

Udo Lindenberg also war in Feierlaune und promotete sein neues Musical am Potsdamer Platz, dem er jeden Abend beiwohnen wolle. Eigentlich fehlte nur noch, dass auch er sang. Seine Alt-Anarcho-Botschaft von der "bunten Republik Deutschland" drang insofern durch, als ein paar Viertelstunden später der mit einem "Integrations-Bambi" bedachte Fußballer Mesut Özil genau das lobte und als Ziel beschrieb: eine "bunte Republik Deutschland".

Der andere auffällige BRD-Alt-Star bei dieser Bambi-Tiershow war Hans-Dietrich Genscher, der Weltreisende der deutschen Außenpolitik, der maßgeblich die Wiedervereinigung gefördert hatte. Mit Emphase beschwor der FDP-Politiker die entscheidenden Tage im Herbst 1989, als überall in osteuropäischen Hauptstädten Menschen die Veränderung spürten und Europa näher zusammen gewesen sei als je zuvor. Einspielfilme erinnerten an Genschers befreiende Worte zu den ausreisewilligen DDR-Bürgern in der Prager Botschaft.

Im Vergleich zu Genscher, der einen Millenniums-Bambi bekam, wirkte der amtierende Außenminister an diesem Abend wie ein Schulbub. Guido Westerwelle hatte, blass und steif, sein Vorbild gepriesen. Sein Lohn war, dass der Geehrte zweimal "Herrn Westerwelle" zitierte.

Jubel mit Schimpansen-Lauten

Der Verzicht auf einen festen Moderator an diesem "Bambi"-Abend verschlankte den Ablauf und ersparte banale Witzeleien wie jene, an denen sich im Vorjahr Katarina Witt und Tom Bartels sowie davor Harald Schmidt versucht hatten. So traten die Laudatoren einfach direkt auf. Und da war natürlich noch Sarah Jessica Parker, die Kolumnistin Carrie Bradshaw aus der Fernsehserie Sex and the City, die in Potsdam als Fashion-Ikone vorgestellt wurde. Nach einem deutschen Auftaktsatz begrüßte sie das Publikum auf Englisch und wurde so ihrer Rolle als Gastgeberin mit Hollywood-Feeling gerecht.

Weil es so schön war und weil sich die Kosten für Gage und Flug auch lohnen sollen, erhielt die Amerikanerin gegen Ende auch noch einen "Überraschungs-Bambi", den Franziska van Almsick überreichte. Das Gerede von der "lovely surprise" war allerdings des Guten zu viel. Sarah Jessica Parker wurde im Übrigen im ersten Teil vom gutaufgelegten Komödianten Michael Mittermeier flankiert. Gelobt wurden die Verdienste der TV-Frau, weil die deutschen Männer all das erforschen wollten, worüber in Sex and the City Carrie und ihre drei Freundinnen bei ihren Sexgesprächen diskutierten.

Mittermeier wusste dann auch zu berichten, warum die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika so weit gekommen war - weil Shakira auf dem Hinflug den Spielern bei Siegen "Waka-Waka" versprochen habe. Die Sängerin präsentierte ihren Hit gewohnt hüftschwungvoll. Der mit dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnete Trainer Joachim Löw verbreitete Charme und ließ später am Abend für Fotos mit Fans seine Bambi-Trophäen nicht mehr los.

Dieser Abend hatte einige starke Momente, zum Beispiel als die Primatenforscherin Jane Goodall ihren Bambi "Unsere Erde" mit Potsdamer Kindern auf der Bühne feierte und Schimpansen-Laute ausstieß. Oder als Karl Lagerfeld die korpulente Beth Ditto lobte, die danach mit ihrer Band Gossip rockte, ein Gläschen Champagner schlürfte und zum Schluss "Tschüssi!" brüllte. Der Schauspieler Michael Mendl würdigte Christoph Schlingensief, der posthum den Bambi in der Kategorie Kultur bekam. Und die blinde Skilangläuferin Verena Bentele wurde von der Sprinterin Verena Sailer auf die Bühne geführt. Beide erhielten den Sport-Bambi.

Das deutlich verjüngte Programm musste einen Ausreißer verkraften, als die Zuschauer nicht etwa die vielfach ausgezeichneten Produktionen Danni Lowinski (Sat 1) oder Der Kriminalist (ZDF) zur Serie des Jahres wählten, sondern Um Himmels Willen mit Janina Hartwig und Fritz Wepper. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass man in der ARD war. Wepper jedenfalls verwies darauf, den ersten Bambi schon 1970 (es war 1969) erhalten zu haben und lobte penetrant Hubert Burda, "unseren Großmeister". Auf solche Ranschmeiß-Touren hatten Gott sei Dank die anderen Prämierten diesmal verzichtet.

Ansonsten machte Schauspieler Orlando Bloom (Bambi Charity) ordentlich Reklame für Unicef, gab Unheilig (Pop National) den Song Geboren um zu leben etwas zu schwülstig, ließ Florian David Fitz (Schauspieler National) den Erfolg von Vincent will Meer noch einmal auferstehen, war Hannah Herzsprung (Schauspielerin National) sympathisch nervös, klangen Hurts (Bambi Shooting Star) wie eine New-Wave-Kapelle der achtziger Jahre, zeigten sich Jana und Sophia Münster (Bambi Talent) noch überwältigt von ihrem Erfolg als Hanni und Nanni und waren schließlich Claus Muchlow, Daniela Lesmeister und Tom Wenzel (Bambi Stille Helden) eindrucksvoll engagierte Bürger der Zivilgesellschaft.

Nach drei Stunden TV-Übertragung verlagerte sich das Geschehen in den Vorraum. Dort gab Peter Maffay mit einer Großgruppe (fünf Gitarren) ein Unplugged-Konzert, das Hits wie Über sieben Brücken aber auch den Golden-Earring-Song Radar Love beinhaltete. Der Sänger fühlte sich von dem Abend so angetan, dass er am Schluss seine muskulösen, tätowierten Oberarme zeigte. Auch Verleger Burda war in der ersten Reihe beim Maffay-Ausklang dabei.

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