Autoshow:Bei "Top Gear" soll es bald wirklich um Autos gehen

Autoshow: Cate Blanchett ist schon Fan: Top-Gear-Moderator Matt LeBlanc (links).

Cate Blanchett ist schon Fan: Top-Gear-Moderator Matt LeBlanc (links).

(Foto: BBC)
  • An diesem Sonntag wird die erste Folge der neuen Staffel der erfolgreichsten Autosendung der Welt Top Gear ausgestrahlt.
  • Moderiert wird die Neuauflage von dem Schauspieler Matt LeBlanc und dem britischen DJ Chris Evans.
  • Sie wollen an den Erfolg der Show anknüpfen, ohne sie zu kopieren - es solle dieses mal wirklich "vor allem um die Autos" gehen, wie sie betonen.

Von Alexander Menden

Die wahre Popularität der Sendung, die er demnächst präsentieren würde, wurde Matt LeBlanc so richtig klar, als Cate Blanchett, immerhin Oscargewinnerin und Weltstar, ihn vergangenes Jahr am Flughafen ansprach: "Stimmt es, dass du demnächst Top Gear moderierst?", fragte Blanchett. "Könntest du nachfragen, ob ich da mal als Gast auftreten darf?"

Matt LeBlanc ist selbst nicht ganz unbekannt. Er spielte zehn Jahre lang die Rolle des etwas doofen, aber netten Joey Tribbiani in Friends, einer der beliebtesten Sitcoms aller Zeiten. Einen Vorgeschmack auf den Trubel, der ihn als Top Gear-Moderator erwartete, hatte er bereits bekommen, als er selbst als Gast in der früheren Version der BBC-Autoshow auftrat. 2012 brach er den Streckenrekord für einen "Prominenten in einem preiswerten Auto". "Bis dahin hatten mich Leute angehalten, weil sie mich aus Friends kannten", sagt LeBlanc, der mittlerweile ein bisschen so klingt und aussieht wie ein jüngerer Sylvester Stallone. "Nach dem Top Gear-Auftritt sprachen mich alle nur noch darauf an, dass ich diesen Rekord gebrochen hatte."

Eigentlich schien die Erfolgsgeschichte Top Gear schon beendet

Der leidenschaftliche Sportwagensammler LeBlanc und sein Mitstreiter, der britische DJ Chris Evans, haben sich in einem Londoner Hotel eingefunden, um über ihre Vorstellung davon zu plaudern, wie die erfolgreichste Autosendung der Welt künftig aussehen wird. Wenn die BBC an diesem Sonntag die erste Folge der neuen Staffel von Top Gear mit den Stargästen Gordon Ramsay und Jesse Eisenberg ausstrahlt, wird das Moderatorenduo LeBlanc und Evans das jüngste Kapitel einer Erfolgsgeschichte schreiben, die eigentlich schon beendet schien.

Vergangenes Jahr feuerte die BBC Jeremy Clarkson, der Top Gear 13 Jahre lang mit den Co-Moderatoren James May und Richard Hammond geprägt hatte. Clarkson hatte schon öfter kurz vor dem Rauswurf gestanden - immer wieder hatten Kritiker Rassismus, Sexismus und allgemeine Flegelhaftigkeit seiner Moderationen angegriffen. Aber unter ihm war Top Gear zum Top-Seller der BBC geworden. Etwa 50 Millionen Euro jährlich brachte der Verkauf der internationalen Rechte. Durchschnittlich 350 Millionen Menschen weltweit schalteten ein, wenn Clarkson, May und Hammond mit Helikoptern um die Wette flogen oder Kabinenroller umkippten.

So erfolgreich war die Show im politisch inkorrekten, testosterongesättigten Kumpelton, dass es schien, Clarkson könne sich alles erlauben. Selbst wenn er ein Auto als "ein bisschen schwul" abfertigte, Rumänien als "Zigeunerland" bezeichnete oder die Argentinier beleidigte, indem er bei einer Tour durch Patagonien ein Nummernschild verwendete, dessen Zahlen auf die Daten des Falklandkriegs anzuspielen schienen - er durfte weiter moderieren.

Auch Evans führt ein Leben voller Allüren und Exzesse

Aber 2015 trieb er es dann doch zu weit und schlug einem Top Gear-Produzenten die Lippe blutig, weil ihm nach den Dreharbeiten kein Steak serviert worden war. Die BBC sah sich - trotz der von mehr als einer Million Fans unterzeichneten Petition zugunsten Clarksons - gezwungen, ihn zu entlassen. Der Online-Riese Amazon witterte eine Chance und verpflichtete das Trio für eine eigene Autoshow. Sie soll vom kommenden Herbst an unter dem Titel The Grand Tour im Streamingdienst von Amazon zur Verfügung stehen.

Das ist das Erbe, das LeBlanc und Chris Evans - der selber auf eine bunte Vergangenheit mit Starallüren und Alkoholexzessen zurückblickt - nun antreten. Beim Gespräch in London sagt Chris Evans, eine rothaarige, bebrillte Plaudertasche aus dem englischen Nordwesten, er verspüre zwar durchaus Erfolgsdruck und sei "sehr fokussiert", aber keinesfalls nervös. Das klingt anders als das, was von der Aufzeichnung der ersten Sendung durchsickerte, vor der er dem Publikum angeblich verriet, er mache sich vor Lampenfieber "in die Hose".

Warum Evans die neue Show an seinem Sohn testete

Wie dem auch sei - um zu prüfen, was bei einer Autoshow funktioniert und was nicht, hat er jedenfalls unter anderem die Sehgewohnheiten seines siebenjährigen Sohns Noah herangezogen: "Kinder reagieren auf Bewegung, auf Action viel stärker als auf Worte", sagt Evans. "Wenn ich meinen Sohn beobachte, wie er alte Top-Gear-Folgen anschaut, dann lässt sein Interesse immer dann nach, wenn viel geredet wird. Das ist so wie bei den Peanuts - redet ein Erwachsener, hört Charlie Brown nur noch ,wähwähwäh'. Am spannendsten findet Noah es, wenn es einen Wettbewerb gibt."

Vielleicht nicht das schlechteste Zielgruppenstudium, denn Top Gear hat ja schon immer nicht nur Kinder, sondern vor allem auch das Kind im Manne (und auch der Frau, fast 50 Prozent der Top-Gear-Zuschauer sind weiblich) angesprochen. Für Matt LeBlanc ist Top Gear zudem eine Reisesendung: "Man kann als Zuschauer zu Hause sitzen und im Laufe einer Sendung fünf Länder auf allen möglichen Kontinenten besuchen. Und es ist eine Sendung, die Fans auf all diesen Kontinenten hat."

Mit dabei ist auch die Deutsche Sabine Schmitz: Sie kann sehr schnell fahren und dabei reden

Dass sie ihre eigenen Formate entwickeln mussten, und nicht einfach nur die Clarkson-Ära nachäffen konnten, war dem neuen Team klar. "Ich war ein Fan der alten Show und fand die Dynamik zwischen diesen drei Typen sehr interessant. Ich werde mir auch ganz sicher ihre neue Show ansehen", sagt Matt LeBlanc. "Aber wir machen nicht den Fehler, zu versuchen, sie zu kopieren." Das beliebte Segment "Star in einem preiswerten Auto", das LeBlanc einst gewann, wird zum Beispiel durch eines ersetzt, in dem Prominente im Rallye-Auto einen Cross-Country-Parcours meistern müssen.

Vieles bleibt natürlich. So wird beispielsweise der "Stig" zurückkehren. Dieser nie seinen Helm abnehmende, stumme Rennfahrer ist zuständig für die gefährlicheren Stunts und schnellsten Rundenzeiten am Drehort, dem Dunsford Aerodrome in Surrey. Übernommen wurde auch die deutsche Rennfahrerin und Sport-1-Moderatorin Sabine Schmitz. Die Rheinländerin hatte schon bei Clarkson mehrere Gastauftritte und stand ganz oben auf der Liste möglicher Co-Moderatoren. "Sabine ist eine hochinteressante, leicht exzentrische Figur und eine so unglaublich gute Fahrerin", sagt Chris Evans. "Es war wichtig, jemanden zu haben, der schnell fahren und gleichzeitig reden kann. Der Stig darf ja nie reden!" Außerdem wurden der ehemalige Formel-1-Teambesitzer Eddie Jordan sowie die Motorjournalisten Rory Reid und Chris Harris ins Team geholt.

In der Neuauflage soll es "vor allem um die Autos" gehen

Worauf Matt LeBlanc bei allem Hype anscheinend nicht vorbereitet war, das war die Dauerbeobachtung durch die britischen Medien während der Dreharbeiten in England. Als etwa der Rennfahrer Ken Block mit LeBlanc als Beifahrer in der Nähe des Kenotaphs, des Kriegerdenkmals in Westminster, einen getunten Ford Mustang sich um die eigene Achse drehen ließ, war die mediale Entrüstung groß. Chris Evans leistete umgehend im Namen des Top Gear-Teams Abbitte und versicherte, niemand habe respektlos gegenüber den Kriegstoten sein wollen.

Beim Interview in London betonen die Moderatoren immer wieder, es gehe "vor allem um die Autos". Das mag eine Strategie sein, vom Personenkult der alten Top Gear-Version wegzukommen. Aber besonders dem Amerikaner LeBlanc nimmt man es ab, wenn er darüber spricht, dass das Auto "zentraler Teil unserer Kultur, unseres Lebens" sei: "Ob Sportwagen oder Minivan: So ziemlich jeder Mensch hat irgendein Verhältnis zum Auto." Das sei das Pfund, mit dem eine Sendung wuchern könne, deren Moderatoren fast jedes Gefährt auf vier Rädern bekommen, das sie sich wünschen: "Wenn man es richtig anstellt", sagt Matt LeBlanc, "hat man mit einer Autosendung das größte Zuschauerpotenzial überhaupt." Jetzt geht es für das neue Top Gear-Team darum, dieses Potenzial auszuschöpfen, und zwar ohne wähwähwäh.

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