Aus für RTL-Erziehungsshow:"Super Nanny" Saalfrank schmeißt hin

Plötzliche Distanz: "Super Nanny" Katharina Saalfrank hat genug von ihrer Coaching-Sendung auf RTL - und kritisiert die Senderverantwortlichen. Eine weitere Staffel des quotenträchtigen Formats werde es nicht geben. Bislang schienen sie die fragwürdigen Beiträge jedoch nicht gestört zu haben.

Hans Hoff

Mitte Oktober schien noch alles zu stimmen zwischen Super Nanny Katharina Saalfrank und RTL, als sie bei der Verleihung des Comedy-Preises wie ein Ehrengast begrüßt wurde. Knappe sechs Wochen später haben sich der Sender und sein Star plötzlich stark auseinandergelebt.

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Erzieherische Inhalte "massiv in den Hintergrund" gedrängt: Katharina Saalfrank hört nach sieben Jahren als "Die Super Nanny" auf.

(Foto: ddp)

Am Wochenende teilte RTL mit, dass die Super Nanny nach sieben Jahren und 145 Folgen eingestellt werde. Schon am 16. November sei die letzte Folge ausgestrahlt worden. Von immer noch respektablen Quoten sprach der zuständige RTL-Bereichsleiter in einer Lobrede auf das Format. Respektabel ist allerdings Fernsehdeutsch und heißt übersetzt in RTL-Sprache: zu wenig.

Gerade mal 17,2 Prozent Marktanteil hatte die letzte Staffel bei den Menschen unter 50 Jahren erreicht. Bei der ersten waren es noch über 24 Prozent gewesen. Das ist viel für andere Kanäle. Bei RTL, wo man den Senderdurchschnitt über 18 Prozent notiert, reicht es nicht. Für das kommende Jahr sollen nur noch acht, statt wie 2011 zwölf Sendungen projektiert gewesen sein. Der Zenit war überschritten.

Höflich lobt Saalfrank nun in der RTL-Pressemitteilung die Zusammenarbeit, formulierte indes einen höchst zweideutigen Satz. "In meiner TV-Arbeit sind mir Authentizität und Nachhaltigkeit wichtig und ich bin dankbar, dass wir mit Die Super Nanny über Jahre hinweg ein erfolgreiches nicht gescriptetes Reality Format etabliert haben, das mit meinen Idealen im Einklang war", ließ sie ausrichten. Man beachte die Vergangenheitsform.

Dass so eine Kleinigkeit wichtig ist, zeigt der Wirbel um eine E-Mail, die schon vor der RTL-Meldung die Runde machte. Die hatte Saalfrank an verschiedene RTL-Mitarbeiter geschickt. In der Mail beschwerte sie sich über Eingriffe in ihre pädagogische Arbeit. Teilweise sei sogar gegen pädagogische Interessen eingegriffen worden. Offenbar sei das der Entwicklung hin zu gescripteter Realität geschuldet.

Augenzwinkern in Richtung Konkurrenz

Die Mail wird von RTL auf Anfrage nicht kommentiert. Ein Sprecher teilt mit: "Die im Raum stehenden Aussagen zur Produktion des Formats mögen populär sein, richtig sind sie deshalb nicht. Es ist schade, dass sich Katia Saalfrank auf den letzten Metern von einem Format versucht zu distanzieren, bei dem sie selbst bis zur allerletzten Sendeminute höhst engagiert und entscheidend mitgewirkt hat."

Was der Zwist zwischen Sender und Pädagogik-Star indes überdeckt, ist die Tatsache, dass die Super Nanny sieben Jahre lang offenbar kein Problem damit hatte, höchst fragwürdige Beiträge zu verbreiten. Die Nanny ließ zu, dass sich Familien vor der Kamera entblößten. Sie ließ zu, wie Kinder gefilmt wurden, die sich nicht wehren konnten. Einmal war sogar zu sehen, wie sie ein Kind, das den Raum, in dem gefilmt wurde, verlassen wollte, fest hielt und zurück vor die Kamera zerrte. Da können Sender und Saalfrank noch so sehr beteuern, dass sie in breiten Bevölkerungsschichten ein Bewusstsein dafür geweckt hätten, sich bei Problemen Beratung zu holen.

Trauriger Höhepunkt war im vorigen Jahr eine überforderte Mutter, die ihr Kind nicht nur heftig mit Worten attackierte, sondern es auch schlug. Der Kameramann griff nicht ein, er filmte munter weiter. Einen Verstoß gegen die Menschenwürde sah die Kommission für Jugendmedienschutz, und in der Folge wurden zwei Zahlungsaufforderungen über jeweils 15.000 Euro an den Sender gesandt.

Will man Saalfrank, die 2009 auch als SPD-Wahlkampfhelferin im medialen Spiel war, künftig sehen, muss man einen ihrer Vorträge ("Die Trotzphase" oder "Gewalt gegen Kinder") buchen oder sich in einem Saal ihr Abendprogramm "Nein, Mama" anschauen. Sie veranschauliche augenzwinkernd, warum Kinder Nein sagen dürfen, kündigt der Veranstalter an. Augenzwinkernd?

Man weiß es ja nie. Vielleicht ist Saalfranks plötzliche Abrechnung, mit der sie sich vom langjährigen RTL-Format distanziert, ja auch eine Art Augenzwinkern - in die Richtung eines anderen Senders.

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