ARD-Krimi:Warum der Klamauk im Weimarer "Tatort" viel gelungener als der aus Münster ist

Tatort: Der treue Roy; Tatort MDR Der treue Roy Tschirner Ulmen

Roy ist einfach nicht zu helfen. Das merken auch Dorn und Lessing.

(Foto: MDR/Anke Neugebauer)

"I am in einer Stunde bei you": Der Weimarer "Tatort" mit dem genialen Duo Tschirner/Ulmen ist völlig durchgeknallt. Und irre unterhaltsam.

Kolumne von Carolin Gasteiger

An sich geht es um ...

menschliche Überreste, die in der Hochofenschlacke eines Stahlwerks gefunden werden. Alles deutet darauf hin, dass der Werksmitarbeiter Roy Weischlitz ermordet wurde.

Aber ...

das ist nur der Aufhänger. Schlussendlich dreht sich der Weimarer Tatort um Geschwisterliebe und Geschwisterhass, vertane Chancen, einen verlorenen Lottoschein und die Zukunft des Kommissarpärchens (Karibik oder Fachwerk?).

Hier lesen Sie die Rezension von SZ-Tatort-Kritikerin Katharina Riehl:

Bezeichnender Dialog:

Roy Weischlitz hat seinen Tod nur vorgetäuscht und will mit seiner Geliebten Irina, einer Prostituierten, die eigentlich Vanessa Fink heißt (wundern Sie sich nicht, es ist in der Tat verwirrend), in ein neues Leben starten. Wie sich die beiden in gebrochenem Englisch unterhalten, zeigt, wie durchgeknallt der ganze Tatort ist:

Irina: Oh Roy, I so happy. You're good?

Roy: I killed a man. But I love you. Sät is good.

Irina: Frank (Irinas Zuhälter Frank Voigt; Anm. d. Red.) is away. But we move.

Roy: Okä. Go to Flughafen Umpferstedt. It's for Flugzeuge. Ja? Ein Acker mit Windsack. I am in einer Stunde bei you.

Die besten Zuschauerkommentare:

Top:

Nora Tschirner und Christian Ulmen sind als Ermittlerpärchen genial. Als Dorn und Lessing machen die beiden ungekünstelt Witze ("Rate mal, wie der Freund heißt, der sein Bein verloren hat?" "Ahab?"), sind dann ein bisschen romantisch und vor allem immer extrem schlagfertig.

Flop:

Welcher Flop? Ein Flop wäre es höchstens, wenn Dorn und Lessing Weimar - und damit den Tatort - tatsächlich verlassen, wie sie in einer Szene andeuten.

Bescheuertste Szene:

Kira Dorn stellt im Beautysalon Erkundungen an und kommt zwischen Gesichtsmaske und Beinwaxing tatsächlich an interessante Infos - aber auch an ein grauenhaftes neues Styling. In Slow Motion verlässt sie hoffnungslos überschminkt den Laden und läuft auf Lessing zu. Dorn wirft den Kopf und das um hässliche Extensions erweiterte Haar in den Nacken, die Jacke lässig über die Schulter. Wäre man bei Böhmermann, würde man sagen, die Meta-Meta-Antwort auf Germany's Next Topmodel - für den biederen Lessing aber kaum zu verkraften. "Das einfach Schöne soll der Kenner schätzen, Verziertes aber spricht der Menge zu." Was anderes als Goethe kann man auf diesen Auftritt auch nicht antworten.

Bester Auftritt:

Was für Geschwister! Florian Lukas gibt den verliebten, lebensmüden Trottel, Fritzi Haberlandt die von Leben und Liebe enttäuschte Intrigantin. In ihrer Verschrobenheit passen sie perfekt zu Dorn und Lessing.

Die Erkenntnis:

"Der treue Roy" ist kein Tatort, sondern Klamauk. Aber viel gelungener als in Münster.

Schlusspointe:

Der arme Roy kann einem leidtun, er überlebt aber auch jeden Suizidversuch. Als er sich in der Schlussszene vom Balkon des Krankenhauses stürzt und im Blumenbeet landet, fragt er irritiert: "Bin ich jetzt endlich tot?" Roy ist aber auch nicht zu helfen.

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