ARD-Krimi aus Saarbrücken:Aus einer guten Absicht wird ein schwacher "Tatort"

Tatort; Tatort Saarbrücken Totenstille

Kommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) spielt gehörlos.

(Foto: SR/Manuela Meyer)

Der Fall ist zwar interessanter als je zuvor in Kommissar Stellbrinks Saarbrücken - trotzdem schauen sich am Ende alle ratlos an.

TV-Kritik von Holger Gertz

Gleich am Anfang hat ein Paar Knebel-Sex, die Frau überlebt das leider nicht, der Mann sitzt danach komplett fertig im Auto und erzählt jemandem am Telefon von der schwierigen Gesamtsituation. Jetzt die schöne Idee: Ein Gehörloser liest dem Mann alles von den Lippen ab und erpresst ihn dann, per SMS. Ein Tatort über verschiedene Arten des Sich-Verstehens. Die Gehörlosen werden von tatsächlich Gehörlosen gespielt, ihnen fallen schöne Wahrheiten ein: "Ohren werden doch eh überbewertet." Und das alles ist von der Idee her interessanter als jeder Handlungs-Ast der bislang komplett entbehrlichen Saarland-Episoden mit Devid Striesow als Kommissar Stellbrink.

Dass aus der guten Absicht ein schwacher Tatort wird, liegt auch an der nervigen Bubenhaftigkeit von Stellbrink. Der verhört einen Menschen und bezieht den flauschigen Hund in das Verhör mit ein. "Na, und du - hast du auch ein Alibi?" Stellbrink ist der gute Mensch, der sich mit dem Schutzhelm vom Crazy Frog gegen den Lärm der Welt abschirmt. Und obwohl der Drolligkeitsfaktor seiner Figur ein bisschen runtergedimmt worden ist, wirkt vieles, was er an sich hat, nicht originell, sondern sehr, sehr albern. Wie er grinst und winkt und tanzt.

Die Welt steht in Flammen wie Stellbrinks großes Herz

Und die Nebenrollen im Ermittlerteam sind vom Zuschnitt her eher so Notruf Hafenkante. Der Spusimann tritt - ha ha! - in einen Hundehaufen, dafür wird die schockgefrostete Assistentin Lisa Marx (Elisabeth Brück) nur noch dosiert eingesetzt, und die Staatsanwältin Dubois (Sandra Steinbach) erfreut Ohren und Augen erst nach knapp einer Stunde. Von der Besetzung her war das SR-Projekt mit dem unterforderten Striesow und seinen überforderten Mitspielerinnen von Anfang an schief eingehängt, und man merkt, wie kompliziert es ist, da nachzujustieren.

Was diesen Tatort von Zoltan Spirandelli und Autor Peter Probst dann zunehmend zäh macht, ist einerseits die spezielle Kommunikation. Eine Dolmetscherin wird in den Gesprächen zwischengeschaltet, das bremst natürlich, und gerade bei dieser Konstellation braucht man eine umso klarere Geschichte. Diese hier aber franst aus, es geht schließlich um Afghanistan und Syrien und die Ukraine, die Welt steht in Flammen wie Stellbrinks großes Herz. Ein Tatort also über verschiedene Arten des Sich-Verstehens. Und am Ende schauen sich alle ratlos an.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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