ARD-Film "Sechzehneichen":Patriarchales Paradies

Heike Makatsch in "Sechzehneichen"

Verwundert über die Gefügigkeit der anderen Ehefrauen: Heike Makatsch als Laura Eichhorn.

(Foto: HR/Philipp Haberlandt)

Was ist bloß mit den Frauen in der hessischen Kommune "Sechzehneichen" los? In totaler Unterwürfigkeit wissen sie zu gehorchen und werden schließlich zum Männeralbtraum. Der Film, der heute Abend in der ARD läuft, ist sehr nah an einem US-Vorbild - zeigt aber auch ein bisschen Eigenes. Und Heike Makatsch.

Katharina Riehl

Man kann die Geschichte des amerikanischen Romanautors Ira Marvin Levin natürlich als Parabel auf den konservativen amerikanischen Vorort der 70er Jahre lesen - sie funktioniert aber auch als Männertraum ganz gut.

Ira Marvin Levin schrieb 1972 den Roman Die Frauen von Stepford, zweimal schon wurde er in den USA verfilmt, und die Geschichte geht so: Ein junges erfolgreiches Paar zieht aus der Großstadt New York nach Connecticut, aufs Land, in den kleinen Ort Stepford. Während sich der Ehemann schnell mit all den anderen dynamischen Herren dort anfreundet, ist seine Frau erstaunt über die totale Unterwürfigkeit, mit der die anderen Gattinnen ihren Ernährern begegnen. "Die Frauen von Stepford - die schönste Erfindung für Männer seit der Fernbedienung" hieß es im Trailer der Verfilmung vom 2004.

Für die ARD hat nun der Regisseur und Drehbuchautor Hendrik Handloegten das patriarchale Paradies in Hessen verortet, in einer sogenannten "Gated Community" mit dem poetischen Namen Sechzehneichen. Laura (Heike Makatsch) und Nils (Mark Waschke) wollen samt gelocktem Töchterchen raus aus Frankfurt, wo die Luft so schlecht ist und der Mitmensch so selbstbezogen, und kaufen sich ein biologisch einwandfreies Haus im Grünen. Die Zufahrt ist Tag und Nacht bewacht, wer rein will, muss sich vorher anmelden. Die kleine Fanny soll es hier hübsch und sicher haben.

Gruppensex mit den Herren des Dorfes

Schon am ersten gemeinsamen Abend mit den anderen Bewohnern des Wald- und Wiesentraums wird aber deutlich, dass - wie in Stepford - mit den Frauen hier etwas nicht stimmt. Sie sehen zwar alle aus, wie frisch mit dem Airbrush besprüht, müssen der guten Laune aber mit ein paar weißen Kügelchen des ortsansässigen Doktors nachhelfen. Die Männer dagegen trinken Alkohol aus schweren Gläsern - und als Nils nach jener ersten Party auf Empfehlung nachts noch den Fernseher anschaltet, sieht er die sandgestrahlte Nachbarin Marlene (Lavina Wilson) beim Gruppensex mit den Herren des Dorfes. Und bald weiß er auch: Um da mitmachen zu dürfen, müsste er erst seine eigene Frau ein bisschen gefügig machen.

Sechzehneichen ist in vielerlei Hinsicht so nah dran am amerikanischen Vorbild, dass man den Film fast als inoffizielles Remake verstehen möchte. Ein bisschen Modernes, Eigenes erzählt die deutsche TV-Interpretation aber doch: Von der Suche nach totaler Sicherheit etwa, in der es zur gesellschaftlichen Großkrise und zu Bewohner-Vollversammlungen kommt, weil ein kleiner Junge außerhalb des eingezäunten Gebiets für ein paar Stunden mit einem Nachbarskind spielt. Oder von Frauen Mitte 30, die ihre eigene Karriere beenden, und sich als Hausfrau und Mutter finanziell von ihrem erfolgreicheren Ehemann so abhängig machen, dass sie irgendwann selber nicht mehr wissen, was sie eigentlich mal vom Leben wollten.

Hendrik Handloegten erzählt von seiner schönen Männerwelt als Thriller, in dem die Bedrohung aus den Nachbarhäusern so nach und nach auch in das schöne Wohnzimmer von Laura und Nils herüberkommt. Nicht ganz erschließt sich dabei, warum sich der gerade eben noch um seine Frau besorgte Ehemann so leicht von seinen neuen Männerfreunden blenden lässt. Überhaupt blieben die Figuren des Films bis zum Schluss sehr im Ungefähren.

Man verrät nichts über das Ende von Sechzehneichen, wenn man an die Auflösung bei den Frauen von Stepford erinnert. Dort stellt sich irgendwann heraus, dass alle Damen im Ort in Wirklichkeit Roboter sind. Die echten Gemahlinnen wurden gegen die leichter steuerbare Automatenversion ausgetauscht - wobei die beiden US-Filme sehr unterschiedliche Wege finden, die Geschichte dann zu Ende zu erzählen. In der Version von 2004 gewinnen - im krassen Gegensatz zum Original - am Ende die Frauen. Die Männer müssen putzen. Die deutsche Version jedenfalls kommt Ira Marvin Levins Männeralbtraum ein bisschen näher.

Sechzehneichen, ARD, 20.15 Uhr.

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