ARD-Film "Der Uranberg":Deutsche Geschichte, von Giftstaub kontaminiert

Plätschernd im Staublicht: Ein ARD-Film erzählt, wie die Sowjets während des Kalten Krieges im Erzgebirge nach Uran suchten. Obwohl hervorragend besetzt, verschwimmen die Szenen immer wieder zu Klischees. Und es kommt, wie es kommen muss.

Christiane Kohl

Es ist grau und staubig in der Bergwerksstadt. Ratternde alte Fahrzeuge wirbeln den Staub wie Sand durch die Luft. Die feinen grauen Körnchen kleben auf den Gesichtern der Bergleute, tauchen das Büro des sowjetischen Kommandeurs in ein graues Licht und auch die Spitzendeckchen im deutschnationalen Wohnzimmer des Obersteigers sind gelblichweiß verfärbt.

Der Uranberg ARD

Irgendwo muss das Uran zu finden sein: Henry Hübchen als Oberleutnant Burski im Schachtleiterbüro.

(Foto: WDR/Steffen Junghans)

Alles scheint vom Staub kontaminiert. Vom Uranstaub. Die Sowjets wollen das radioaktive Erz um jeden Preis aus dem Berg holen. Man schreibt das Jahr 1947, der Kalte Krieg hat begonnen und ausgerechnet in diesem entlegenen Winkel des Erzgebirges liegt der Stoff, aus dem die erste sowjetische Atombombe gebaut werden soll, im Erdreich vergraben. Nur wo?

Der Film Uranberg erzählt ein Stück Zeitgeschichte, eingebettet in ein Melodram von Liebe und widerstreitenden Interessen, von aufrechten Überzeugungen und innerer Gebrochenheit.

Da sind der stets seine Papirossi qualmende russische Kommandant Oberst Burski (Henri Hübchen) mit seiner blondnaiven Tochter Lydia (Nadja Bobyleva), die als Spitzel durch die Stollen streift; der junge Kriegsheimkehrer Kurt Meinel, der im Gefangenenlager zum Kommunisten umerzogen wurde, und sein noch immer dem Nationalsozialismus anhängenden wiederborstiger Vater Gottlieb.

Zwei Figurenpaare, die sich zwangsläufig ineinander verwickeln müssen: So verliebt sich Meinel Junior, der Bergbau zu studieren beginnt, in die Tochter des russischen Kommandanten. Unterdessen setzt der Sowjet-Oberst den Nazi-Bergmann Gottlieb Meinel unter Druck, das Uran zu finden. Denn der Obersteiger kennt sich aus in den unterirdischen Stollen wie kein anderer.

Die Bergleute wurden gut bezahlt - auch mit Schnaps und Mädchen

Der Film spielt in dem Erzgebirgsstädtchen Johanngeorgenstadt bei Aue, wo die Sowjets tatsächlich nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Uranbergbau begonnen hatten. Alles war streng geheim, doch die Bergleute wurden gut bezahlt - nicht nur mit Geld, sondern auch mit Schnaps und hübschen Mädchen. Die Pionierzeit der "Wismut", wie der Tarnname des gigantischen Uranförderprogramms lautete, wurde in der Dokumentation Wildwest bei der Wismut? geschildert, die am späten Montagabend im Ersten lief.

Es ging nicht nur um die fruchtbaren Landschaftszerstörungen wie auch die Gesundheitsschädigungen, die durch den rücksichtslosen Uranabbau hervorgerufen wurden. Es ging auch um die Menschen, ihr Lebensgefühl als privilegierte DDR-Arbeiter und die Zwiespältigkeit, welche die Sonderbehandlung mit sich brachte.

Fließende Übergänge zum Kitsch

Darauf konzentriert sich nun der Spielfilm, der auf einer unveröffentlichten Erzählung von Thomas Schulz basiert. Gedreht wurde in einem tschechischen Kohlebergwerk - des authentischen Staubes wegen. Wie durch ein Spinnennetz aus Staubfäden verfolgt die Kamera die handelnden Figuren, sanft plätschern die Bilder im Staublicht daher, so sanft, dass die Übergänge zum Kitsch manchmal fließend sind.

Aber auch die Szenen verschwimmen immer wieder im Klischee. Manche Dialoge sind allzu holzig und banal. Etwa, wenn Kriegsheimkehrer Meinel seiner Mutter beim ersten Wiedersehen von dem Gefangenenlager berichtet: "Es war kein Zuckerschlecken." Oder wenn der Russen-Oberst, dessen Tochter im Schacht gefangen ist, erklärt: "Ich bin Burski und nicht der liebe Gott."

Im Eiltempo spult Regisseur Dror Zahavi die Story herunter, da bleibt nicht viel Zeit, die Figuren genauer zu konturieren. Dabei sind diese in ihrer inneren Widersprüchlichkeit nicht nur hervorragend angelegt, sondern auch schauspielerisch bestens besetzt. Hübchen, der qualmende Russen-Oberst, gibt den älteren Brummbären, der zugleich ein eiskalter Kommandant ist und selbst seine Tochter der Sache opfern würde.

Als sie im überfluteten Schacht umzukommen droht, folgt er den Anweisungen des Sowjetischen Sicherheitsdienstes und lässt den Uran-Stollen nicht sprengen - das Erz ist schließlich kostbar. Vinzenz Kiefer ist der jugendliche Kommunist Kurt Meinel, der ins Uranbergwerk hinabfährt, um die Welt zu verbessern - und sich nebenbei von der Tochter des russischen Kommandanten verführen lässt.

Das Leben ist ungerecht, das Happy-End bleibt aus

Grandios ist vor allem Christian Redl, der als NS-Kommisskopf Gottlieb Meinel mit sich und der Familie hadert. Als Obersteiger hat er jetzt zwar den Kommunisten Altmann (Oliver Stikowski) zum Chef, doch Meinel weiß wie kein anderer um die Tücken des Berges, und er ahnt die Gefahr. Auf den alten Bergwerkskarten ist ein unterirdischer Teich eingezeichnet, der - so fürchtet Meinel - durch die Uran-Stollen angebohrt werden könnte.

Es kommt dann natürlich alles, wie es kommen muss. Das Wasser bricht ein in den Stollen und Meinel, der Kommunist Altmann und die Kommandantentochter Lydia sind unter Tage im Wasser eingeschlossen. Oberst Burski lehnt es trotzdem ab, den Stollen zu sprengen, ein anderer muss darum für Rettung sorgen. Das Leben aber ist ungerecht, und so bleibt das Happy-End doch aus. Am Ende dann ertönen russische Lieder und alles rund herum versinkt im Staub.

Der Uranberg, ARD, 20:15 Uhr.

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