Erste US-Serie im deutschen Fernsehen:Rin Tin Tin - der erste Hundestar im deutschen Fernsehen

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In 26 Spielfilmen wirkte Rin Tin Tin mit - die Figur hat diverse tierische Darsteller überlebt. (Foto: Corbis)

Seidiges Fell und ein untrügliches Gespür für Gefahr: Vor 60 Jahren bellte sich erstmals ein US-Held auf vier Pfoten in die Herzen der deutschen Fernsehzuschauer.

Von Bernd Graff

Man muss sich die Geschichte amerikanischer Fernsehserien, die seit ziemlich genau 60 Jahren ins deutsche Fernsehen drängen, beziehungsweise: die Geschichte all der Serien, die das deutsche Publikum inzwischen vom Fernsehen abhalten, weil sie die US-Serien im Internet streamen - man muss sich diese Geschichte also vorstellen als eine, die einst auf flinken Hunde-Pfoten daherkam. Sie begann damit, dass Schäferhunde - schottische wie deutsche - ihren Besitzern (aufgeweckten Vorteenagern), irgendetwas sagen wollten.

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Süß und klug und hübsch zurechtgemacht

Die Hunde waren blitzgescheite Begleiter, beste Freunde und Beschützer ihrer jungen Herrchen, sie hüteten und bewachten sie, kümmerten sich, trugen, zerrten und organisierten, begleiteten wortlos, aber ausgestattet mit besten Instinkten und dem untrüglichen Gespür für Gefahr für das gefährdete Kinderleben im Mittleren wie Wilden Westen.

Ja, die Hunde mit den drollig und drapiert heraushängenden Zungen holten Hilfe und bellten sich dabei die Kehlen wund, denn sie wollten hinweisen, wollten sprechen - und konnten es doch nicht. Dennoch überwanden sie alle Hindernisse, schlau wie sie waren, jede dräuende Gefahr brachte ihr seidig glänzendes (und gekämmtes) Fell nur noch mehr zum Glänzen.

Wenn es also eine Zeit gab im Fernsehen, in der das Heile auch wirklich restlos heil war (trotz der Gefährdungen für kleine Jungen), dann war es diese geföhnte, fellwarm hechelnde Hundefreunde-Zeit.

Umso erstaunlicher ist darum also, dass die erste Folge dieses anthropomorphen Rührseligkeitsquatsches um Jungen und junge Hunde, die das deutsche Fernsehen übernommen hatte, am 16. Februar 1956 erst um 21.25 Uhr ausgestrahlt wurde: Die Serie hieß Rin Tin Tin.

Der Hund ist tot, lang lebe der Hund

In den USA war dieser Rin Tin Tin, kurz: Rinty, da schon lange ein Star. Sagen wir so: Er war eine bestens eingeführte Marke, unter der verschiedene Hundeprotagonisten firmierten. Denn der Ruhm der Töle überdauerte das Lebensalter ihrer tierischen Verkörperungen. Rin Tin Tin, ein Deutscher Schäferhund mit diesem Namen, hatte in den Zwanzigerjahren schon in 26 Spielfilmen im Kino gewirkt.

Ein G.I. hatte ihn aus dem Ersten Weltkrieg aus Lothringen mitgebracht, kein Geringerer als der Hollywood-Produzent Darryl F. Zanuck hatte Talent und Potenzial in ihm erkennen können.

Es wurde professionell gedreht, der Hund wurde sogar gedoubelt, es gab Comics und Bücher, das Tier verdiente ein Vermögen und brachte es sogar zu einer eigenen Radioshow - was für die Radiohörer aber immer nur so klang, als wolle er ihnen irgendetwas sagen.

Dann stand 1954 das Fort Apache im Südwesten leer, in dem John Ford 1948 den Western Bis zum letzten Mann mit John Wayne gedreht hatte. Hier ging man in Serie: Als Low-Budget-Produktion, erst nur in Schwarz-Weiß, wurden die Geschichten des kleinen Rusty erzählt, der 1888 seine Eltern bei einem Indianerangriff verloren, den Hund aber behalten hatte. In dem Fort wird er von Vertretern der US-Kavallerie großgezogen - und natürlich vom Hund. Die Serie war so low budgetiert, dass die Stammbesetzung von zwölf Darstellern alle Rollen übernehmen musste, auch die der Indianer. Nicht überliefert ist, ob sie auch den Hund doubeln musste.

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Dem Hund hinterher! Und immer auf Indianer achten!

Rusty, der menschliche Hauptdarsteller, ein gewisser Lee Aaker, war beim Casting für die gleichzeitig anlaufende Lassie-Serie, das war die mit dem Collie, einem Blondschopf unterlegen gewesen, der die Wangengrübchen in die TV-Welt einführte. Als Rusty funktionierte Aaker aber mit seinem Schäferhund ganz ausgezeichnet - bis 1959. Dann waren Hunde sowie Jungenhaftigkeit für das amerikanische Fernsehen bereits versendet. Lee Aaker wurde Schreiner. Kein Scherz.

In Deutschland hatte man einen längeren Atem, dehnte auch die Laufzeit der Serie aus. Ganze 20 Folgen schaffte man von der Erstausstrahlung bis 1964.

Die unterkomplexe Familienfreundlichkeit dieser ersten Hundestaffel hat mit dem, was die Menschen heutzutage fernsehen, nur noch den Seriencharakter gemein. Das Narrationsprinzip dieser Formate war: dem Hund hinterher! Und immer auf Indianer achten! Bei Rin Tin Tin entwickelte sich nichts, gab es keine düsteren Seiten oder absonderlichen Gelüste. Es mag sein, dass der Hund welche hatte. Aber er konnte es ja nicht sagen.

© SZ vom 16.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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